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Prozesse im Büro

Durchgängige Abläufe

Büro Ordnung Struktur Freelancer © cyano66 - ThinkstockPhotos

Was ist zu beachten, wenn betriebliche Verwaltungsabläufe digitalisiert und papierlos organisiert werden sollen? Von Charlotte Ramsteck

Die großen Internet-Anbieter setzen die Maßstäbe: Bestellungen sind mit wenigen Klicks möglich, es werden in der Regel verschiedene Bezahlfunktionen angeboten, die Kunden können den Bearbeitungsstand des Auftrags und den Weg des Pakets jederzeit online abrufen. Im Hintergrund laufen automatisierte IT-Prozesse ab, von denen der Kunde nichts mitbekommt, die aber die schnelle Auftragsabwicklung erst möglich machen. Solche effizienten Prozesse werden mittlerweile nicht nur von den Online-Händlern gefordert, die an Endkunden verkaufen, sondern sie werden zunehmend auch im Geschäft zwischen Unternehmen zum Standard. Vor allem Industrieunternehmen verlangen von ihren Lieferanten durchgängige, automatisierte Prozesse entlang der Lieferkette, um auf diese Weise Flexibilität, Verlässlichkeit und Liefertreue zu erhöhen und gleichzeitig Kosten zu senken.

Diese Forderung nach einem reibungslosen Austausch von Informationen und hoher Transparenz stellt viele kleine und mittlere Betriebe vor große Herausforderungen. Denn im Mittelstand lag der Schwerpunkt der Prozessoptimierung bisher meist ausschließlich auf den internen Abläufen, insbesondere auf der steten Anpassung der betrieblichen Informationstechnologie und der Effizienzsteigerung in der Fertigung. Neu sind für viele mittelständische Betriebe zwei Entwicklungen: Zum einen geht die Prozessoptimierung über die Grenzen des eigenen Unternehmens hinaus, zum anderen rücken – zusätzlich zu den technischen Bereichen – auch die Abläufe in Büro und Verwaltung in den Fokus. Gefordert sind deshalb vor allem diejenigen Betriebe, in denen teiloptimierte Abläufe mit zahlreichen Prozess- und Medienbrüchen überwiegen. Sie sehen sich nun herausgefordert, auch diese Prozesse in ihre IT zu integrieren sowie Kunden und Lieferanten durch Portalanbindungen einzubeziehen.

Gefordert sind durchgängige Ende-zu-Ende-Prozesse, die alle Stufen von der Bestellung des Kunden über die automatische Rechnungsstellung bis zur Überwachung des Zahlungseingangs beinhalten und in denen auch Einkäufe und Fertigungsaufträge abgebildet werden. Wesentliche Kennzeichen dieser durchgängigen und schnellen Prozessketten sind die papierlose Anbindung von Kunden und Lieferanten, eine hohe Transparenz durch regelmäßige Statusmeldungen und eine barrierefreie IT-Nutzung ohne Medien- oder Prozessbrüche (z. B. keine „händische“ Rechnungsstellung oder Überprüfung von Zahlungszielen).

Auf dem Markt gibt es eine breite Palette von IT-Systemen, die eine große Vielfalt an Funktionen bieten und die viele Anforderungen kleinerer Unternehmen abdecken. Allerdings macht die Vielfalt der IT-Systeme die Auswahl schwierig. Daher müssen zunächst die Anforderungen an das IT-System geklärt und definiert werden. Bei kleineren Unternehmen fehlt es jedoch häufig an Know-how und an der notwendigen Methodik für diese anspruchsvolle Aufgabe. Außerdem ist hohes Abstraktionsvermögen gefragt, um ineffiziente Prozesse wirklich auf den Prüfstand zu stellen und diese vollständig in digitale Verfahren zu überführen. Die Erfahrung zeigt, dass unterschwellig an den vorhandenen und gewohnten Abläufen festgehalten wird und die Potenziale zur Effizienzsteigerung deshalb nicht ausgeschöpft werden.

Hilfe von außen

Deshalb kann es ratsam sein, sich von externen Experten unterstützen zu lassen, die die nötige Erfahrung in Prozessentwicklung und IT mitbringen – zumal die Auswahl des IT-Systems nicht der alleinige Erfolgsfaktor ist, sondern organisatorische Anforderungen hinzukommen und sich die Tätigkeiten der einzelnen Mitarbeiter verändern werden. Denn die Umstellung auf die neue Arbeitsplattform bringt zunächst Unsicherheit in der Belegschaft mit sich, die sich von gewohnten manuellen und teilautomatisierten Abläufen verabschieden muss. Nicht selten kommt es zu Konflikten, weil sich Aufgabengebiete und Arbeitsinhalte ändern, einige Aufgaben wegfallen und sich Verantwortlichkeiten verschieben. Bei der Einführung von elektronischen und papierlosen Prozessen ist nicht nur technisches Verständnis gefragt, sondern es muss auch bei den Mitarbeitern um Akzeptanz für die Maßnahmen geworben werden. Ist dieses psychologische Know-how nicht im Betrieb vorhanden, sollten Organisationsentwickler und Coaches hinzugezogen werden, um den Erfolg des Projekts zu gewährleisten.

Der Schwerpunkt der Tätigkeiten wird sich nach der Einführung eines neuen IT-Systems mit den papierlosen Ende-zu-Ende-Prozessen deutlich verändern: Wo bisher manuelle Tätigkeiten überwogen (z. B. Erfassung von Aufträgen, Ausstellen von Rechnungen), liegt nun der Schwerpunkt auf der Pflege von Rahmenparametern (z. B. Stammdaten) und der Überwachung der Abläufe. Wenn die Kunden per Portal oder andere elektronische Wege angebunden sind, gehen dessen Auftragsdaten direkt in die betriebliche IT ein. Die Einplanung des Fertigungsauftrages, die Planung der Kommissionierung sowie die Auslieferung werden durch das IT-System bewerkstelligt. Lieferbestätigungen werden elektronisch zur Verfügung gestellt, Rechnungen automatisch erzeugt und in vielen Fällen auch elektronisch versendet. Das System archiviert die Vorgänge rechtssicher, die Papierablage entfällt. Erfahrungswerte zeigen, dass bei einer konsequenten Umstellung auf eine durchgängige IT-Landschaft bis zu 70 Prozent der bisherigen Bürotätigkeiten entfallen.

Mitarbeiter informieren und beteiligen

Die Umstellung auf durchgängige Prozesse ist ein komplexes Vorhaben, für das genügend Zeit eingeplant werden muss: Es ist ein weiter Weg von der Ist-Analyse und der Definition der Ziele über die Investitionsplanung, die Auswahl des geeigneten IT-Systems und die Aufstellung des Maßnahmenkataloges bis zur Einführung des neuen Systems. Weil sich der Arbeitsalltag der Mitarbeiter deutlich verändern wird, müssen diese frühzeitig und offen informiert und von der Notwendigkeit der digitalen Prozesse überzeugt werden. Dies erreicht man am besten dadurch, dass man die Mitarbeiter aktiv in die Umstrukturierung einbezieht, ihre Erfahrungen nutzt und sie für die zukünftigen Anforderungen schult. Erfolgreich wird der Veränderungsprozess nur dann sein, wenn Ängste und Widerstände in der Belegschaft so schnell wie möglich aufgelöst werden.

Nur wenn man all diese Faktoren berücksichtigt, wird sich das Potenzial für die Effizienzsteigerung, das in den digitalen Prozessen steckt, ausschöpfen lassen. An der Digitalisierung im Büro geht jedenfalls kein Weg vorbei. Sie wird dort die Arbeitsbedingungen ähnlich stark verändern, wie dies in Produktion und Logistik schon der Fall ist.

Autor/in: 

Charlotte Ramsteck ist Geschäftsführerin der CDS Innovation & Funding GmbH in Kalchreuth, die auf die Themen Technologieförderung, Organisationsentwicklung und Projektmanagement spezialisiert ist (www.cdsinno.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2016, Seite 50

 
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