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Duale Berufsausbildung

Deutscher Exportschlager

Weltweit wollen immer mehr Länder Elemente des deutschen Ausbildungsmodells übernehmen.

Das Interesse am Modell der dualen Berufsausbildung ist so groß wie nie.“ Zu dieser Einschätzung gelangt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung. Bundesaußenminister Guido Westerwelle lobt das deutsche System der beruflichen Bildung als „echten Exportschlager Made in Germany“. Charakteristisch für das duale System ist die enge Verzahnung der theoretischen Lerninhalte in den Berufsschulen mit der praktischen Ausbildung im Unternehmen. Diese Kombination hat sich für den reibungsarmen Übergang vom Schülerdasein in das Arbeitsleben als Erfolgsmodell erwiesen. 

Deshalb ist das Modell für zahlreiche Länder in Europa interessant, die angesichts der dramatischen Beschäftigungssituation unter Reformdruck stehen: Die Jugendarbeitslosigkeit lag 2012 in Griechenland und Spanien bei über 50 Prozent, in Portugal bei knapp 38 und in Italien bei 35 Prozent. Im Durchschnitt der 27 EU-Staaten betrug die Arbeitslosenquote in der Altersgruppe der 15- bis 25-Jährigen 23 Prozent, während Deutschland mit acht Prozent sehr gut abgeschnitten hat. Um gegen die Perspektivlosigkeit einer ganzen Generation anzukämpfen, wurde im Dezember 2012 die Europäische Ausbildungsallianz gegründet: Portugal, Spanien, Griechenland, Italien, die Slowakei und Lettland wollen bei der Reform ihrer Ausbildungssysteme künftig eng mit Deutschland zusammenarbeiten.

Kooperation der IHK-Organisationen

Die Kammern der beteiligten Länder wollen zum Gelingen der Europäischen Ausbildungsallianz einen wesentlichen Beitrag leisten. So hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag Kooperationsvereinbarungen mit seinen Partnerorganisationen Unioncamere (Italien) und Consejo de Cámeras (Spanien) getroffen. Dazu gehören Austausch, Seminare oder die Unterstützung regionaler Berufsbildungsnetzwerke in den Partnerländern.

Mit einer Exportquote von über 50 Prozent ist die Metropolregion Nürnberg stark international ausgerichtet. Vor diesem Hintergrund engagieren sich hier ansässige Unternehmen und die IHK Nürnberg für Mittelfranken in zahlreichen Kooperationen, die die Einführung und den Ausbau des dualen Systems in Europa, Südamerika und Asien fördern sollen. Einige aktuelle Beispiele:

Ausbildung von Verfahrensmechanikern bei EuWe Eugen Wexler in Mexiko: Die mexikanische Regierung setzt bei der Modernisierung der Berufsbildung auf die Zusammenarbeit mit deutschen Partnern. So kooperiert das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) seit 2009 mit Conalep (Nationales System für Technische Berufsausbildung; Colegio Nacional de Educación Profesional Técnica). Zum Erfolg dieses Projekts trägt die EuWe Eugen Wexler GmbH & Co. KG bei. Der Automobilzulieferer mit Stammsitz in Lauf bildet im zentralmexikanischen Bundesstaat Tlaxcala bereits seit einigen Jahren nach dem dualen System aus. Derzeit absolvieren zehn Mexikaner eine Lehre als Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik im EuWe-Werk in Tetla. Den theoretischen Unterricht übernimmt Conalep sowie eine eigens eingerichtete Berufsschule (Altratec).

IHK-Abschluss am „Gedee Technical Training Institute (GTTI)“ in Indien: Beim Aufbau des dualen Systems in Indien ist das „Gedee Technical Training Institute (GTTI)“ in Combiatore ein Modellprojekt mit überregionaler Strahlkraft. Die Einrichtung in der Millionenstadt im Bundesstaat Tamil Nadu bietet eine Ausbildung zum Industriemechaniker, Mechatroniker und Werkzeugmechaniker nach deutschem Standard. Bereits seit 2007 erhält das GTTI dabei Unterstützung von der GDW Werkzeugmaschinen GmbH aus Herzogenaurach und der IHK Nürnberg.

Pilotprojekt in Vietnam: Die Spezialisten des IHK-Geschäftsbereichs Berufsbildung bringen ihre langjährigen Erfahrungen derzeit auch in Vietnam ein. Eine Reform der Berufsbildung ist erklärtes Ziel der vietnamesischen Regierung, die bei diesem Vorhaben Deutschland als „mit Abstand wichtigsten Partner“ betrachtet. Vor diesem Hintergrund haben der Vizepremier Vietnams, Nguyen Thien Nhan, und die German Business Association mit Unterstützung der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Vietnam (AHK) und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ein Programm gestartet, das Ausbildungsphasen in Berufsbildungseinrichtungen und im Arbeitsprozess der Unternehmen kombiniert. Mit einer zusätzlichen Prüfung sollen vietnamesische Azubis ein Abschlusszertifikat erlangen, das den IHK-Standards in Deutschland entspricht. Als sogenannte Betreuungskammer unterstützt die IHK dieses Pilotprojekt, etwa bei der Gestaltung von Ausbildungs- und Prüfungsordnungen. „Das ist für uns eine unschätzbare Hilfe“, betont Peter Kompalla, der als stellvertretender Geschäftsführer des Delegiertenbüros das Ausbildungsprogramm vor Ort betreut. 30 junge Vietnamesen beginnen im Oktober bei Bosch ihre Lehre als Industriemechaniker. Die Bosch-Gruppe baut in ihrem Werk in Dong Nai eine Lehrwerkstatt auf, um den Fachkräftenachwuchs nach dem dualen System zu qualifizieren. Wie Kompalla berichtet, haben weitere deutsche Unternehmen ihre Bereitschaft signalisiert, in ihren vietnamesischen Produktionsstätten oder bei ihren Zulieferern Elemente der dualen Berufsbildung zu übernehmen. „Das Interesse an dem Pilotprojekt ist sehr groß, sowohl auf deutscher als auch auf vietnamesischer Seite“, so Kompalla.

Kooperation mit Berufsschulen in Peking: Seit Herbst 2011 engagiert sich die IHK bei einem Projekt in der chinesischen Hauptstadt. Dort werden in den fünf Berufen Fachkraft für Lagerlogistik, Technischer Zeichner, Mechatroniker, Zerspanungsmechaniker und Kfz-Mechatroniker Ausbildungen nach deutschem Standard eingeführt. An diesem Pilotprojekt sind neben der IHK das Bildungszentrum der Stadt Peking, das „Institute for Further and Continuing Education“ der Technischen Universität Dresden sowie mehrere chinesische Berufsschulen („Vocational Colleges“) beteiligt. Der erste Azubi-Jahrgang absolviert im Sommer die Abschlussprüfungen. Die Nürnberger IHK hatte wesentlichen Anteil am Aufbau des Prüfungswesens, da die Prüfer in der Region Nürnberg geschult wurden. Eine wichtige Rolle spielt die Kammer auch bei der Weiterbildung chinesischer Wirtschaftspädagogen: Direktoren und Lehrer der Berufsschulen erhalten in Franken Einblick in die Praxis der dualen Ausbildung.

Autor/in: 
aw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2013, Seite 32

 
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