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Archäologische Funde

Nürnberg wird älter

Archäologische Funde - Bild 4107 © IHK Nürnberg / Kurt Fuchs

Tiefschürfende Arbeiten: Archäologen legen in der Baugrube schichtweise Funde aus der Nürnberger Stadtgeschichte frei.

Sensationsfunde auf der IHK-Baustelle: Tonscherben und Fußböden lassen darauf schließen, dass Nürnberg bereits um 850 besiedelt war.

Nürnberg war rund 100 Jahre früher besiedelt als bisher bekannt. Das zeigen eindeutig Funde, die bei den archäologischen Grabungen auf der Baustelle für das „Haus der Wirtschaft“ am Hauptmarkt entdeckt wurden. In der nahen Weißgerbergasse, Irrerstraße und Tetzelgasse waren schon vor einigen Jahren Siedlungsreste aus dem 10. Jahrhundert, also etliche Jahrzehnte vor der urkundlichen Ersterwähnung Nürnbergs, freigelegt worden. Doch die aktuellen Funde auf der IHK-Baustelle (u.a. Hausfußböden, Keramikscherben und Tierknochen) lassen sich auf die Zeit nach dem Tod Karls des Großen datieren und haben damit selbst Nürnbergs Stadtarchäologen John P. Zeitler und Grabungsleiter Dr. Jan Weinig (ProArch Prospektion und Archäologie GmbH, Ingolstadt) überrascht.

Unter den Kellern der abgebrochenen IHK-Gebäudeteile an der Waaggasse fanden sich Bauspuren älterer Keller aus mehreren Jahrhunderten, die im Boden wie in einer Schichttorte übereinander liegen und von den Archäologen in mühevoller Kleinarbeit ausgegraben und analysiert werden. Die Bauweise der Böden ist den Experten zufolge typisch für die einfachen Wohnhäuser des Früh- und Hochmittelalters, also der Zeit zwischen dem 7. und dem 13. Jahrhundert. Letzte Gewissheit darüber, dass die ältesten Bauspuren auf dem IHK-Gelände aus dem 9. Jahrhundert stammen, lieferten Reste von zerbrochenen Gefäßen, die sich nach Worten von Zeitler für Fachleute wie ein „Poststempel“ lesen lassen. Es handelt sich um Gefäße nach westslawischer Technik und Machart jener Zeit, die oft gelblich gebrannt und mit nur wenigen und schlichten Wellenlinien und Ritzen verziert sind. Sie lassen darauf schließen, dass die Siedler aus Oberfranken kamen, weil dort ähnliche Funde nachweisbar sind.

Mit der Datierung der ersten Nürnberger Besiedlung auf das 9. Jahrhundert ist offensichtlich noch nicht das Ende erreicht. Die Archäologen gehen aufgrund von Bohrungen mittlerweile davon aus, dass sie bei den weiteren archäologischen Arbeiten Erkenntnisse auf eine noch frühere Besiedlung finden werden. Möglicherweise wird Nürnberg dann nochmals um etwa ein Jahrhundert „älter“. Klarheit darüber wird wohl im Frühsommer herrschen, wenn die restlichen Flächen untersucht werden. Dann werden den Archäologen auch mehr Informationen über die Größe der Häuser aus der Nürnberger Frühzeit und die Tätigkeit ihrer Bewohner vorliegen. Für das Bauprojekt „Haus der Wirtschaft“ bedeutet dies, dass die archäologischen Arbeiten noch andauern und mit dem Rohbau wahrscheinlich erst 2016 begonnen werden kann.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2015, Seite 52

 
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