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Webinare

Der Dozent kommt online

Das Internet macht vor der Weiterbildung nicht halt: Beim Webinar treffen sich Referent und Teilnehmer nicht in einem Tagungsraum, sondern sind per Video- und Sprachübertragung "live" zusammengeschaltet.

Wer an einem Webinar – das Wort ist eine Kombination aus „Web“ und „Seminar“ – teilnehmen will, braucht nur einen internetfähigen Computer mit Headset, um mit dem Referenten in einen direkten Austausch zu kommen. Damit setzt sich die räumliche Entkopplung in der Weiterbildung, subsumiert unter dem Schlagwort E-Learning, fort. Für Lernwillige, die einst an gedrucktes Unterrichtsmaterial gebunden waren, kommt damit eine weitere Variante hinzu. Gängig ist bereits das betriebliche Selbststudium von einem digitalen Datenträger wie einer CD oder vom Firmen-Server, damit etwa eine hauseigene, neue Reisekostenrichtlinie von allen Mitarbeitern zuverlässig durchgearbeitet werden kann. Alltag ist auch der sogenannte Webcast, ein digital verfügbarer Videofilm, der beispielsweise firmenintern bei technischen Aufgaben Anleitungen zum richtigen Handling gibt.

Im Dialog mit dem Referenten

Aber erst mit dem Webinar ist es möglich geworden, die digitalen Informationen nicht einfach nur abzurufen, sondern mit dem Dozenten interaktiv und unmittelbar in einen Dialog zu treten. Das kann durch direktes Fragen mit Sprachübertragung (Voice over IP) funktionieren oder mit einem geschlossenem Online-Chat, über den Fragen gestellt oder Kommentare in Echtzeit gegeben werden können. Der Referent des Webinars kann dann unmittelbar auf die Einwürfe reagieren. Rein technisch gesehen können an Webinaren nahezu unbegrenzt viel Interessenten teilnehmen, die über den ganzen Globus verstreut sein können.

Das Spektrum der Webinare hat mittlerweile eine fast unüberschaubare Vielfalt erreicht. Im Großraum hat beispielsweise die AOK Direktion Mittelfranken im letzten Jahr die ersten Webinare für Firmenkunden angeboten – „mit Erfolg“, wie AOK-Direktor Norbert Kettlitz erklärt. „Wir waren mit diesem Angebot nicht nur bundesweit die erste AOK, sondern auch Vorreiter in der gesamten Branche.“ Ziel des erfolgreichen Pilotprojektes war es, ergänzend zu den üblichen rund 200 Vor-Ort-Seminaren ein Online-Angebot zu schaffen. Auf diese Weise sollte u.a. Mitarbeitern in Personalabteilungen, die sich zum Jahreswechsel auf Änderungen im Sozialversicherungs-, Beitrags- und Melderecht einstellen müssen, eine ortsunabhängige Variante der Wissensvermittlung ermöglicht werden, die zudem schnell, kostensparend und interaktiv ist. In den rund 60-minütigen Live-Vorträgen erfuhren die Teilnehmer bequem an ihrem Bildschirm im Büro oder zu Hause alle relevanten Neuigkeiten für den Personal- und Lohnbereich.

Fragen im Chat

Der Referent des Webinars ist online zu sehen und zu hören und kann Teilnehmer für Fragen liveschalten. Das wurde aber in der Praxis weniger genutzt, so die Erfahrung der AOK. Häufiger sind Fragen im parallelen Chat, die zeitgleich beantwortet und von allen Teilnehmern einzusehen sind. Bei diesem Angebot sieht die mittelfränkische AOK Direktion die maximale Teilnehmerzahl bei 80 Personen, um eine sinnvolle Interaktion gewährleisten zu können. Zur Nachbereitung bietet die AOK den Teilnehmern eine Aufzeichnung sowie die entsprechenden Fachunterlagen an.

Nach dem vielversprechenden Start wird die Webinar-Reihe „Trends & Tipps 2013“ mit Themen wie Neuregelung für Minijobs und Gleitzone, „Fit für die Prüfung“ (ein Angebot für Auszubildende) oder Beschäftigung von Studenten und Praktikanten fortgesetzt. Zusätzlich testet Kettlitz ein weiteres Modul, das AOK-Online-Praxisforum. Bei dieser Webinar-Variante ist die Teilnehmerzahl auf maximal zehn begrenzt, um mit den Teilnehmern intensiv in den Online-Dialog zu treten und Fragestellungen zu Themen wie „Entsendung von Mitarbeitern“ zu diskutieren.

Auch die Erfahrungen der Erlanger COI Consulting für Office und Information Management GmbH fallen in Sachen Webinar positiv aus. Das Unternehmen bietet technologische Lösungen in den Bereichen Archivierung, Dokumenten- und Workflowmanagement für Mittelstand und Großunternehmen. Seit drei Jahren werden monatlich IT-relevante Fachthemen in 45-minütigen Webinaren aufgegriffen, die sich sowohl an Entscheider als auch an die Anwender im Betrieb richten. „Die Teilnehmerzahlen sind kontinuierlich steigend“, freut sich Martin Wanka, der bei COI das Marketing leitet.

Die im Durchschnitt 20 Teilnehmer erhalten zunächst einen zehnminütigen Folienvortrag und können dann live am System die Arbeitsschritte nachvollziehen. Anwenderfragen der Teilnehmer werden in der Regel direkt aufgegriffen und beantwortet. Ziel von COI ist es, auf einem für Nutzer und Anbieter zeit- und kostengünstigen Weg Wissen zu vermitteln und Lösungen anzubieten. „Die Teilnehmer sitzen ganz entspannt am Arbeitsplatz“, erklärt Wanka. Zudem werde das Webinar als Vertriebsinstrument eingesetzt, was den persönlichen Besuch bei den potenziellen Kunden aber nur unterstützen könne. Außerdem werde die Form des Webinars von Mitarbeitern des COI-Supports genutzt, um mit Anwendern individuelle Software-Anpassungen durchzugehen und zu prüfen. COI plant zudem, eine Art „Webinar on Demand“ einzuführen. Besuchern der Homepage, die länger auf den Informationen zu einem bestimmten Thema verweilen, soll dann ein automatisiertes Feedback mit Einladung zu einem Kurz-Webinar angeboten werden.

Verbundprojekt in der Metropolregion

„Das Webinar ist ein gutes Tool, um sich als Anwender bestimmter Themen in kompakter Weise anzunehmen“, heißt es bei der Nürnberger Initiative für die Kommunikationswirtschaft (NIK). Zwar bietet NIK keine eigenen Online-Seminare an, promotet aber im Rahmen des Projektverbundes „E-Business-Lotse Metropolregion Nürnberg“ Veranstaltungen von oder für NIK-Mitglieder. Der Projektverbund aus dem „Kompetenzzentrum für den Elektronischen Geschäftsverkehr in Ober- und Mittelfranken“ (Kegom), der Hochschule Ansbach und der NIK will Unternehmen u.a. praxisnahe Informationen zum Thema E-Business zur Verfügung zu stellen. Beim Angebot von Webinaren registriert NIK seit vergangenem Jahr eine deutliche Zunahme – eine Entwicklung, die für NIK-Geschäftsführer Michael Nordschild nicht von ungefähr kommt: „In schwierigen technischen Umgebungen mit schnellen Updates von Software-Versionen und immer kryptischeren Bedienungsanleitungen sind Webinare eine schnelle Hilfe.“

Zu den weiteren Beispielen aus dem Großraum gehört etwa die Siemens Academy, die für den Bereich Siemens Healthcare u.a. Fortbildungen für Ärzte online anbietet (z.B. zu den Themen HIV-Diagnostik, nicht-invasive Diagnostik der Leberfibrose). Die Nürnberger NCP Engineering GmbH greift in ihren Webinaren etwa den Aspekt VPN, das sichere und eigenständige virtuelle IP-Netz, auf. Die Software-Schmiede Exasol hat ein Online-Seminar mit dem Thema „Optimieren Sie Ihr SAP ERP und BW mit EXASolution“ entwickelt. Aber auch weniger IT-lastige Unternehmen haben das Potenzial von Webinaren erkannt: Die Erlanger Davero Akademie ist mit der dreiteiligen Seminarreihe „Mit Wertschätzung mehr verkaufen“ im Netz, das von einer Personalentwicklerin moderiert wird und sich an Vertriebsmitarbeiter und deren Führungskräfte richtet.

Webinare können eine „Supersache“ sein, findet auch Jochen Raschke, Leiter der IHK Akademie Mittelfranken. Der neue IHK-Zertifikatslehrgang „CSR-Manager“ (Corporate Social Responsibility), der von Nürnberg aus für die DIHK-Gesellschaft für berufliche Bildung entwickelt wurde, löste auch international positive Resonanz aus. Um über Inhalt und Ablauf zu informieren, wurden Auslandshandelskammern (AHKs) zum Webinar eingeladen. Anders wäre eine kompakte Information bei den räumlichen Distanzen gar nicht möglich gewesen. Der Weg zum CSR-Manager führt dagegen nur über reine Präsenzlehrgänge. Zwar sieht Raschke als Ergänzung durchaus die Möglichkeit, bestimmte Fragen der Unternehmensverantwortung im Online-Selbststudium zu vertiefen. Ein zentraler Aspekt beim Lehrgang sei aber der Austausch der Teilnehmer untereinander, dies sei über ein Webinar nicht optimal zu leisten.

Über die bundesweite Internet-Plattform „IHK@hoc“ sind die beiden teilnehmerstarken Qualifizierungen zum Wirtschaftsfachwirt und Industriemeister Metall als Versuchsmodell mit Online-Modulen hinterlegt. Die Online-Weiterbildung verlangt aber ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Raschke sieht in Online-Modulen und Webinaren eine sinnvolle Ergänzung, legt aber gerade bei länger dauernden Lehrgängen Wert auf die Kombination aus Präsenzunterricht, Online und Webinaren. Entsprechend will er erst einmal weitere Erfahrungen sammeln und auswerten, bevor die IHK Akademie Mittelfranken in größerem Rahmen auf den Webinar-Trend aufspringt.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2013, Seite 28

 
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