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Bundeswehr und Wirtschaft

Fit für das Zivilleben

Mit der Abschaffung der Wehrpflicht wurde auch das Personalmanagement der Bundeswehr reformiert. Die neuen Karrierecenter eröffnen den Unternehmen gute Chancen bei der Rekrutierung von Fachkräften.

Die Kreiswehrersatzämter gehören der Vergangenheit an, im Zuge der Bundeswehrreform werden sie in sogenannte Karrierecenter umgewandelt. In Nürnberg hat vor Kurzem das erste von deutschlandweit 16 Karrierecentern seinen Betrieb aufgenommen. Zu den Aufgaben der neuen Einrichtung gehören Personalgewinnung und -entwicklung, die Begleitung beim Übergang in das zivile Berufsleben sowie Sozialangelegenheiten für zivile und militärische Mitarbeiter. Organisatorisch gehört das Karrierecenter zum neu geschaffenen Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr mit Sitz in Köln.

„Wir stehen Gewehr bei Fuß, um Unternehmen bei der Mitarbeitersuche zu helfen“, erklärte Gerd Eickmeyer, Leiter des Nürnberger Karrierecenters. Zuständig dafür ist der Geschäftsbereich Berufsförderungsdienst (BFD), der mit 60 Mitarbeitern in Nürnberg aktiv ist. Dort können Unternehmen ihre Stellenangebote einreichen und auch kurzfristig nach passenden Bewerbern fragen. Eickmeyer unterstreicht, dass die Soldaten, die den Übergang in das Zivilleben planen, eine große Fülle an Berufsbildern repräsentieren. Neben Offizieren mit akademischem Abschluss vermittelt das Karrierecenter beispielsweise Bürokaufleute, Chemielaboranten, Industriemechaniker, Mechatroniker und Handwerker aus einer Vielzahl von Berufen.

Die Mannschaftsdienstgrade mit achtjähriger Dienstzeit können sich schon bei der Bundeswehr vom BFD für den zivilen Arbeitsmarkt qualifizieren oder weiterbilden. Sie können Schulkenntnisse auffrischen, einen mittleren Bildungsabschluss oder die Fachhochschulreife nachholen sowie eine berufliche Ausbildung abschließen. Auch einen Meisterbrief können die Soldaten während der Dienstzeit erwerben; sie sind nach Worten Eickmeyers besonders gefragte Mitarbeiter bei den Unternehmen. Die Soldaten profitieren zudem schon während ihrer Dienstzeit und auch danach von einer umfassenden Berufsberatung und haben dabei Anspruch auf finanzielle Förderung. Einige Beispiele zeigen, wie breit diese Leistungen gefächert sind: Ein Kfz-Mechatroniker mit Meisterbrief kann sich zum Kfz-Sachverständigen weiterbilden. Oder ein Kaufmann lässt sich für die spezifischen Anforderungen in der Speditionsbranche qualifizieren. Wenn ein mittelständisches Unternehmen mit Produktionsstandort in China einen Soldaten einstellen will, kann sogar noch während dessen Dienstzeit ein Chinesisch-Sprachkurs ermöglicht werden. Bei einem Soldaten wurde sogar ausgelotet, ob eine Zusatzqualifikation als Tauchlehrer in der Karibik in Frage kommt.

Die Vermittlung der ausscheidenden Soldaten mit ihren vielfältigen Qualifikationen und Fähigkeiten ist eine kostenfreie Serviceleistung des BFD für die Unternehmen. Ein weiterer Baustein, der dieses Angebot zusätzlich attraktiv macht, ist der Einarbeitungszuschuss, den die Arbeitgeber beantragen können. Er dient dazu, Lohn- und Leistungsdifferenzen zu Beginn des Arbeitsverhältnisses auszugleichen.

Das BFD erbringt also wertvolle Dienstleistungen für Arbeitgeber – diese sind aber nach Worten Eickmeyers bei der regionalen Wirtschaft nicht ausreichend bekannt, obwohl es die Stelle bereits seit 40 Jahren gibt. Das liege u.a. daran, dass sie im Jahr 2004 nach Würzburg und Regensburg verlagert wurde und nun erst mit dem Start des Karrierecenters wieder nach Nürnberg zurückkam. Dass die Aktivitäten der BFD bei den Unternehmen bekannter werden, ist auch ein Anliegen des Arbeitskreises Bundeswehr und Wirtschaft (AkBwW) in der Region Nürnberg. Der Arbeitskreis, der 1981 auf Initiative der IHK Nürnberg für Mittelfranken und der Vereinigung der Arbeitgeberverbände in Bayern (VAB) Bezirk Mittelfranken gegründet worden war, will dazu mit seinen Aktivitäten in nächster Zeit beitragen.

Eickmeyer sieht das Jahr 2013 als ein Jahr des Aufbaus und der Öffentlichkeitsarbeit. Für 2014 ist dann die erste regionale Messe geplant, die Soldaten und Unternehmen zusammenbringen soll. Aus der im Aufbau befindenden Stellenbörse können aber schon jetzt bundesweit Gesuche und Gebote bedient werden.

Aktuell betreut der BFD in Franken und der Oberpfalz rund 12 000 aktive Soldaten, von denen sich knapp 1 000 während ihrer Dienstzeit in 45 verschiedenen Maßnahmen auf das zivile Berufsleben vorbereiten. Darüber hinaus werden weitere 8 000 frühere Soldaten begleitet, die einen oft mehrjährigen Anspruch auf unterstützende Maßnahmen oder auch auf eine zeitweise Gehaltssicherung haben, solange sie sich im Zivilleben beruflich orientieren. Für das laufende Jahr hat das Nürnberger Karrierecenter für solche Maßnahmen einen Etat von gut neun Mio. Euro.

„Wir beraten wie eine Arbeitsagentur“, berichtet Eickmeyer, der insgesamt fünf Teams aufbaut, die in ganz Nordbayern vor Ort sein sollen. Eines dieser Teams wird in der Rother Otto-Lilienthal-Kaserne aktiv werden, in der über 2 800 Soldaten und zivile Mitarbeiter tätig waren und die nun wird kräftig verkleinert wird. Sieben BFD-Mitarbeiter werden künftig in Roth die Soldaten bei der Qualifizierung und bei der beruflichen Orientierung beraten.

Zu den Karrierecentern gehört aber nicht nur der Berufsförderungsdienst der Bundeswehr, sondern auch die Nachwuchsgewinnung, die für die Anwerbung von Zeitsoldaten zuständig ist. Das Zentrum für Nachwuchsgewinnung in Bayern ist beim Karrierecenter München angesiedelt, dem auch eine Außenstelle in Ansbach zugeordnet ist. Bis auf Weiteres werden in Nürnberg noch Tauglichkeitsuntersuchungen durchgeführt, außerdem werden dort die künftigen Soldaten den einzelnen Waffengattungen und Standorten zugewiesen. Mittelfristig werden diese Aufgaben jedoch nach München verlagert. Damit wird dann eine lange Tradition enden: Denn seit 1956 wurden in Nürnberg rund 500 000 mittelfränkische Wehrpflichtige auf ihre Diensttauglichkeit für Heer, Luftwaffe oder Marine gemustert.

Autor/in: 
tt.
Externer Kontakt: Berufsförderungsdienst (BFD) Nürnberg
Tel. 0911 4396-280,
www.bfd.bundeswehr.de, www.akbww.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2013, Seite 32

 
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