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Wein

Gute Tropfen aus der Region

Auch Westmittelfranken ist Weinland: Die Winzer engagieren sich gemeinsam mit Handel und Tourismus-Initiativen für eine hohe Weinkultur.

Es ist schon lange her, dass sich die Nürnberger Ratherren für mehr Qualität im Wein einsetzten: Sie versammelten sich im Jahre 1482 zusammen mit den Abgesandten der fränkischen Fürstentümer und Bistümer in Kitzingen, um der damals weitverbreiteten Weinpanscherei Einhalt zu gebieten. Heraus kam das Kitzinger Weingesetz, das auch als 1. Fränkisches Weingesetz in die Geschichte einging. Die mittelalterliche Handelsmetropole Nürnbergs hatte im Weingeschäft eine wichtige Bedeutung als Importeur und Handelsdrehscheibe für Rotweine aus Italien und Spanien.

Im westlichen Mittelfranken wird auch heute noch Wein angebaut. Die Weinberge gehören zum Anbaugebiet Franken und finden sich an den Hängen des Steigerwaldes und der Frankenhöhe, im Aischgrund sowie am Mittellauf der Tauber. Der Weinbau in Ergersheim etwa ist urkundlich bereits im Jahr 1265 erwähnt. Die kleine Gemeinde gehört wie beispielsweise Bullenheim, Ippesheim, Ipsheim, Tauberzell oder Weimersheim zur mittelfränkischen Bocksbeutelstraße. Dort werden Rebsorten wie der fränkische Weißwein-Klassiker Silvaner, der früh reifende Müller-Thurgau sowie Bacchus, Kerner, Scheurebe oder Riesling angebaut. Für Rotwein stehen der Klassiker Spätburgunder oder Domina, die relativ junge Kreuzung aus Portugieser und Spätburgunder.

 

Handschrift des Winzers

 

In Markt Nordheim (Landkreis Neustadt/Aisch – Bad Windsheim) will das Weingut Probst unter der Regie von Junior-Chef Christoph Probst Wein aus Mittelfranken als Geheimtipp etablieren. Dem Winzer treibt der Preisverfall im deutschen Weinhandel Sorgenfalten auf die Stirn, denn er setzt mit seinen rund sieben Hektar Rebfläche auf „Handarbeit, um jeden einzelnen Weinstock zu bewerten“. Nur so bekomme der Wein im Glas eine persönliche Winzerhandschrift, die zunehmend von den Weintrinkern gefordert werde. Probst setzt zunehmend auf alte Sorten, die er im Keller dann viel schonender ausbauen kann. Er überlässt den Traubensaft quasi sich selbst und verzichtet auf die Angebote industrieller Weinverarbeitung wie Eiweißstabilisierung.

Den schwierigen Stand des Weines im Großraum erklärt Utz Graafmann, Chef des Erlanger Online-Portals Wein-Plus.eu, mit der ausgeprägten mittel- und oberfränkischen Bierkultur. Entsprechend kritisch beurteilt das europaweit größte Weinnetzwerk das teils „haarsträubende Angebot an nichtssagendem Industrie-Pinot Grigio von Massenabfüllern“, das von manchen Gastronomen ausgeschenkt werde. Auf der anderen Seite beobachtet er bei den Verbrauchern wachsende Ansprüche und Weinkenntnisse. Diese Kundengruppe müsste seiner Meinung nach vom regionalen Fachhandel noch stärker angesprochen werden. Der Weinführer von Wein-Plus, mit über 100 000 Weinbeurteilungen eigenen Angaben zufolge der größte seiner Art, könne bei der Suche nach guten Weinen und Bezugsquellen in der Region helfen. „Am besten sollte ein Händler seine Winzer persönlich kennen“, rät Graafmann.

Vineria-Geschäftsführer Peter Rock sieht bei seinen Kunden den deutschen Weißwein generell im Aufwind, darunter auch Silvaner und Müller-Thurgau des mittelfränkischen Weinguts Schloss Frankenberg in Weigenheim. Bei den Rotweinen werde in der Vinothek häufig zu Flaschen aus Australien, Südafrika und Spanien gegriffen. Rock sieht bei Winzern und Weintrinkern einen klaren Trend zu „mehr Qualität statt Quantität“. Entsprechend liegt auch die unterste Preisgrenze in seinem Weinhandel bei 8,90 Euro. Während die Kompetenz der Kunden sichtbar wachse, spiele das Kriterium Bio für die Gäste keine Rolle. Vielmehr würden die Gäste den gesamten Erzeugerprozess von der Rebe bis zum Keller – letzterer ist in den Biorichtlinien noch nicht abschließend geklärt – berücksichtigen. Neu ist für Rock, dass Kunden im Verkaufsgespräch zum Smartphone greifen, um die Aussagen des Verkäufers und andere Meinungen zu googlen. Deshalb sei eine hohe Kompetenz des Verkaufsteams entscheidend für den geschäftlichen Erfolg. Im Trend scheint auch das „Weinerlebnis“ zu liegen, denn der Vineria-Chef hört von seinen Kunden, dass diese gern in die Regionen ihrer Lieblingsweine fahren und sich vor Ort informieren. Auch Winzer Christoph Probst weiß sowohl aus eigener Erfahrung als auch von Kollegen, dass Besucher immer genauere Fragen zum Anbau auf dem Weinberg und zum Ausbau im Keller stellen.

Die mittelfränkischen Weine seien „technisch alle in Ordnung“, meint Martin Kössler, Chef der Nürnberger Weinhalle K&U, ein bundesweiter Versandhändler mit Fachgeschäft. „Allerdings fehlt die Leitfigur, sodass lieber auf Sicherheit produziert wird.“ Der Fachhändler hat sich auf konsequent handwerklich gefertigte Weine von Australien bis Kalifornien spezialisiert. Seiner Erfahrung zufolge kaufen Kunden zunehmend hochwertige Weine mit Namen und Image. „Im Gegensatz zu früher ist billig weniger gefragt, die Qualität steht endlich wieder im Vordergrund.“

Auch Elke Kühner-Schwarz, die mit ihrem Fachgeschäft Feine Weine, Sekt & Secco in das historische Ambiente der Wolfschlucht mitten in Hersbruck gezogen ist, kämpft für mehr Weinkultur und Weingenuss. Die Erfolge, so ihr Zwischenresümee nach fünf Jahren, kommen aber nur „peu à peu“, denn „Mittelfranken ist Bierfranken“. Da die Kunden vornehmlich zwischen fünf und acht Euro für eine Flasche Wein ausgeben, verzichtet sie auf Top-Weine mit einem Top-Namen. Die studierte Önologin sucht daher die „zweitbesten Weine mit einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis“, beispielsweise Weine aus dem südafrikanischen Weingut Allée Bleue, das die mittelfränkische Unternehmerfamilie Dauphin betreibt. Beklagenswert findet sie das „Wissen beim Wein“ in einer durchschnittlichen Gastwirtschaft. „Es gibt nur Silvaner und Müller Thurgau und dann ist Schluss.“ Wenn sie nach einem passenden Wein zum Essen frage, bekomme sie in der Regel keine befriedigende Antwort. Daher bietet Kühner-Schwarz immer wieder gemeinsame Veranstaltungen mit Gastronomen an, um bei einem mehrgängigen Menü unterschiedliche Weine kennen zu lernen.

Um die mittelfränkische Weinkultur zu unterstützen, informiert die „Arbeitsgemeinschaft Mittelfränkische Bocksbeutelstraße“ kontinuierlich über die zahlreichen Hof- und Weinfeste ihrer Winzer. Sie klärt Interessierte über die jahrhundertealte Treue zur Bocksbeutel-Flasche und das daraus resultierte heutige Bocksbeutelprivileg auf und wirbt für die besondere Spezialität zur Lesezeit, den fränkischen Federweißen. Angeboten werden darüber hinaus z.B. ein Weingenießer-Wochenende und ein Reisepaket, um die mittelfränkische Bocksbeutelstraße zu entdecken. Auch der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg VGN empfiehlt in seinem Freizeittipp „Auf den Spuren des Bocksbeutel-Express“, das mittelfränkische Weinland in einer Wander- und Einkehr-Tour zu erkunden.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2012, Seite 48

 
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