Telefon: +49 911 1335-1335

Familienunternehmen

Der Erfolg liegt in den Genen

Familienunternehmen spielen eine tragende Rolle in der deutschen Wirtschaft. Welche Strategien machen sie erfolgreich?

Familienunternehmen gelten als solide und vielleicht einen Tick beschaulicher als Unternehmen mit anderen Eigentumsverhältnissen. Sie lassen sich nach landläufiger Meinung weniger von Aktionären und Quartalsberichten treiben, sondern folgen beharrlich langfristige Strategien.

Die Stiftung Familienunternehmen hat die 500 größten Familienunternehmen in Deutschland analysiert und dabei auch zahlreiche Firmen im Großraum unter die Lupe genommen. Darunter sind unter anderem INA Schaeffler aus Herzogenaurach, Dorfner, Hofmann, Leistritz, Wöhrl, Rödl, Kattenbeck und der Verlag Nürnberger Presse aus Nürnberg, Norma, Uvex und Kurz aus Fürth, Playmobil aus Zirndorf und Schwan-Stabilo aus Heroldsberg.

Laut Stiftung beschäftigen die 500 größten deutschen Familienunternehmen weltweit rund 4,5 Mio. Personen. In den vergangenen Jahren haben sie deutlich mehr Arbeitsplätze geschaffen, als die im Deutschen Aktienindex gelisteten Unternehmen (ohne die vier Familienunternehmen Beiersdorf, Henkel, Metro und Merck).

Im Geschäftsjahr 2010 erwirtschafteten die Top 500 Familienunternehmen weltweit einen Umsatz von fast 900 Mrd. Euro. Allerdings sind diese Umsätze ungleich verteilt: Mehr als drei Viertel aller Familienunternehmen haben einen Umsatz von weniger als einer Mio. Euro. In Deutschland finden sich im Vergleich zu vielen anderen Industrienationen auffallend viele sehr große Familienunternehmen: Jeder dritte Betrieb mit mehr als 50 Mio. Euro Umsatz ist ein Familienunternehmen, mehr als 155 Firmen sind sogar „Umsatz-Milliardäre“.

Das Wittener Institut für Familienunternehmen hat im Herbst 2013 in Kooperation mit PricewaterhouseCoopers (PwC) und der INTES Akademie für Familienunternehmen die Wachstumsstrategien von Familienunternehmen untersucht. Die Studie „Wachstumsmuster und Internationalisierung deutscher Familienunternehmen und Unternehmerfamilien“ konstatiert, dass deutsche Familienunternehmen gestärkt aus der Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre hervorgegangen sind. Demnach konnten drei Viertel der befragten Familienunternehmen ihre Umsätze in den letzten fünf Jahren steigern, ein Viertel sogar stark. Darüber hinaus legten sie auch bei Beschäftigung und Vermögensbestand zu. Sie verfügen oftmals über eine sehr hohe Eigenkapitalquote. „Häufig liegt die Quote bei über 60 Prozent“, weiß Marco See, der verantwortliche PwC-Ansprechpartner am Standort Nürnberg. Vier von fünf Befragten Unternehmen sind im Ausland aktiv, gut die Hälfte der Unternehmen sogar in mehr als 20 Ländern.

Mit Mut in neue Märkte

Diese bundesweiten Zahlen gelten laut See auch für den Großraum: „In Nordbayern und insbesondere Nürnberg gibt es viele große Familienunternehmen, die bereits in der ersten Generation den Gang ins Ausland gewagt haben.“ Das Unternehmensalter bei den ersten Internationalisierungsaktivitäten gilt der Studie zufolge als guter Indikator für das spätere Wachstum in internationalen Märkten.

Der Schritt ins Ausland hängt vielfach von der Eigentümerstruktur von Familienunternehmen ab: Der Einfluss etwa über die Geschäftsführung gilt als ein zentraler Faktor für das Unternehmenswachstum, denn dort wird über den strategischen und operativen Kurs entschieden. PwC identifiziert als Wachstumsmuster bei fast jedem fünften Familienunternehmen eine „universelle Wachstumsstrategie“. Sie besteht aus einem Mix aus organischem und anorganischem Wachstum (also durch Zukauf oder Beteiligung) sowohl in nationalen als auch internationalen Märkten. Unternehmen, die auf diesen grenzüberschreitenden Wachstums-Mix setzen, sind erfolgreicher als alle anderen befragten Familienunternehmen. Mehr als jede zweite Firma in Familienhand strebt eine Mischung aus organischem und anorganischem Wachstum zumindest im Ausland an. Der Rest der Firmen setzt entweder auf organisches und anorganisches Wachstum im Inland oder versucht, sowohl im In- als auch im Ausland ausschließlich organisch zu wachsen. Lediglich ein Viertel der Unternehmen beschränkt sich auf rein organisches Wachstum im Inland.

Knapp jedes dritte Familienunternehmen erzielte 2012 mehr als 60 Prozent seiner Erlöse im Ausland, im Jahr 2011 traf dies erst auf knapp jedes vierte Unternehmen zu. Mehr als die Hälfte der befragten Firmen mit Auslandserfahrungen war sogar in mehr als 20 Ländern aktiv. Bevorzugte Märkte sind Zentral- und Westeuropa, gefolgt von Ost- und Südeuropa. Zwei Drittel der international aktiven Firmen waren in China präsent, sogar etwas mehr als in Nordamerika.

Erfolgreich im Ausland

Hinter der internationalen Wachstumsstrategie sieht See ein langfristiges Engagement. Wer ohne Erfahrung und interkulturelle Kompetenz kurz-fristig auf anderen Kontinenten durchstarten will, sei zum Scheitern verurteilt: „Kultur frisst Strategie zum Frühstück.“ Allerdings registriert See beim Familiennachwuchs einen Wandel: Viele Vertreter der dritten Generation von Familienunternehmen „bringen internationale Erfahrung mit und überraschen mit Leidenschaft, neuen Ideen und Visionen.“

Konzentration mit Vor- und Nachteilen

Eine hohe Eigentumskonzentration in den Händen weniger Familienmitglieder kann laut Studie situationsabhängig das Unternehmenswachstum gleichermaßen fördern oder behindern. Ein positiver Effekt kann in klaren Hierarchien und schnellen Entscheidungsprozessen liegen: Wachstumsstrategien lassen sich so schneller entwickeln und umsetzen. Andererseits besteht jedoch auch die Gefahr einer Fokussierung auf ehemals erfolgreiche, aber überholte Strategien, sowie Perspektivlosigkeit hinsichtlich strategischer Prozesse. Da um Führungspositionen kein Wettbewerb herrscht, kann es außerdem zu Fehlbesetzungen oder strategischer Stagnation kommen. Ein Ergebnis der Studie: je größer die Geschäftsanteile der geschäftsführenden Gesellschafter sind, desto langsamer wachsen die Familienunternehmen. Ob und in welcher Form diese Ergebnisse über längere Zeiträume von mehr als zehn Jahren als stabile Erfolgsmuster anzusehen sind, lasse sich allerdings nur über zukünftige Langzeit-Datenvergleiche verifizieren.

Probleme mit Innovationen

Ebenfalls von der Forschung wenig beleuchtet ist das Thema Innovation in Familienunternehmen. Darauf weist Prof. Dr. Reinhard Prügl vom Lehrstuhl für Innovation, Technologie & Entrepreneurship des Uni-Instituts für Familienunternehmen (FIF) hin. Er fürchtet, dass die als „verschwiegen“ geltenden, traditionellen Familienunternehmen häufig Schwierigkeiten haben, gezielt Kooperationen anzubahnen und ihren Innovationsprozess nach außen zu öffnen. Angesichts kürzerer Produktlebenszyklen und steigender Entwicklungskosten sollten Familienunternehmen zum einen die Wachstumsstrategie auf technologische Kompetenzen in neuen Märkten fokussieren, zum anderen auf das Ziel der Innovations- und Technologieführerschaft in einem Kernmarkt.

Auch bei innovativen Geschäftsmodellen hinken Familienunternehmen laut Prügl noch hinterher. Diese Diskrepanz erklärt er dadurch, dass bis heute kaum Richtlinien und Methoden existieren, die es ermöglichen, Geschäftsmodelle im Kontext von Familienunternehmen systematisch zu entwickeln. „Empirische Forschung ist hier wünschenswert und von nicht zu unterschätzender Bedeutung.“

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2014, Seite 14

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick