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Design

Funktion und Form

Die Gestaltung von Produkten muss sich an den Bedürfnissen aller Gesellschafts- und Altersgruppen orientieren. Wie gelingt ein solches „Universal Design“?

Gutes Design hat nur zum Teil etwas mit Luxus und Lifestyle zu tun“, ist sich Dr. Silke Claus, Geschäftsführerin von bayern design in Nürnberg, sicher. Produkte und Dienstleistungen müssten vor allem gesellschaftliche Anforderungen erfüllen. Was dieses sogenannte „Universal Design“ ausmacht, war Thema des „Unternehmerforums Design“, das von der bayern design GmbH in Nürnberg und von der IHK gemeinsam veranstaltet wurde. „Design for all“, inklusives oder barrierefreies Design – auch dies sind in der Fachwelt bekannte Begriffe für eine Produktgestaltung, mit der auch ältere oder behinderte Menschen zurechtkommen. Einige alltägliche Beispiele veranschaulichen diesen Anspruch: Eine Käseverpackung, die sich auch mit rheumatischen Fingern öffnen lässt. Ein Schraubverschluss für Flaschen, der kinderleicht geöffnet werden kann. Eine Tastatur oder ein Handy mit klaren Funktionen und großen Tasten.

Universal Design hat weniger mit stylischen Formen und Farben beim Produktdesign zu tun, sondern mit einem Design, das funktionell ist. „Es geht darum, niemanden durch Design auszuschließen“, ergänzte IHK-Chefvolkswirt Dr. Udo Raab. Schon wegen der alternden Bevölkerung sei dieser Ansatz von Bedeutung. Wenn im Jahr 2025 ein Drittel der deutschen Bevölkerung über 60 Jahre alt sein wird, muss das auch Einfluss haben auf die Produkte und Dienstleistungen, die gekauft und nachgefragt werden. Die Nutzung des Wohnraums wird sich genauso ändern wie die Anforderungen an den Verkehr und die Angebote an Kindergärten und Altenheime.

„Wir haben keine Alternative: Wir altern“, meinte der Münchner Produktgestalter Stefan Brodbeck. Er warnte aber zugleich davor, im Kopf an eine vergreiste Gesellschaft zu denken. Es gebe eine „Vielfalt an älteren Generationen“. Brodbeck kennt 75-Jährige, die aktiver und fitter als manch 40-Jähriger sind. Andererseits verändern sich Sehkraft, Gehör und Geschmack. „Damit müssen sich Produktentwickler auseinandersetzen.“

Brodbeck plädiert für „Trans-Generationen Produkte“, die unabhängig vom Alter genutzt werden können. „Individualisierung“ von Produkten sei ein wichtiges Thema. Der Münchner Designer denkt dabei etwa an das iPhone, das mit unterschiedlichsten Apps Auswertungen für ehrgeizige Jogger, Börsenkurse, Anleitungen für Homöopathie oder Yoga und Unzähliges mehr biete. Aber auch Komfort und Bequemlichkeit seien wichtige Trends im Design.

Trans-Generationen-Produkte zeichnen sich auch dadurch aus, dass ihr Gebrauch selbsterklärend ist und sie intuitiv genutzt werden können. Warum ist es für Ältere oder Städtetouristen so schwer, einen Fahrkartenautomaten richtig zu bedienen? „Das ist kein Fehler der Anwender, sondern ein Problem der Produkte“, sagte Brodbeck. Denn in Japan könne man sich im U-Bahn-System leicht zurechtfinden. Es gebe also Riesenchancen für Unternehmen, die mit Produkten im Universal Design punkten können.

Das Potenzial ist da, die Einsicht auch, aber die Produkte fehlen. Das weiß Andrea Ferger-Heiter, die Demografiebeauftragte aus der Kölner Zentrale von Galeria Kaufhof. Sie lässt sämtliche Beschilderungen und Preisauszeichnungen in allen 138 Filialen ersetzen, die etwa zu klein geschrieben oder durch ihre Farbgestaltung schlecht zu lesen sind. Obwohl sie bereits viele kleine Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, ist sie unzufrieden: „Bei den Produkten stehen wir noch am Anfang.“ An die Wirtschaft appelliert sie: „Die Hersteller müssen endlich nachlegen.“ Etwa bei Textilien: Da ist für die Demografiebeauftragte das nach der fünften Wäsche kaum noch lesbare Kleideretikett ein eher kleines Problem, ärgerlicher sind schon die Abweichungen von den Standardgrößen. „Der Bauch eines 60-Jährigen ist oftmals größer, der Hals ist dicker. Und der Po verändert sich, wenn man älter wird.“ Solche Gegebenheiten würden von den Textildesignern immer noch weitgehend ignoriert. Im Lebensmittelbereich ist man schon weiter. Hier trägt Galeria Kaufhof dem Trend zu immer mehr Single-Haushalten Rechnung und bietet kleinere Verpackungseinheiten an. Das wissen die Verbraucher zu schätzen: „Beim Frischfleisch sind die einzeln abgepackten Steaks schon am Vormittag ausverkauft.“

Ausstellung

Was denkbar oder bereits in Produkten umgesetzt ist, zeigt eine kleine Ausstellung mit Design-Beispielen aus den Bereichen Haushalt, Technik, Büro und Freizeit. Neben Prototypen finden sich Stifte, Flaschenverschlüsse, das „Seniorenhandy Grandphone“ und vieles mehr. Die Ausstellung ist bis Mitte März in den Räumen von bayern design zu sehen (Luitpoldstr. 3, Nürnberg; direkt neben dem Neuen Museum).

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2011, Seite 14

 
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