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Datev

Der IT-Leitwolf

Prof. Dieter Kempf fühlt sich als Datev-Vorstandsvorsitzender den Interessen von über 40 000 Genossen verpflichtet und führt als Präsident des Bitkom die deutsche IT-Wirtschaft.

Es ist schon a bisserl putzig“, oder „Wenn Sie mich fragen, hat der Gesetzgeber diesen Fall völlig vergessen.“ So klingt es, wenn Prof. Dieter Kempf bei der Jahrespressekonferenz der Datev eG über aktuelle Gesetzesänderungen spricht. In diesem Fall waren es die Änderungen bei der Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer, die die unverblümte Kritik des Vorstandsvorsitzenden der Datev eG und des IT-Branchenverbandes Bitkom e.V. herausforderte. Kempf politisiert gern, auch vor seiner Zeit beim Bitkom, dem er seit 2011 vorsteht, kommentierte er schon freimütig und regelmäßig kritikwürdige Akte der Finanzverwaltung oder der jeweiligen Bundesregierungen.

Diese Lust auf das offene Wort unterscheidet Kempf von anderen in ähnlicher Position und spiegelt sein politisches Bewusstsein in geschäftlichen Entscheidungen wider. Als IT-Dienstleister stehe man immer vor der schwierigen Frage, ob man jedes  Gesetzesvorhaben gleich mitmacht, lieber abwartet oder sich gar verweigert, erklärt er. Gelegentlich würden Vorwürfe an die Genossenschaft herangetragen. Sie mache unsinnige Regelungen erst dadurch möglich, dass sie sie technisch so bereitwillig umsetze. Genau hier aber verläuft für Kempf der Grad zwischen legitimer – und selbstverständlich erforderlicher – politischer Einflussnahme und Missbrauch der Stellung, die man als IT-Dienstleister in einer sich immer stärker digitalisierenden Gesellschaft inne habe. „So schön ziviler Ungehorsam ist, er ist nicht delegierbar“, so Kempf.

Nummer vier in Deutschland

Im deutschen IT-Markt rangiert die Datev nach Microsoft, SAP und Oracle auf dem vierten Platz und steigert seit Jahren ihre Umsätze deutlich stärker als der Durchschnitt der Branche: Im Geschäftsjahr 2013 wuchs die Genossenschaft trotz schwächerer Marktentwicklung noch kräftiger als im Vorjahr.

Mit einem Umsatzplus von 5,7 Prozent (Vorjahr 3,9 Prozent) übertraf die Datev erneut deutlich das Wachstum der IT-Branche (1,5 Prozent) sowie der deutschen Gesamtwirtschaft (0,4 Prozent) und übersprang mit einem Umsatzvolumen von 803 Mio. Euro (Vorjahr 760 Mio. Euro) erstmals die Marke von 800 Mio. Euro. Auch im ersten Halbjahr 2014 ist das Unternehmen kräftig gewachsen. So konnte die Genossenschaft in den ersten sechs Monaten ihren Umsatz auf 423,7 Mio. Euro steigern. Dies entspricht einem Plus von 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Neues Entwicklungszentrum

Im Jahresverlauf 2013 hat die Datev außerdem 195 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und beschäftigte zum Jahresende 6 600 Mitarbeiter. Im Frühjahr 2015 werden 1 800 von ihnen planmäßig in das neue Software-Entwicklungszentrum in der Fürther Straße in Nürnberg einziehen, von dem inzwischen der Rohbau fertig gestellt ist. Auch die Zahl der Mitglieder ist im abgelaufenen Geschäftsjahr erneut gestiegen: Sie lag zum Jahreswechsel bei 40 300; die meisten von ihnen sind Steuerberater, aber auch Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte gehören der Genossenschaft an.

Der Umbruch, den diese Berufsgruppen durch die Digitalisierung gerade erleben, wird durch die politische Perspektive nicht unbedingt kleiner. Denn nicht selten gehen mit der Notwendigkeit, Vorschriften an neue Prozesse anzupassen, stillschweigend Verschärfungen einher, wie etwa im Falle der „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD). Lautlos finden klammheimliche Verschärfungen aber immer nur so lange Eingang in Gesetzesentwürfe, bis Dieter Kempf das Wort ergreift. „Aus dem jetzigen Entwurf sind zwar die größten Ungereimtheiten raus, aber Zufriedenheit sieht anders aus.“

20 Jahre elektronische Datenübermittlung

Wann der ehemalige Wirtschaftsprüfer tatsächlich mit der Politik zufrieden wäre, ist die Frage. Zumindest auf die technische und wirtschaftliche Entwicklung seines Hauses dürfte er mit Wohlwollen zurückblicken. Denn vor genau 20 Jahren wurde – zunächst nur in Bayern – die rechtliche Freigabe erteilt, Daten der Steuererklärung elektronisch an die Finanzbehörden zu übermitteln. Nach diesem Startschuss für ein Pilotprojekt der Datev wurde im Mai 1995 dieses Vorgehen für alle Finanzämter in Bayern freigegeben. Diese von Datev entwickelte EDÜ (Elektronische Datenübermittlung) jährt sich 2014 zum 20. Mal. In diesen zwei Jahrzehnten ist viel passiert: So wurden im Jahr 2013 über das Datev-Rechenzentrum über 21,4 Mio. Datensätze an die Finanzbehörden übermittelt.

Etliche, die diese Entwicklungen ebenfalls begleitet und befördert haben, sind inzwischen aus dem Vorstandsgremium ausgeschieden. So wurde zum 1. Juli 2014 Dr. Peter Krug in den Vorstand berufen, der nun die Ressorts Entwicklung und Lösungen für die Wirtschaftsprüfung verantwortet. Bereits 2011 war Dr. Robert Mayr in den Vorstand aufgenommen worden, der mit Wirkung zum 1. Januar 2014 zusätzlich zu seinem bisherigen Ressort Produktion die Verantwortung für die Bereiche Finanzen und Einkauf von Michael Leistenschneider übernommen hat.

Autor/in: 

ab.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2014, Seite 64

 
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