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Erbschaftssteuer: Was ändert sich nach dem Urteil vom Dezember?

Das aktuelle Erbschaftssteuerrecht ist in Teilen verfassungswidrig, so das Bundesverfassungsgericht.

Das Bundesverfassungsgericht hat grundsätzlich bestätigt, dass Betriebsvermögen von der Erbschaftssteuer verschont werden darf, um den Fortbestand von Unternehmen und Arbeitsplätzen zu sichern. Die Richter kritisieren jedoch Regelungen, die eine zu weitreichende Steuerbefreiung ermöglichen. Nicht beanstandet haben sie die zentralen Voraussetzungen, unter denen das Betriebsvermögen kleiner und mittlerer Unternehmen von der Erbschaftssteuer verschont werden kann: Derzeit müssen die Betriebe die Arbeitsplätze – je nach steuerlicher Gestaltung – für fünf bzw. sieben Jahre halten und über diese Jahre eine bestimmte Mindestlohnsumme aufrecht erhalten (sogenannte Lohnsummenregelung). Diese Lohnsummen werden von der Finanzverwaltung als Indikator für den Erhalt von Arbeitsplätzen verwendet.

In ihrem Urteil vom 17. Dezember 2014 machen die Richter dem Gesetzgeber eine Reihe von Auflagen, um eine Ungleichbehandlung zwischen vererbten Betriebsvermögen und anderen Vermögen zu vermeiden. Insbesondere folgende Punkte des geltenden Rechts wurden vom Gericht beanstandet:

  • Nicht verfassungskonform ist die Regelung, Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern generell von der Lohnsummenregelung auszunehmen. Dies sei zu unpräzise und ermögliche es zu vielen Unternehmen, die Verschonung auf einfache Weise in Anspruch zu nehmen. Die pauschale Freistellung müsse auf Betriebe mit einigen wenigen Beschäftigten begrenzt werden.
  • Als zu pauschal bezeichneten die Richter auch die Regelungen zum Verwaltungsvermögen (u.a. Wertpapiere, Anteile an Unternehmen unter 25 Prozent, Forderungen, liquide Mittel sowie an Dritte überlassene und betrieblich nicht genutzte Grundstücke). Bislang hätten die Unternehmen zu weitreichende Möglichkeiten, privates Kapitalvermögen zu Betriebsvermögen zu machen und es dadurch der Erbschaftssteuer zu entziehen.
  • Bei größeren Unternehmen fordern die Richter zusätzlich eine „Bedürfnisprüfung“. Sie müssen also genau nachweisen, dass die steuerliche Verschonung dringend nötig ist, um den Fortbestand von Unternehmen und Arbeitsplätzen zu sichern.

Die Richter machen dem Gesetzgeber keine Vorgaben, wie die Bedürfnisprüfung konkret vonstatten gehen soll. Auch die Kriterien für die Abgrenzung zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bzw. großen Unternehmen müsse dieser festlegen. Die geltende europäische KMU-Regelung halten die Richter für angemessen (unter 250 Arbeitnehmer und Jahresumsatz bis 50 Mio. Euro oder Jahresbilanzsumme von 43 Mio. Euro).

Das aktuelle Recht gilt noch bis zum 30. Juni 2016 weiter, jedoch genießen die Unternehmen keinen Vertrauensschutz mehr. Das bedeutet: Die vom Gericht geforderten Neuregelungen können vom Gesetzgeber auch rückwirkend bis zur Urteilsverkündung am 17. Dezember 2014 verschärft werden.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) appellierte an den Gesetzgeber, möglichst schnell für eine rechtssichere Lösung zu sorgen. Angesichts der zahlreichen Detailfragen, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben hat, müssten möglichst unbürokratische Regelungen gefunden werden, die sowohl für die Betriebe als auch für die Finanzverwaltung durchführbar seien. DIHK-Präsident Dr. Eric Schweitzer erinnerte in diesem Zusammenhang an die Zusage der Bundesregierung im Koalitionsvertrag, dass die Unternehmensnachfolge auch künftig nicht durch die Erbschaftssteuer gefährdet werde.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2015, Seite 26

 
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