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Breitbandausbau

Besser gründlich als schnell

Breitband Glasfaser Internet Anschluss © kynny - ThinkstockPhotos.de

Im Interview äußert sich Dr. Bernd Sörries vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) darüber, worauf es beim Breitbandausbau ankommt.

Die Bundesregierung vertraut beim Breitbandausbau überwiegend dem Markt. Gibt es aus Ihrer Sicht genügend Anreize, nachhaltige, zukunftsfähige Netze aufzubauen?

Dr. Bernd Sörries: Aus gutem Grund wurde der Telekommunikationsmarkt liberalisiert. Unternehmen investieren gerade dann, wenn sie sich mit der Investition im Wettbewerb behaupten oder ihre Wettbewerbsposition ausbauen können. Aktuell gibt es in Deutschland aber für die großen etablierten Netzbetreiber, die die kurzfristigen Erwartungen der Kapitalmärkte zu beachten haben, zu wenig Anreize oder Wettbewerbsdruck in Glasfaserzugangsnetze zu investieren. Im Ergebnis ist damit offen, wie Deutschland Breitbandnetze erhält, die mit den jeweiligen Anforderungen gerade im Unternehmensbereich wachsen können.

Immer wieder wird Vectoring als Lösung propagiert. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in dieser Technologie?

Der Vorteil von Vectoring liegt darin, dass mit dieser Technologie kurzfristig die politisch formulierten Breitbandziele erreicht werden können. Der Nachteil besteht darin, dass diese genau wie jede andere Technologie, die auf das Kupfernetz aufsetzt, nicht skalierbar ist. Somit wird weiter auf das Auslaufmodell Kupferkabel gesetzt. Wer auf Kupfer setzt, verzögert und verteuert die, aus volkswirtschaftlicher Sicht vorteilhafte, Migration auf Glasfaseranschlüsse.

Was sollte die Bundesregierung, was sollten die Bundesländer machen?

Zwei Aspekte sind hier wichtig. Erstens sollten die Fördermittel jetzt so vergeben werden, dass die geförderten Netze ohne zusätzliche Kosten weiter in Richtung Gigabit-Anschlüsse erweitert werden können. Hier gilt: Qualität geht vor! Zweitens muss sich die digitale Infrastruktur durchgängig im Planungsrecht wiederfinden, wie den Raumordnungsgesetzen von Bund und Ländern, im Baugesetzbuch und in der Landesgesetzgebung durch Vorgaben in der Landesplanung, sowie durch Vorgaben im Bauordnungsrecht bis hinein in die Gebäude. Es kann nicht sein, dass heute noch Gewerbegebiete mit Kupferkabeln erschlossen werden. Zudem ist das EU-Recht zu beachten, das hochgeschwindigkeitsfähige, gebäudeinterne, physische Infrastrukturen für Neubauten und bei grundlegenden Renovierungen ab 2017 vorsieht.

Das Breitbandziel für 2018 kann nur ein Zwischenschritt sein. Wie muss es danach aus Ihrer Sicht weitergehen?

Es mag zwar politisch opportun sein, bestimmte Übertragungsbandbreiten, zum Beispiel die 50 Mbit/s, zu definieren. Wichtiger für die Anwender ist aber, dass die Infrastruktur mit den Anforderungen der Dienste wächst. Diese Sichtweise ist noch nicht ausreichend entwickelt. Wir brauchen ein Infrastrukturziel.

Was schlagen Sie vor, damit der Breitbandausbau, der die Grundlage für die Digitalisierung der Wirtschaft ist, forciert wird?

Wir benötigen zunächst den Konsens, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland nur gestärkt aus der Digitalisierung hervorgehen kann, wenn wir eine zukunftsoffene Infrastruktur haben. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die regionalen Akteure langfristig angelegte Masterpläne für ihre jeweiligen Wirtschaftsregionen aufstellen. Hier sollte die Nachfrage zum Beispiel über die IHKs und andere Stakeholder direkt eingebunden sein. Zudem sollten innovative Finanzierungsmodelle gefördert werden. Schließlich sollten Anreize für die Migration Kupfer zu Glas ohne staatliche Mittel geschaffen werden können. Hier könnten Landkreise z.B. passive Infrastrukturen aufbauen und diese im Wettbewerb verpachten. Der Ausgleich der (zu kurzfristig) berechneten Wirtschaftlichkeitslücke sollte kritischer gesehen und weniger praktiziert werden.

Externer Kontakt:

Dr. Bernd Sörries ist Vorsitzender des DIHK-Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2016, Seite 46

 
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