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Gewerbemietvertrag

Keine grenzenlose Freiheit

Bei Mietverträgen für Gewerbeimmobilien lässt der Gesetzgeber mehr Spielraum als bei Mietwohnungen. Aber auch hier kann es Vereinbarungen geben, die unzulässig sind.

Vertrag ist Vertrag“ und „Verträge sind einzuhalten“ lauten zwei Volksweisheiten. Das stimmt – aber nicht ganz. Insbesondere bei Mietverträgen hat der Gesetzgeber Hürden geschaffen, die die Vertragsfreiheit einschränken. Das gilt vor allem für Wohnraummietverträge. Doch auch Gewerbemieter sind Vertragsklauseln, durch die sie benachteiligt werden, nicht immer schutzlos ausgeliefert. Darauf weist das Immobilienportal immowelt.de mit Sitz in Nürnberg hin.

Zunächst ist es bei Mietverträgen von Bedeutung, ob es sich bei einzelnen Klauseln um individuell ausgehandelte oder um Formularklauseln handelt. Bei ersteren herrscht weitgehend Vertragsfreiheit, solange nicht die Grenzen zur Sittenwidrigkeit oder arglistigen Täuschung verletzt werden. Anders bei Formularklauseln: Diese werden in der Regel vom stärkeren Vertragspartner – meist dem Vermieter – vorgegeben, der schwächere Vertragspartner hat kaum Möglichkeiten, auf deren Inhalt Einfluss zu nehmen. Hier sieht der Gesetzgeber deshalb die sogenannte Inhaltskontrolle vor: Benachteiligt eine Formularklausel den schwächeren Vertragspartner unangemessen oder ist sie überraschend, so ist sie ungültig. Stattdessen gilt dann die gesetzliche Regelung (§ 305 und 307 Bürgerliches Gesetzbuch BGB).

Dass die Inhaltskontrolle nicht nur für Wohnraum-, sondern auch für Gewerbemietverträge gilt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) vor einiger Zeit klargestellt (Aktenzeichen: XII ZR 84/06). Im verhandelten Fall sollte der Mieter laut Vertrag spätestens alle drei Jahre in Küche und Sanitärräumen sowie spätestens alle fünf Jahre in den übrigen Räumen Schönheitsreparaturen ausführen. Wegen dieser starren Fristenregelung erklärten die Richter diese Klausel für unwirksam, weil sie den Mieter unangemessen benachteilige: Denn dieser müsste dem Wortlaut nach selbst dann renovieren, wenn zum Zeitpunkt des Fristablaufs noch gar kein Bedarf dafür bestehe. Folge: Die gesamte Klausel ist unwirksam und der Vermieter für sämtliche Schönheitsreparaturen zuständig.

Das Immobilienportal immowelt.de weist darauf hin, dass andere Regelungen, die bei Wohnraummietverträgen untragbar wären, bei Gewerbemietverträgen allerdings gang und gäbe sind. So können bei Gewerbeimmobilien beispielsweise sehr lang laufende Zeitmietverträge abgeschlossen werden. In der Praxis werden vielfach Laufzeiten von fünf oder zehn Jahren vereinbart, bisweilen werden aber auch unbefristete Mietverträge geschlossen.

Bei Wohnraummietverträgen ist der unbefristete Mietvertrag die Regel. Hier kann der Mieter jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen, der Vermieter nur in Ausnahmefällen wie beispielsweise bei Eigenbedarf. Zeitmietverträge sind nur dann möglich, wenn sie einen Befristungsgrund (z.B. späterer Eigenbedarf) nennen (qualifizierter Zeitmietvertrag), sonst gilt das Mietverhältnis automatisch als unbefristet abgeschlossen. Folge: Es gilt dann die kurze Kündigungsfrist für den Mieter. Bei Gewerbemietverträgen hingegen kann eine längere Kündigungsfrist auch für den Mieter vereinbart werden, Zeitmietverträge ohne Befristungsgrund sind allgemein üblich.

Regelung der Betriebskosten

Auch bei den Betriebskosten gibt es Unterschiede: Wohnraummietern können vertraglich ausschließlich diejenigen Kosten aufgebürdet werden, die in der Betriebkostenverordnung genannt werden. Gewerbemieter zahlen unter Umständen mehr, etwa Werbekostenzuschüsse oder Verwaltungskosten. Doch auch hier gilt die Inhaltskontrolle: Verschleiert der Vermieter durch viel zu niedrig angesetzte Nebenkostenvorauszahlungen die Höhe der Hausverwaltungskosten, stellt die Umlage eine überraschende und damit ungültige Klausel dar (§ 305 BGB), wie das Oberlandesgericht Köln entschied (Aktenzeichen 22 U 40/06).

Heizkosten

Gemeinsam ist dem Wohnraum- und Gewerbemietrecht allerdings, dass die Heizkosten, unabhängig von der Art der Nutzung, gemäß Heizkostenverordnung abzurechnen sind. Bei gemischt genutzten Gebäuden muss der Vermieter nur dann einen Vorwegabzug bestimmter Nebenkosten für Gewerbeeinheiten vornehmen, wenn es sonst zu einer ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnraummieter kommt (gemäß einem BGH-Urteil; Aktenzeichen: VIII ZR 78/05). Den Mieter trifft allerdings die Darlegungs- und Beweislast (BGH-Urteil; Aktenzeichen: VIII ZR 45/10).

Bei Gewerbemietverträgen sind umfangreiche individuelle vertragliche Vereinbarungen gängige Praxis und oft auch sinnvoll, so immowelt.de. Sind spezifische Umbauten des Objekts vonnöten, sollte detailliert festgelegt werden, wer die Kosten trägt und wie nach Ende des Mietverhältnisses zu verfahren ist. Für den Mieter eines Ladenlokals kann es zudem sinnvoll sein, wenn explizit ein Konkurrenzschutz vereinbart wird, zumal der im Vertrag festgehaltene Konkurrenzschutz sonst bestenfalls für das Kernsortiment greift.

Unternehmensgründer sollten versuchen, ihrem Vermieter eine einseitige Ausstiegsklausel abzuringen, wonach beim Scheitern der Unternehmung ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Mietvertrag möglich ist. Oft empfiehlt es sich, vor dem Vertragsabschluss zudem einen Fachanwalt für Mietrecht zurate zu ziehen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2011, Seite 64

 
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