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Design

Dem Ideenklau Einhalt gebieten

Nicht nur die Technik von Produkten muss vor Kopierern geschützt werden, sondern auch die Gestaltung. Dies wird durch das Schutzrecht des Geschmacksmusters erreicht. Von Christian Günther

Die weltweiten Auseinandersetzungen zwischen Apple und Samsung vor zahlreichen Gerichten zeigen es deutlich: Auf geistiges Eigentum verzichten, heißt eigene Marktanteile vernichten. Das Produktdesign ist dabei mindestens so hart umkämpft wie die in ihm steckende Technik. So verhängte ein deutsches Gericht ein europaweites Vertriebsverbot für das Galaxy Tab von Samsung, weil dieses nach Auffassung der Richter zu stark dem iPad von Apple ähnelt. Eine weitreichende Entscheidung – aber auf welcher Rechtsgrundlage?

Die EU-Kommission schätzt den jährlichen Schaden durch Produktpiraterie auf 200 bis 300 Mrd. Euro. Dahinter steht die Verletzung von zahlreichen Schutzrechten. Sie fallen allesamt unter den Begriff „geistiges Eigentum“ (kurz IP genannt, für Intellectual Property). Das deutsche Recht kennt dabei Urheberrechte und gewerbliche Schutzrechte. Letztere unterteilen sich in technische Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Sortenschutz und Halbleiterschutz) und nichttechnische (Marken, geografische Herkunftsangaben, Geschmacksmuster und geschäftliche Bezeichnungen). Ideenklau betrifft dabei vorrangig Patente, Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster, welches hier im Vordergrund stehen soll. Allen Schutzrechten gemein ist: Ein Rechtsinhaber darf jedermann die Nutzung untersagen.

Patente und Gebrauchsmuster

Das Geschmacksmuster lässt sich leicht mit den zwei Schutzrechten Patent und Gebrauchsmuster verwechseln, die ebenfalls unmittelbar mit dem Produkt zusammenhängen. Zur Abgrenzung: Ein Patent schützt eine technische Erfindung. Das Patentgesetz fordert dafür, dass sie bezogen auf den Stand der Technik neu, erfinderischer Arbeit entsprungen und gewerblich anwendbar ist. Anhand der Patentanmeldung muss die Erfindung nachvollziehbar sein. Das zu prüfen, kann lange dauern, der Schutz tritt jedoch schon am Tag nach der Anmeldung ein. Zusammenhängende Erfindungen können eine Patentfamilie bilden. Jedoch ist nicht alles patentierbar: Es gibt Einschränkungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit, auch Biopatente sind nur beschränkt möglich.

Das Gebrauchsmuster schützt ebenfalls eine technische Erfindung, wobei die gleichen Schutzanforderungen wie beim Patent gelten. Als sein kleines Pendant schützt das Gebrauchsmuster jedoch weniger umfangreich, statt 20 Jahre wie beim Patent ist ein eingetragenes Gebrauchsmuster nur zehn Jahre geschützt. Darüber hinaus gilt der Schutz nur für die Bundesrepublik Deutschland, für Patente ist das hingegen grenzüberschreitend möglich.

Geschmacksmuster

Das Aussehen eines Produkts lässt sich meist leichter kopieren als die Technik, die in ihm steckt. Das Design ist für den Käufer sofort wahrnehmbar, spricht ihn zuerst an und spielt damit eine große Rolle für die Kaufentscheidung. Schutz vor Nachbildungen bietet dabei das sogenannte Geschmacksmuster, vorausgesetzt die Form- und Farbgebung verfügt über Neuheit und Eigenart. Ob diese vorliegen, prüft nicht die Anmeldungsstelle, das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) in München. Eine Prüfung führen auch nicht die internationalen Stellen durch, an die das DPMA Anmeldungen für die Eintragung eines räumlich weitreichenderen Schutzes weiterleitet. Vielmehr klären erst die Gerichte bei einem Streit, ob die Aspekte Neuheit und Eigenart gegeben sind. Als neu wird das aufgefasst, was so noch nicht zuvor bekannt war. Hier kommt der für den Schutz wichtige Veröffentlichungszeitpunkt ins Spiel, der mitunter eine wirksame Eintragung durch andere verhindert. Denn es gilt das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Die sogenannte Ausstellungspriorität (durch die Veröffentlichung auf einer anerkannten Messe) ermöglicht es deshalb, den Schutzzeitraum um bis zu sechs Monate vor die spätere Anmeldung vorzuverlegen. Die Zurschaustellung muss der Anmelder des Geschmacksmusters aber beweisen. Eine Veröffentlichung außerhalb der EU schützt in vergleichbarer Weise aber nur, wenn das Geschmacksmuster den Fachkreisen innerhalb der Gemeinschaft und im entsprechenden Wirtschaftszweig bekannt war.

Form- und Farbgebung im Mittelpunkt

Mit Eigenart ist die zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder seiner Teile gemeint. Der Schutz von Formen, die in der Natur vorhanden sind, ist dabei ausgeschlossen, zudem muss die Formgebung über das Durchschnittskönnen eines Mustergestalters hinausgehen. Die Formgebung beinhaltet insbesondere die Aspekte Oberflächengestaltung, Konturen, Farben, Verzierungen und verwendete Werkstoffe. Für die Rechtsprechung zählt der Gesamteindruck, den die Farb- und Formgebung auf einen informierten Benutzer macht, dagegen verbietet es sich, nur auf einzelne Merkmale abzustellen. Grundlage für den Vergleich sind für die Gerichte die bis zu zehn zulässigen Abbildungen des Produkts bei der Geschmacksmusteranmeldung. Produktdarstellungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln erhöhen somit die rechtlichen Erfolgsaussichten. Für einzelne Teile gibt es dadurch möglicherweise keinen Schutz, wie der Fall einer mit abnehmbarem Sockel eingetragenen Weinkaraffe zeigt. Ein Hersteller klagte erfolglos gegen den Vertrieb einer ähnlichen Karaffe ohne Sockel, weil sie nach Auffassung der Richter auf diese Weise nicht dem eingetragenen Gesamtbild entsprach.

Zufällige Nachbildungen

Ob zufällig oder vorsätzlich kopiert wurde, ist für den Schutz prinzipiell bedeutungslos. Der Kläger muss den Vorsatz nur dann beweisen, wenn sein Design bisher noch nicht bekannt war (z.B. durch die Ausstellung auf einer Messe). In diesem Fall gibt es auch keinen rückwirkenden Schutz bei fehlender Eintragung. Wurde das Design aber vorher veröffentlicht, gilt hingegen ein dreijähriger Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster für die EU. Im Vergleich zu der maximalen Schutzdauer von 25 Jahren, die ein dafür alle fünf Jahre zu erneuerndes eingetragenes Geschmacksmuster bietet, ist das wenig. Denn drei Jahre nach der Veröffentlichung ohne Eintragung darf eine Nachbildung – selbst bei noch laufendem Rechtsstreit – angeboten, vertrieben und beworben werden. Auch die mögliche Vernichtung und Beschlagnahme entfallen. Auskunfts- und Schadensersatzansprüche bleiben jedoch erhalten. So muss der Rechtsverletzer die schon verkaufte Menge, seine Preise und seine Werbung offenlegen, damit ein eventueller Schadensersatz berechnet werden kann. Fordern kann der Kläger wahlweise den Gewinn, den der Rechtsverletzer erzielt hat, den entgangenen Gewinn oder eine angemessene Lizenzgebühr.

Autor/in: Christian Günther, ist Redakteur bei der anwalt.de services AG in Nürnberg (www.anwalt.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2012, Seite 48

 
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