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Denkmalschutz

Was ist erhaltenswert?

Unter welchen Voraussetzungen wird ein Gebäude als Baudenkmal eingestuft und welche Folgen hat dies für Bauvorhaben? Von Herbert Kohler

Baudenkmäler sind bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit: So lautet die Definition in Artikel 1 des Bayerischen Baudenkmalschutzgesetzes (DSchG). Eingeschlossen sind auch Ausstattungsstücke oder Gartenanlagen, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.

Zu den Baudenkmälern kann auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören – selbst dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die genannten Voraussetzungen erfüllt, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltenswürdig ist.

Nach Artikel 2 DSchG sollen alle Baudenkmäler in ein Verzeichnis (Denkmalliste) aufgenommen werden. Die Eintragung, die ein Gebäude jedoch noch nicht zum Baudenkmal macht, nimmt das Landesamt für Denkmalpflege vor. Von einem Baudenkmal spricht man dann, wenn die hierfür im Gesetz geregelten Voraussetzungen erfüllt sind. Demnach muss ein Baudenkmal aus einer abgeschlossenen Epoche stammen, die nicht mehr andauert. Beispielsweise gelten die Bauhaus-Zeit, der Kolossalstil des Dritten Reiches und die Wiederaufbauzeit der 50er Jahre in diesem Sinne als abgeschlossen. Auch wenn ein Gebäude in verschiedenen Epochen verändert wurde, kann es ein Denkmal sein. Es kann jedoch vorkommen, dass die historische Substanz durch diese Veränderungen so weit zerstört wurde, dass der verbleibende Rest nicht mehr denkmalwürdig ist.

Die Erhaltung des Baudenkmales muss im Interesse der Allgemeinheit liegen, private Liebhaberinteressen genügen nicht. Der Gesichtspunkt der Seltenheit und der Grad der Bedeutung des Gebäudes spielen eine gewichtige Rolle, nicht dagegen der Erhaltungszustand. Letztlich entscheiden die Verwaltungsgerichte, die sich dabei in aller Regel auf sachverständige Stellungnahmen des Landesamtes für Denkmalpflege, aber auch auf Gutachten anderer Sachverständiger stützen.

Denkmalschutzrechtliche Erlaubnis

Wer Baudenkmäler oder Ausstattungsstücke beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen will, braucht dazu eine Erlaubnis (Artikel 6 Absatz 1 DSchG). Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen.

Wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, bedarf der Erlaubnis, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines Baudenkmals auswirken kann. Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbildes oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmales führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen.

Wer ein Ensemble verändern will, benötigt die Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann.

Veränderungen von Baudenkmälern sind also nicht grundsätzlich verboten, sie müssen aber vorher genehmigt werden. Ob und mit welchem Inhalt die Erlaubnis erteilt wird, steht im Ermessen der Behörde. Sie muss den Sachverhalt, insbesondere die Denkmaleigenschaft und die Auswirkungen der beabsichtigten Veränderung auf das Baudenkmal ermitteln und bewerten. Wenn ein Baudenkmal aus tatsächlichen Gründen in naher Zukunft unabwendbar dem Verfall anheim gegeben ist, besteht in der Regel ein Anspruch auf eine Abbruchgenehmigung. Gleiches gilt, wenn bei einer erforderlichen Baumaßnahme mangels genügend verbleibender Substanz eine bloße Rekonstruktion entstünde. Und schließlich ist auch relevant, ob für ein Gebäude überhaupt eine geeignete und annehmbare Nutzung in Betracht kommt.

Ist für ein Vorhaben nach der Bayerischen Bauordnung (BayBO) ohnehin eine Baugenehmigung erforderlich, entfällt eine gesonderte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis. Über sie wird dann mit der Baugenehmigung entschieden. Ist dagegen das Vorhaben nach der BayBO nicht genehmigungspflichtig, kann eine gesonderte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich sein. Dies kann bei Instandsetzungsarbeiten und bei den in Artikel 57 BayBO aufgeführten verfahrensfreien Bauvorhaben der Fall sein. Bei immerhin 77 verschiedenen Vorhaben sowie bei der Beseitigung von Gebäuden mit einer Höhe von bis zu sieben Metern und einer Nutzfläche bis zu 400 Quadratmetern ist deshalb keine Baugenehmigung notwendig, jedoch kann eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich sein.

Denkmalschutz und Bauleitplanung

Wird ein Bebauungsplan aufgestellt, müssen die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege berücksichtigt werden. So sieht es Paragraf 1 Absatz 6 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) vor. Denkmalschutz und Bauleitplanung haben jedoch unterschiedliche Aufgaben und Ziele.

Der Denkmalschutz hat die Erhaltung baulicher Anlagen aus denkmalschutzrechtlichen Gründen im Auge, er will geschichtlich, insbesondere kunst- und architekturgeschichtliche Epochen und städtebauliche Entwicklungen, aber auch allgemein- oder sozialgeschichtliche Ereignisse und Zeitabschnitte dokumentieren.

Die Bauleitplanung nimmt hingegen die zu erhaltenden Baudenkmäler in ihrer Beziehung zur aktuellen Stadtstruktur und ihrer stadträumlichen Funktion für das gegenwärtige und künftige Zusammenleben der Menschen in den Blick. Die Bauleitplanung hat primär einen räumlich-funktionalen Steuerungsansatz. Sie weist bestimmten Gebieten eine zeitgerechte Nutzung zu und ist auf die Erfordernisse der städtebaulichen Gestaltung ausgerichtet. Allein die Erhaltung eines Baudenkmals um der Erhaltung Willen ist deshalb nicht Aufgabe der Bauleitplanung.

Die planende Gemeinde muss in einem Bauleitplanverfahren die Belange des Denkmalschutzes ebenso behandeln wie andere Belange, etwa die des Umweltschutzes oder der Wirtschaft. Der Denkmalschutz hat dabei keinen absoluten Vorrang, er führt jedoch zu einer Gewichtungsvorgabe.

Den Stellenwert des Baudenkmals ermittelt die Gemeinde im Bauleitplanverfahren, indem sie die Denkmalschutzbehörden einschaltet. Sie muss abwägen, ob und in welchem Umfang das Baudenkmal zu er-halten ist bzw. ob und in welchem Umfang eine neue Bebauung möglich sein soll. Diese Entscheidung lässt sich erst unter Abwägung aller städtebaulich relevanten Belange treffen.

Grundsätzlich kann im Bebauungsplan sogar der Abbruch eines Baudenkmals und eine Neubebauung vorgesehen werden, wenn städtebauliche Gründe dafür sprechen. Allerdings müssen diese Gründe hinreichend gewichtig sein. Beispielsweise hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 einen Bebauungsplan wegen fehlerhafter Abwägung für nichtig erklärt, der das denkmalgeschützte „Gut Kaltenbrunn“ als Hotelanlage festgesetzt hatte. Bei der Errichtung eines „Fünf-Sterne-Hotels“ wäre der denkmalgeschützte Gebäudebestand teilweise abgerissen worden. In seiner Entscheidung rügte das Gericht, dass dem Denkmalschutz nicht das nötige Gewicht beigemessen worden war.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2010, Seite 44

 
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