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Landesausstellung 2016

Böhmen und Bayern

Plakatmotiv Bayerisch-Tschechische Landesausstellung © Nationalgalerie Prag / Germanisches Nationalmuseum

Prager Votivtafel (um 1370): Links oben kniet Kaiser Karl IV. vor Maria und dem Christuskind. Rechts kniet Karls Sohn, der junge König Wenzel.

Tschechien und Bayern nehmen den 700. Geburtstag von Kaiser Karls IV. zum Anlass für eine gemeinsame Landesausstellung mit großem Rahmenprogramm.

Eine gefeierte Rede hielt der damalige tschechische Ministerpräsident Petr Nečas am 27. Februar 2013 vor dem Bayerischen Landtag – als erster Repräsentant der Tschechischen Republik überhaupt. „Ich werde mich mit der Frage der Identität der tschechisch-bayerischen Nachbarschaft im heutigem Europa befassen“, erklärte Nečas und brachte eine gemeinsame Landesausstellung ins Gespräch, um die Nachbarschaft zu vertiefen. Nečas Amtsnachfolger Bohuslav Sobotka bekannte sich ebenfalls zu dem Projekt, das zudem durch die Eröffnung der Bayerischen Repräsentanz in Prag im Dezember 2014 weiteren Schwung bekam. In diesem Jahr wird das grenzüberschreitende kulturelle Großprojekt nun Realität: „Karl IV.“ ist der Titel der Landesausstellung, die den 700. Geburtstages des böhmisch-deutschen Herrschers zum Thema hat.

„Karl gilt als der erste Herrscher europäischer Denkweise, seine politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen brachten Osten und Westen zusammen.“ So beschreibt Hans-Peter Schmidt, der tschechische Honorarkonsul in der Metropolregion Nürnberg und langjährige Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzende der Nürnberger Versicherungsgruppe, die historische Bedeutung des Kaisers. Ihr werde man u.a. auch durch den Staatsakt am 13. Mai auf der Nürnberger Kaiserburg gerecht, der anlässlich des Sudetendeutschen Tages stattfinden wird. Honorarkonsul Schmidt wirbt für den regen Besuch der vielfältigen Programmpunkte im Jubiläumsjahr, das an Pfingsten 2017 mit dem Josefi-Ritt in Bad Kötzting enden wird.

Organisiert wurde die Ausstellung vom Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg, das damit vor einer großen Herausforderung stand: Denn in diesem Jahr findet zum 500-jährigen Jubiläum des Bayerischen Reinheitsgebotes eine weitere Landesausstellung zum Thema „Bier in Bayern“ in Aldersbach statt. Es ist das erste Mal, dass es in einem Jahr zwei Landesausstellungen gibt. Zudem bereitet das Haus der Bayerischen Geschichte bereits die Landesausstellung zum Reformationsjubiläum im Jahr 2017 mit dem Titel „Bauern, Ritter, Lutheraner“ vor.

Das Besondere an der Karls-Ausstellung ist, dass sie an dessen Geburtstag am 14. Mai zunächst in Prag in der Wallenstein-Reithalle mit einem Festakt eröffnet wird. Erst im Herbst wandern die Exponate, die zum Teil aus Deutschland stammen, dann quasi über die historische Goldene Straße von Prag nach Nürnberg, wo die Ausstellung vom 20. Oktober 2016 bis zum 5. März 2017 im Germanischen Nationalmuseum zu sehen ist.

Zur eigentlichen Landesausstellung gibt es ein äußerst umfangreiches Begleitprogramm mit mehr als 300 Veranstaltungen. Hans-Peter Schmidt versprach deshalb gegenüber Ministerpräsident Horst Seehofer eine Landesausstellung, „wie es noch keine gab“. Da ist zum einen eine Ausstellung böhmischer Buchmalerei, die noch bis zum 23. Juli in der Stadtbibliothek Nürnberg zu sehen ist. Das internationale Symposium „Politik. Macht. Kultur.“ wird sich vom 17. bis 19. Juni in der Nürnberger Akademie mit den Spuren befassen, die Karls Wirken bis heute hinterlassen hat. Am Sonntag, 27. November 2016 wird der Erzbischof von Prag, Kardinal Duka, in St. Sebald, der Taufkirche von Wenzel IV. eine ökumenische Messe zelebrieren. In Lauf a. d. Pegnitz wird die Kaiserburg, das Wenzelschloss, zum Veranstaltungsort: Dort ist vom 27. Mai 2016 bis zum 5. März 2017 die Ausstellung „Burgen und Bauten Kaiser Karls IV.“ zu sehen. Denn auch wenn Karl die Reichsstadt Nürnberg wohl an die 50 Mal besuchte und einer seiner Söhne dort geboren wurde, so darf doch auch das Nürnberger Umland nicht vernachlässigt werden, das ebenso stets im Blick des Monarchen war.

Die Metropolregion Nürnberg hat deshalb den Wert der Marke Karl längst erkannt und mit Kooperationspartnern entlang der ehemaligen Goldenen Straße ein sehr vielschichtiges Begleitprogramm aufgestellt, das kontinuierlich weiter wächst. Ein besonders beeindruckendes Beispiel hierfür dürfte der authentisch gestaltete Handelszug aus der Zeit Karls IV. sein, der auf Initiative des Geschichtsparks Bärnau gebaut wurde. Er war mit seinem ebenfalls authentischen Personal bereits auf der Freizeitmesse im Februar ein Hingucker und wird am 3. und 4. Juni wieder im Rahmen der Vorstellung des Stiftslandes Oberpfalz in Nürnberg am Hauptmarkt  zu bewundern sein. Stefan Wolters, Archäologe und wissenschaftlicher Leiter der Geschichtsparks Bärnau, wird selbst mit von der Partie sein und interessierten Zuhörern die Tücken einer Reise im 14. Jahrhundert näher bringen: „Ohne bewaffnete Eskorte ging da gar nichts“, sagt Wolters und präsentiert Kettenhemden, wattierte Gambesons, Schwerter und eine Armbrust. Fast immer zogen fahrende Händler zusammen in Handelszügen, um gegen Wegelagerer besser geschützt zu sein. All dies will Wolters mit seinem Team übrigens im Jahr 2017 noch weiter vertiefen: Dann wird der Trupp mit dem Wagen die Goldene Straße entlangziehen – in Originalausrüstung der Zeit.

Goldene Straße

Die rund 370 Veranstaltungen entlang der Goldenen Straße, die einst die Metropolen Prag und Nürnberg verband, wären ohne die Zuarbeit des gleichnamigen Vereins unter Rainer Christoph undenkbar, der sich schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs dem kulturellen Austausch verschrieben hatte. Dem ehemaligen Schulleiter gelang es anlässlich des Jubiläumsjahres auch, 150 Schulen dies- und jenseits der Grenze zur Zusammenarbeit zu bewegen – die Ergebnisse der jungen Forscher zu Karl IV. sind in einer Wanderausstellung zusammengefasst, die ebenfalls an verschiedenen Punkten entlang der Goldenen Straße zu sehen sein wird (z.B. im September in Lauf). Außerdem hat der Verein entlang des historischen Straßenverlaufs einen geologischen Lehrpfad angelegt. Auch historische Führungen werden dort immer wieder angeboten. Der Besuch lässt sich mit einem Abstecher in den Geschichtspark Bärnau-Tachov verbinden, in dem authentische Siedlungstypen der Region des 9., 11. und 13. Jahrhunderts nachempfunden sind.

Wer nicht ganz so weit fahren mag, ist auf den Burgen Hohenstein und Hartenstein im Nürnberger Land gut aufgehoben. Ab Ende Juli wird hier unter der Regie von Robert Giersch vom Verein Altnürnberger Landschaft (ANV) eine Doppelausstellung realisiert, die sich zum einen der Gebäudehistorie zu Zeiten Karls IV. widmet. Zum anderen wird die noch relativ unbekannte Rolle des Nürnberger Landes als Ruhrgebiet des Mittelalters beleuchtet.

Ein Höhepunkt im Herbst erwartet Nürnberg dann schließlich kurz vor der Eröffnung der Ausstellung „Karl IV.“ im Germanischen Nationalmuseum: Am 10. Oktober soll das Männleinlaufen von der Frauenkirche direkt auf den Hauptmarkt gebracht werden – im Rahmen der Installation „Be Karl“ in Lebensgröße. Karl, der erste Europäer, hätte sicherlich viel Freude an dem bunten Geburtstagstreiben.

Autor/in: 

sl.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2016, Seite 38

 
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