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Kroatien

Partner an der Adria

Kroatien Dubrovnik © itsmebik - ThinkstockPhotos

Die Altstadt von Dubrovnik ist bereits ein beliebtes Urlaubsziel. In Zukunft soll die Tourismusbranche noch weiter wachsen.

Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Kroatiens. Potenziale gibt es in Energiewirtschaft, Infrastruktur und Tourismus.

Drehort der Winnetou-Filme, Ursprung der Krawatte und Geburtsland des genialen Physikers Nikola Tesla – für all dies ist Kroatien bekannt. Seit drei Jahren ist die Republik mit ihren 4,2 Mio. Einwohnern das 28. Mitglied der Europäischen Union. Auf der IHK-Informationsveranstaltung „Kroatien – Drei Jahre nach dem EU-Beitritt“ berichtete Gunther Neubert, Geschäftsführer der Deutsch-Kroatischen Industrie- und Handelskammer in Zagreb, über die aktuelle Situation. Diese sorgt derzeit bei ausländischen Unternehmen für Verunsicherung, denn die Regierung ist nach monatelangen Querelen vor Kurzem zurückgetreten. Im September sind Neuwahlen angesetzt, was laut Neubert zu einem politischen Stillstand bis Jahresende führen dürfte.

Ökonomisch gesehen gibt Kroatien allerdings nach fünfjähriger Flaute seit 2015 wieder ein besseres Bild ab: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte 2015 um 1,8 Prozent auf über 43 Mrd. Euro zu, für dieses und nächstes Jahr erwartet Neubert jeweils Zuwächse um über zwei Prozent. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt zwar nur bei über 10 000 Euro und der kroatische Monatslohn bei durchschnittlich rund 500 Euro, allerdings zieht die Nachfrage der privaten Haushalte an – und damit auch die wirtschaftliche Dynamik. Dennoch bewegt sich die Arbeitslosenquote immer noch bei gut 20 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit ist sogar doppelt so hoch. „Es gibt eine große Abwanderungsbewegung ins Ausland“, so Neubert. Auch von Deutschland aus werden gezielt Ärzte und Pflegekräfte oder auch Busfahrer rekrutiert. Junge Software-Spezialisten wandern gerne nach Irland aus.

Attraktiver Handelspartner

Mit teilweise zweistelligen Raten wächst das Auslandsgeschäft Kroatiens, wobei Deutschland zum wichtigsten Partner geworden ist und damit Italien als langjährige Nummer eins abgelöst hat. Die Kroaten exportieren vor allem Maschinen, Textilien, Elektrotechnik, Metallwaren und Rohstoffe nach Deutschland, umgekehrt kauft das Land bevorzugt chemische Erzeugnisse, Maschinen, Kraftfahrzeuge und Nahrungsmittel in Deutschland ein.

Neubert, der die Interessen von 380 Mitgliedsunternehmen der Auslandshandelskammer (AHK) vertritt, sieht Kroatien als attraktiven Beschaffungsmarkt für deutsche Unternehmen und verweist dabei auf gut ausgebildete Fachkräfte und die lange industrielle Tradition, etwa in den Bereichen Metallverarbeitung sowie Textil- und Schuhindustrie. Der kroatische AHK-Chef berichtete etwa von einem bayerischen Hersteller von Spezialschuhen, der seine Produktion aus Fernost nach Kroatien verlagert hat und nun von dort aus beispielsweise die Feuerwehr von Hongkong beliefert.

Bei den Auslandsinvestitionen liegt Deutschland auf Platz drei, deutlich hinter Österreich und den Niederlanden. Bei Finanzdienstleistungen spielt Deutschland keine Rolle, das Bankgeschäft ist fest in österreichischer und italienischer Hand. Dafür investieren deutsche Unternehmen stark in den Branchen Einzelhandel, Telekommunikation und chemische Industrie.

Branchen mit Potenzial

Hohes Ansehen genießen deutsche Unternehmen der Energie- und Umwelttechnik – Felder, auf die die kroatische Regierung ein besonderes Augenmerk legt: Gefragt ist Know-how bei Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, u. a. weil Windenergie und Wasserkraftwerke gefördert werden. Zudem stehen Investitionen in der Wasser- und Abwasserwirtschaft sowie für die Sanierung der 200 Mülldeponien an. Punkten könnten deutsche Unternehmen zudem in der Tourismuswirtschaft, die mit ihren jährlich rund zwei Mio. Gästen gut 20 Prozent des BIP ausmacht und als stark wachsend gilt. Es ist erklärtes Ziel, die Qualität zu verbessern und verstärkt Hotels mit vier oder fünf Sternen zu errichten. Außerdem wird versucht, die Hauptsaison (bislang Juli und August) früher beginnen und später enden zu lassen. Einen Nachholbedarf an Investitionen sieht Neubert auch beim Bahnnetz, vor allem bei länderübergreifenden Trassen. Sehr gut ausgebaut sind dagegen die Autobahnen – von Nürnberg aus ist Zagreb in sieben Stunden zu erreichen – und die Häfen.

Der Geschäftsführer der Auslandshandelskammer ließ aber auch die Hemmnisse bei Geschäften in Kroatien nicht unerwähnt: In einer aktuellen Umfrage der AHK kam beispielsweise das Steuersystem schlecht bei den deutschen Unternehmern weg. Die Steuerbelastung wird durch eine zusätzliche, regionale Lohnsteuer erhöht, die beispielsweise in Zagreb bis zu 17 Prozent ausmachen kann. Außerdem berichten Unternehmen vereinzelt, dass das Steuersystem als Druckmittel gegenüber ausländischen Investoren genutzt wird. Im Prinzip gilt in Kroatien europäisches Recht, aber es hapert manchmal an der Umsetzung, weil bei Verwaltungsvorgängen verschiedene Stellen der öffentlichen Verwaltung eingebunden sind und es laut Neubert deshalb bisweilen „Reibungsverluste“ gibt. So könne z. B. nicht verlässlich gesagt werden, wie viel Zeit für die Gründung einer GmbH einzuplanen sei. Dennoch, so sein Fazit: Wer den Markteinstieg über Handelsvertreter, Großhandel oder mit einer eigenen Niederlassung „systematisch und strukturiert“ vorbereitet, könne das Potenzial des kroatischen Marktes gut erschließen. Auch EU-Fördermittel können dazu beitragen, dass sich das Risiko der Markterschließung in Grenzen hält.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2016, Seite 22

 
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