Telefon: +49 911 1335-1335

Unternehmervollmacht

Für den Fall des Falles

Unterschrift © ThinkstockPhotos_ LDProd

Wenn ein Unternehmer zum Betreuungsfall wird, dürfen nicht automatisch die Angehörigen entscheiden. Wie sorgt man richtig vor? Von Domenico Anic und Constantin von Wangenheim

Rund 90 Prozent der Menschen haben keine Vorsorgevollmacht, 85 Prozent keine Patientenverfügung. Bei Handwerkern und Unternehmern sieht das noch düsterer aus: Kaum ein Selbstständiger verfügt über eine Unternehmervollmacht, die regeln würde, wer bei seinem Ausfall entscheiden darf.

Verstirbt der Chef, ist grundsätzlich alles geregelt: Wenn es kein Testament gibt, gilt die gesetzliche Erbfolge. Dann werden verwandte Erben über die Belange des Betriebs entscheiden dürfen. Was aber passiert, wenn der Chef ausfällt und noch lebt? Wenn er ein Betreuungsfall wird und nicht mehr geschäftsfähig ist? Besonders heikel ist das in Handwerksbetrieben und in Ein-Personen-Gesellschaften mit einem Geschäftsführenden Gesellschafter. Wenn keine Vorsorge getroffen wurde, steht alles still. In größeren Gesellschaften ist ein Todesfall meistens über den Gesellschaftervertrag geregelt, an einen Betreuungsfall denkt aber kaum jemand.

Jeder Mensch kann unvermittelt – z.B. durch Krankheit oder Unfall – in die Lage kommen, wichtige Dinge des Lebens nicht mehr eigenverantwortlich regeln zu können. Im Betreuungsfall entscheidet ein anderer über die persönlichen Angelegenheiten. Das betrifft medizinische Maßnahmen ebenso wie Vermögensangelegenheiten oder den geschäftlichen Bereich. Wer führt dann das Geschäft weiter oder vertritt die Angelegenheiten der Gesellschaft? Fällt der Inhaber oder Teilhaber im Betreuungsfall länger oder dauerhaft aus, kann der Fortbestand des Unternehmens akut gefährdet sein – und damit für die finanzielle Sicherheit der Familie und der Mitarbeiter.

Was die meisten nicht wissen: Im Betreuungsfall werden nicht automatisch die Familienangehörigen zu Vertretern – das gilt für den privaten Bereich wie für das Geschäftsleben gleichermaßen. Denn gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch dürfen gültige Rechtsgeschäfte für volljährige Personen nur dann von anderen Personen durchgeführt werden, wenn für sie eine Vollmacht ausgestellt wurde.

Selbstständige, die eine Vorsorgevollmacht erteilt haben, haben schon einen wichtigen Schritt getan. Aber sie sollten auf jeden Fall prüfen, ob in diese Vollmacht auch eine Unternehmervollmacht integriert ist, die den geschäftlichen Bereich abdeckt. Meistens ist dies nicht der Fall, weil üblicherweise Vorlagen verwendet werden, die das Gewerbe nicht berücksichtigen. Wenn dann der Betreuungsfall eintritt, kann der Bevollmächtigte den Vollmachtgeber nur im privaten Bereich vertreten, für das Unternehmen bestellt das Gericht jedoch einen fremden und meist fachfremden Betreuer. Der kümmert sich um alle Belange des Geschäfts, die Familie bleibt außen vor.

Verhindern kann man dies, indem man eine Gesamtvollmacht mit Unternehmervollmacht fertigen lässt. Dies ist allerdings eine komplexe Angelegenheit, bei der es unbedingt zu empfehlen ist, rechtlichen Rat bei Anwälten einzuholen. Zudem sollte man Vollmachten und Verfügungen von einem Anwalt oder Notar fertigen lassen. Juristen empfehlen für Privatpersonen eine Gesamtvollmacht bestehend aus Patientenverfügung, Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht. Für Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer ist neben der Abdeckung des privaten Bereiches eine Unternehmervollmacht notwendig. Eltern minderjähriger Kinder können die Vormundschaft bei beiderseitigem Ausfall über eine Sorgerechtsverfügung regeln.

Ein Unternehmer, der über eine solche Gesamtvollmacht verfügt, darf diese nicht einfach in einer Schublade verschwinden lassen. Vielmehr muss er die Vollmacht sicher hinterlegen und schnell verfügbar machen. Nur so sind die Bevollmächtigten im Ernstfall imstande, rasch zu reagieren und Entscheidungen zu treffen. Außerdem muss er dafür sorgen, dass die Dokumente stets aktuell sind und an neue Lebensumstände angepasst werden. Vollmachten müssen auch in späteren Jahren im Fall der Fälle rechtskonform wirksam sein. Dafür sollte man einen spezialisierten Dienstleister hinzuziehen, der diese wichtigen Themen dauerhaft sicher regelt.

Autor/in: 

Domenico Anic ist Geschäftsführender Gesellschafter der Jura Direkt GmbH in Nürnberg, die als Servicedienstleister auf Fragen rund um Vorsorgedokumente spezialisiert ist (d.anic@juradirekt.com), sowie Testamentsvollstrecker. Constantin von Wangenheim ist Rechtsanwalt bei DRC Rechtsanwälte Nürnberg und kooperierender Anwalt der Jura Direkt GmbH.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2015, Seite 40

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick