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Allgemeine Geschäftsbedingungen

Spielräume nutzen

Fußball Dribbling Ball © 8213erika - Thinkstock Photos

Mit individuellen AGB können Unternehmen den gesetzlich vorgesehenen Freiraum für sich nutzen. Allerdings ist die Formulierung anspruchsvoll.

13 Monate nach dem Kauf bricht die Sitzfläche des Biedermeier-Stuhls durch. Der aufgebrachte Kunde verlangt eine Reparatur durch den Antiquitätenhändler, bei dem er den Stuhl online bestellt hatte. Da sich der Händler hauptsächlich um sein Ladengeschäft kümmert, hat er seinen Online-Shop bislang ohne Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) betrieben. Nun kommt der Händler nicht darum herum, dem Kunden im Rahmen der Gewährleistung den Schaden zu beheben. Hätte sein Online-Shop über die AGB informiert, hätte er dort die Gewährleistung bei Gebrauchtwaren von regulär 24 auf zwölf Monate verkürzen können. Dann wäre er in diesem Fall nicht zu einer Nachbesserung verpflichtet gewesen.

Dabei hätte ihm noch Schlimmeres passieren können: Ohne Widerrufsbelehrung hätte ein Kunde den Kauf auch noch nach vielen Monaten widerrufen können, anstatt nur binnen 14 Tagen. Oder aber ein Wettbewerber mahnt ihn ab, weil er bestimmten gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten in seinem Online-Shop nicht nachgekommen ist.

Es gibt keine grundsätzliche Pflicht, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu formulieren. Jedoch ist es dringend zu empfehlen, die Kunden über wichtige Aspekte wie Widerrufsbelehrung und andere Pflichtangaben zu informieren – eine Funktion, die AGB sehr gut erfüllen können. Außerdem kann ein Gewerbetreibender nur über AGB den rechtlichen Rahmen zu seinen Gunsten ausschöpfen, wie beim Beispiel mit der Verkürzung der Gewährleistung ersichtlich ist. Unbegründet ist deshalb der schlechte Ruf des „Kleingedruckten“, der vor allem daher rührt, dass einige Unternehmer versuchen, mit ihnen zu tricksen. Geht man allerdings offensiv und transparent mit seinen Geschäftsbedingungen um, ist das auch ein Zeichen von Seriosität. Dem Kunden wird deutlich gemacht, zu welchen Bedingungen er einkauft. Damit steigt die Chance, dass er sich wieder für das Unternehmen entscheidet.

Die gesetzlichen Regelungen zu den AGB und deren inhaltliche Kontrolle finden sich in den §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das frühere AGB-Gesetz wurde in das BGB überführt und angepasst. Hier ist geregelt, was AGB sind, wie man sie anwendet und wie vor allem nicht. Außerdem wird die sogenannte Inhaltskontrolle geregelt – also das Verfahren, wenn Gerichte die Wirksamkeit von AGBs beurteilen müssen, was im Wirtschaftsleben vielfach der Fall ist.

Geltungsbereich

AGB gelten grundsätzlich nur für die vertragsschließenden Parteien. Sie entfalten in aller Regel keine Wirkung gegenüber Dritten, die nicht am Vertragsschluss beteiligt sind. Denn eine außenstehende Person kann ja nicht die notwendige Kenntnis vom Inhalt haben und seine Zustimmung erteilt haben. Der Vertrag kann allerdings mittelbar eine Wirkung auf Dritte haben, etwa bei einem Eigentumsvorbehalt.

Die AGB werden Teil eines Vertrages, wenn auf sie durch einen ausdrücklichen Hinweis oder einen deutlich sichtbaren Aushang aufmerksam gemacht wird und wenn der Andere die Möglichkeit hat, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Außerdem muss der Geschäftspartner durch seine Unterschrift unter dem Vertrag der Geltung der AGB zustimmen. Im Ladengeschäft wird am besten durch einen Aushang am Eingang oder an der Kasse auf die AGB hingewiesen, im Internet hat sich der Klick auf eine Check-Box mit dem Hinweis der Zustimmung zu den AGB nebst Link zum Text durchgesetzt. Andere Unternehmen können ihre AGB zusammen mit dem Angebot übermitteln und dem Kunden dadurch zur Kenntnis bringen. Kuriose, überraschende und sonst besonders ungewöhnliche Klauseln, mit denen der Vertragspartner nicht zu rechnen braucht, werden nach § 305c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aber gar nicht erst Teil des Vertrages. Dieser Paragraph gilt vor allem für Abo-Fallen, die im Fließtext versteckt sind.

"Todsünden" in AGB

Der § 309 BGB zeigt deutlich auf, was man auf keinen Fall in AGB schreiben sollte. Dazu zählen Vertragsstrafen wegen Zahlungsverzug, ein Haftungsausschluss für grob fahrlässiges Verhalten, ein Ausschluss der Sachmängelhaftung oder eine Mindestvertragslaufzeit von über zwei Jahren. In der Praxis kann man solche unwirksame AGB-Klauseln jedoch durchaus finden. Häufig liegt das daran, dass die AGB von veralteten Mustern aus dem Internet abgeschrieben oder von anwaltlich nicht geprüften Generatoren ausgespuckt wurden. Um solche Todsünden zu vermeiden, sollte man bei der Wahl von AGB-Mustern auf Quellen zurückgreifen, die von Anwälten überwacht werden, oder sich besser direkt durch einen Rechtsanwalt beraten lassen.

Folgen von unwirksamen AGB

Um die Verbraucher zu schützen, sind die gesetzlichen Regelungen für AGB-Klauseln, die gegen die §§ 307-309 BGB verstoßen, sehr streng: Jeder Verstoß hat die Unwirksamkeit der jeweiligen Klausel zur Folge. Die Rechtsfolge einer oder mehrerer unwirksamer Klauseln wird in § 306 BGB geregelt: Die fehlerhafte Klausel der AGB wird durch die gesetzliche Vorgabe ersetzt, der restliche Vertrag bzw. die restlichen AGB bleiben jedoch wirksam. Damit wird zwar der Vertrag als Ganzes gerettet, verloren geht aber natürlich der Vorteil, den man sich von der AGB-Regelung, die vom Gesetz abweicht, erhofft hat. Sollte die unwirksame Klausel allerdings das Kernstück des Vertrages betreffen, so wird in Einzelfällen tatsächlich auch einmal der ganze Vertrag unwirksam.

Man könnte sich nun fragen, wozu AGB überhaupt gebraucht werden, wenn ohne sie sowieso die gesetzliche Regelung gilt. Das Gesetz sieht allerdings gerade im Vertragsrecht vielfache Spielräume vor, insbesondere in Bezug auf Fristen, Rechte und Pflichten. Sie lassen sich am besten durch AGB nutzen. Ohne AGB verzichtet man möglicherweise auf einen wirtschaftlichen Vorteil, der im Gesetz angelegt ist. Natürlich müssen die AGB dafür an den eigenen Betrieb anpasst werden. Rechtssichere und kostengünstige Ansätze hierfür bieten gute Online-Lösungen wie z.B. AGB-Generatoren, die man gemeinsam mit einem Anwalt für das jeweilige Unternehmen individualisieren sollte.

Wer einen Online-Shop betreibt, muss aufgrund der zusätzlichen Regelungen zum Fernabsatzgeschäft eine ganze Fülle an Stolpersteinen aus dem Weg räumen. Auch hier helfen AGB in besonderem Maße, den Überblick zu behalten und allen rechtlichen Anforderungen nachzukommen. Denn in den AGB kann der Online-Händler fast sämtliche Informationspflichten gemäß dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) erfüllen und gleichzeitig die Widerrufsbelehrung aufnehmen, damit keine verlängerten Widerrufsfristen entstehen. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass die AGB wirksam erstellt sind und dem Vertragspartner frühzeitig zur Kenntnis gelangen. Durch die Gesetzesänderung für Online-Geschäfte im Verbraucherrecht, die am 13. Juni 2014 in Kraft getreten ist, haben die Informationspflichten an Umfang enorm zugenommen. Gerade Online-Händler sollten daher auf aktuelle AGB Wert legen, um kostspielige Abmahnungen der Konkurrenz und der Verbraucherzentralen zu vermeiden.

Autor/in: 

Rechtsanwalt Hannes Hörber ist Justitiar bei der Deutschen Anwaltshotline AG in Nürnberg (hannes.hoerber@deutsche-anwaltshotline.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2015, Seite 18

 
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