Telefon: +49 911 1335-1335

Fahrrad-Tourismus

Spaß auf zwei Rädern

Eine große Zahl von Radwanderwegen steht in der Metropolregion Nürnberg für Ausflügler und Urlauber zur Verfügung. Diese Sparte der Tourismuswirtschaft hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen.

Der Großraum Nürnberg steigt immer häufiger in die Pedale. Das zeigte im März die Fürther Verbrauchermesse „rad 12“, die an einem Wochenende fast 6 000 Besucher in die Stadthalle lockte. Veranstalter Thomas Schwerdtner sah gleich mehrere Trends: Europaweiter Fahrrad-Tourismus, technische Nachrüstung von Fahrrädern, Verkehrssicherheit, Fahrrad-Codierung zur Diebstahlsicherung sowie verkehrspolitische Themen wie die Diskussion über fehlende Fahrradwege.

Diese Entwicklungen bestätigt auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC), der seinen Mitgliedern umfassende Informationen und Versicherungsschutz bietet. Außerdem organisiert er allein in der Region Nürnberg rund 200 geführte Fahrradtouren, darunter Einsteiger- und Familien-Touren unterschiedlicher Länge, Rennrad- und Mountainbike-Touren mit hoher Durchschnittsgeschwindigkeit, Feierabend-Touren für „Langschläfer oder Vielbeschäftigte“, oder „KulTouren“ (z.B. zum Jüdischen Museum in Fürth oder zum Botanischen Garten in Erlangen).

Bayern bei Radlern beliebt

Bayernweit gibt es 117 Fernradwege mit einer Länge von 8 800 Kilometern. Laut der aktuellen ADFC-Radreiseanalyse 2012 hat Bayern das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern als beliebteste deutsche Radreiseregion auf Platz zwei verdrängt. Dazu tragen auch der Main-Radweg in Unter- und Oberfranken und der Donauradweg von Ulm über Passau und Wien bis Budapest bei, die zu den gefragtesten Radfernwegen in Deutschland zählen.

Laut dem Radverkehrshandbuch „Radl-Land Bayern“ der Bayerischen Staatsregierung sollen bis 2013 weitere 158 Radwege an Staatsstraßen mit insgesamt rund 260 Kilometern gebaut werden. Im vergangenen Jahr wurde das mit Abstand teuerste Projekt in ganz Bayern, die 4,4 Kilometer lange Lücke zwischen den Radwegnetzen der Marktgemeinde Wendelstein und der Stadt Nürnberg entlang der Staatsstraße für stattliche 5,7 Mio. Euro abgeschlossen.

Die längste Fahrradstrecke durch Mittelfranken ist der Paneuropa-Radweg von Paris nach Prag. Er geht von Rothenburg o.d. Tauber auf einem Teil des Altmühlwegs über den Biberttal-Radweg nach Fürth, weiter über den Regnitz-Radweg nach Nürnberg und führt mit dem Fünf-Flüsse-Radweg über Hersbruck weiter in Richtung Prag. Darüber hinaus ist das touristische Angebot an empfohlenen und beschriebenen Touren kaum zu überblicken. Unter anderem offeriert etwa der Landkreis Fürth mit dem Verkehrsverbund VGN unter der Überschrift „Spurensuche im Rangau per Bike“ sechs Touren zu historischen Grenzsteinen oder Sühnekreuzen. Darunter die 33 Kilometer lange Tour 3 „Hohenzollern – das Erbe der Burgherren“, die von Langenzenn aus über Cadolzburg nach Heilsbronn führt. Das Königs- und Kaisergeschlecht baute Cadolzburg im Mittelalter zum Machtzentrum aus. Die „Wallenstein-Rundtour 5“ lenkt um das einstige Heerlager und seine Befestigungsspuren von Wallenstein herum. Alle Touren sind in einem praktischen Ringbuch gebündelt, detailliert beschrieben sowie mit Landkarte, Einkehrtipps und Hinweisen zur Anreise an den Tourstart mit öffentlichen Verkehrsmitteln praxisnah ergänzt.

Der VGN hat auf den wachsenden Zweirad-Freizeitverkehr reagiert und bietet jeweils von Mai bis November an Sonn- und Feiertagen die beiden Bus-Freizeitlinien 520 und 990 mit Fahrradanhängern an. Die 520er Linie fährt als Kanal-Altmühl-Express vom oberpfälzischen Neumarkt parallel zum Alten Kanal nach Dietfurt. Die Buslinie kreuzt auch andere Radwanderwege, z. B. den König-Ludwig-, den Altmühl-Naab- oder den Fünf-Flüsse-Radweg. Der Bus bietet außerdem Anschluss an die 33 Kilometer lange „Tour de Baroque“, die vom mittelalterlichen Berching über Freystadt nach Neumarkt führt.

Die Freizeitlinie 990 erschließt mit zwei Linienästen von den S-Bahnhöfen Hirschaid und Bamberg das Tal der Reichen Ebrach und das Tal der Rauhen bzw. Mittleren Ebrach im Steigerwald. Dort bieten sich für Radwanderer eine 204 Kilometer lange Fürstbischöfliche Radtour, eine 260 Kilometer lange Brauerei- und Bierkellertour oder kleinere Tagestouren an, um etwa das kirchliche Kleinod St. Rochus in Großgressingen, die Burg in Lisberg, die Fähre bei Pettstadt oder das Bauernmuseum in Frensdorf zu besuchen.

Gredl-Radweg

Für eine besondere Tour bietet sich auch der Gredl-Radweg von Hilpoltstein über Heideck nach Thalmässing und Greding an. Aus der ehemaligen Gredl-Bahnstrecke ist zwischen Hilpoltstein und Thalmässing ein asphaltierter Rad- und Wanderweg geworden. Entlang der Tour locken etwa der mittelalterliche Stadtkern von Hilpoltstein mit Burg, ein Abstecher zum Rothsee, die Fachwerkhäuser von Heideck, der Heidecker Burgenweg oder die Überwindung der europäischen Wasserscheide zwischen Eysölden und Alfershausen. Wer die sportliche Herausforderung sucht, kann aber auch trainingshalber die Wettkampfstrecke des Rother Challenge-Triathlons abstrampeln. Der Challenge Roth gilt als Ursprung und Heimat des Triathlonsports in Europa, ist das größte Langdistanz-Rennen der Welt und in diesem Juli erstmals Austragungsort der Triathlon-Europameisterschaft in der Langdistanz. 

Beschaulicher ist es auf dem fast 200 Kilometer langen fränkischen Teil des Jakobsweges von Ensdorf im Landkreis Amberg-Sulzbach über Nürnberg und Ansbach nach Rothenburg o.d. Tauber. Hier sind vermehrt Pilger auf dem Fahrrad anzutreffen. Entlang des ostbayerischen Jakobsweges von Regensburg über Kelheim und Eichstätt nach Donauwörth ist bereits eine Wegvariante für Radfahrer ausgeschildert.

Wer eine Tour etwa auf dem Fränkischen Seenlandweg, dem Limes-Radweg oder der Romantische Straße in mehrtägigen, kleineren Tagestouren absolvieren will, kann auch die wachsende Zahl der Bett+Bike-Übernachtungsbetriebe in Anspruch nehmen. Fahrradfreundliche Gastbetriebe sollten entweder die Zertifizierung „Bett+Bike“ des ADFC haben oder als fahrradfreundlicher Hotel- und Gaststättenbetrieb durch den Tourismusverband Franken klassifiziert sein.

Die Medizin- und Studentenstadt Erlangen positioniert sich als Zentrum für Rennradfahrer. Zum Start der Rennradsaison lud die Sport-Uni mit dem Kooperationspartner iQ-Move zum zweitägigen Workshop mit geführten Radtouren. Außerdem konnten Teilnehmer ein individuelles sportmedizinisches Coaching unter anderem mit Belastungs-EKG, Herz-Ultraschall sowie ein mentales Coaching buchen. Ziel der Trainingseinheiten ist eine Deutschland-Rundfahrt im Juli. Wer bei dieser neuntägigen Gruppenfahrt mithalten will, braucht erhebliche Fitness in Beinen und Kopf, pro Tag sind im Durchschnitt rund 160 Kilometer zu bewältigen.

Das Fahrrad ist nicht nur ein Sportgerät für die Freizeit, sondern gilt als „umweltfreundliches Verkehrsmittel, das körperlich fit hält und die Haushaltskasse schont“, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann jüngst betonte. Für Nürnberg ist das nichts Neues. Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly tritt regelmäßig mit seinen Referenten in die Pedale, um per mobiler Bürgerversammlung einen Stadtteil zu besuchen. Diese Aktion ist Teil der kommunalen Initiative „Nürnberg steigt auf“, die ein radverkehrsfreundliches Klima schaffen will. Um noch mehr Kraft in die Pedale zu bekommen, ist Nürnberg Mitglied der im
Februar gegründeten „Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern“ (AGFK Bayern), die eine umwelt- und stadtverträgliche Mobilität fördern will.

Besonders die Radfahrt zur Arbeits- oder Ausbildungsstätte soll noch attraktiver gemacht werden. Aktuell werden im Nürnberger Stadtgebiet täglich 160 000 Fahrten mit dem Rad mit einer durchschnittlichen Entfernung von 3,5 Kilometern zurückgelegt. Die Nutzung des 287 Kilometer langen Radwegenetzes entlastet nicht nur verstopfte Straßen, es gibt auch einen positiven Umwelteffekt. Täglich werden so 103 Tonnen Kohlendioxid eingespart, wenn für die Strecken das Auto in der Garage bleibt.

Die bayernweite Mitmachaktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ von ADFC und AOK Bayern rückt dagegen den Gesundheitsaspekt in den Vordergrund. Ziel ist es, bei den Beschäftigten „aktiv einem Bewegungsmangel entgegen zu treten und gleichzeitig den daraus resultierenden Zivilisationskrankheiten durch mehr Bewegung vorzubeugen“, begründet der AOK-Verantwortliche Reinhard Harnoß. In Mittelfranken nahmen im vergangenen Jahr mit 1 500 Unternehmen fast doppelt so viele teil wie im Vorjahr. In diesem Jahr sollen die hohen Benzinpreise auch für einen monetären Sparanreiz sorgen. „Dass davon auch die Gesundheit profitiert, spielt uns gut in die Karten“, freut sich Harnoß.

Flankenschutz bekommen die Initiativen von dem im vergangenen Jahr gestarteten Fahrradverleihsystem NorisBike, das 750 Fahrräder an 65 Verleihstationen bereit hält. Mit 35 000 Ausleihungen im vergangenen Jahr gilt der Start als gelungen. Unter anderem finanzierten Nordostpark und Südwestpark eine eigene Station auf ihrem Areal und auch die Tucher´sche Stiftung bezahlt eine Verleihstation auf ihrem neu entstehenden Campus Marienberg.

Die Fahrradwirtschaft hat sich zu einer stattlichen Branche entwickelt, die einschließlich Fahrradtourismus auf einen Gesamtumsatz von aktuell 16 Mrd. Euro kommt, wie Albert Herresthal, Chef des Branchenverbandes Verbund Service und Fahrrad (VSF), erklärt. In Industrie, Handel, Tourismus, Infrastruktur und sonstigen Bereichen bestehen bundesweit 278 000 Vollzeit-Arbeitsplätze. Über alle Vertriebswege werden über vier Mio. Fahrräder verkauft, für die im Durchschnitt rund 600 Euro bezahlt werden. Im Premium-Fachhandel, der innerhalb der Branche am stärksten wächst, lag der Durchschnittspreis 2011 sogar bei fast 1 100 Euro. Ein großer Markt scheinen Pedelecs und E-Bikes zu werden, von denen im vergangenen Jahr knapp 300 000 zu einem Durchschnittspreis von fast 2 000 Euro verkauft wurden.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2012, Seite 38

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick