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Verantwortung für die Lieferkette

Menschenrechte achten

Menschen Menschenkette Gruppe Netzwerk © STILLFX - ThinkstockPhotos.de

Gesetzliche Regelungen und eine kritische Öffentlichkeit fordern auch vom Mittelstand die Einhaltung sozialer Standards ein. Von Philipp Bleckmann

Nicht nur Konzerne, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen sind heute weltweit vernetzt und in internationale Warenströme eingebunden. Diese Globalisierung bringt viele Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich – etwa wenn es um die unternehmerische Verantwortung geht. Denn je länger und komplexer die Wertschöpfungsketten werden, desto schwieriger ist es für die Betriebe, die Auswirkungen ihres Handelns zu erfassen und zu kontrollieren. Gleichzeitig steigen aber die Erwartungen an die Unternehmen, verantwortungsvoll zu handeln. Das liegt zum einen an der Zunahme rechtlicher Regelungen rund um das Thema gesellschaftliche Verantwortung (Corporate Social Responsibility, kurz CSR), wie etwa die Einführung einer CSR-Berichtspflicht zeigt, zum anderen nimmt die öffentliche Aufmerksamkeit für dieses Thema zu. Kunden, Geschäftspartner und Investoren interessieren sich ebenso dafür wie Medien, Verbraucher und Akteure der Zivilgesellschaft (z. B. Menschenrechts- und Verbraucherschutzorganisationen).

Diese Entwicklungen sind speziell auch beim Thema Menschenrechte festzustellen. Hier konzentriert sich das Interesse zwar noch hauptsächlich auf größere, weltweit tätige Unternehmen mit starker Markenpräsenz. Doch auch deren Zulieferer und andere Geschäftspartner, die Teil der Lieferkette sind, können in den Fokus der Öffentlichkeit geraten.

Kleine und mittlere Unternehmen, die sich mit dem Thema Menschenrechte auseinandersetzen, verbessern nicht nur ihr öffentliches Renommee, sondern profitieren auch darüber hinaus. Sie heben sich durch dieses Engagement von Wettbewerbern ab, stärken die Beziehungen zu ihren Lieferanten und verringern geschäftliche Risiken (z. B. Ausfälle von Lieferungen aus Entwicklungs- und Schwellenländern mit problematischen Arbeitsbedingungen).

Wie sollen nun Unternehmen auf Anfragen von Geschäftskunden, auf die neuen gesetzlichen Regelungen zum Thema CSR und auf den Druck einer zunehmend kritischen Zivilgesellschaft reagieren? Am besten, indem ein sogenannter Prozess menschenrechtlicher Sorgfalt in Gang gesetzt wird. Die Anforderungen ergeben sich aus den im Jahr 2011 von den Vereinten Nationen verabschiedeten „UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“, die seitdem international die Richtschnur für sozial verantwortungsvolles Handeln von Unternehmen sind. Alle Gesetzgebungsinitiativen auf internationaler und nationaler Ebene beziehen sich auf diese Grundlage. Dazu gehört auch die „EU-Richtlinie zu nicht-finanzieller Berichterstattung“, die bis Ende 2016 in nationales Recht umgesetzt wird, oder der gerade in Großbritannien veröffentlichte „Modern Slavery Act“, der auch Auswirkungen auf deutsche Unternehmen hat (WiM berichtete). Darüber hinaus wird zurzeit in Deutschland ein „Nationaler Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte“ entwickelt, der diese Anforderungen für Deutschland konkretisiert und ausformuliert.

In den UN-Leitprinzipien wird die grundlegende Erwartung formuliert, dass Unternehmen die Menschenrechte achten – deren Aktivitäten sollen also keine nachteiligen Auswirkungen auf die Menschenrechte haben. Es reicht nicht aus, einfach betriebliche Leitlinien zu formulieren, und zu behaupten, dass die Menschenrechte geachtet würden. Die Betriebe müssen vielmehr konkret zeigen, wie sie diesem Anspruch in der Praxis gerecht werden. Die Frage ist: Wie stellen sie genau sicher, dass die Menschenwürde und die grundlegenden Freiheiten durch die betriebliche Tätigkeit sowie durch die Produkte oder Dienstleistungen nicht beeinträchtigt werden? Wie wird gewährleistet, dass Mitarbeiter im eigenen Unternehmen oder bei Zulieferbetrieben nicht unter ungerechten oder ungesunden Arbeitsbedingungen leiden? Wie wird überprüft, ob die Produktionsstätten Auslöser für Umweltverschmutzungen sind und damit die Gesundheit der Anwohner gefährden?

Die Unternehmen sollen, so die UN-Leitprinzipien, „wissen und zeigen können“, dass sie die Menschenrechte in ihrer täglichen Unternehmenspraxis achten. Sie müssen also aktiv analysieren, wo ihr Handeln tatsächliche oder mögliche negative Auswirkungen hat. Zudem müssen sie zeigen, dass sie solche Auswirkungen verhüten, mindern und gegebenenfalls wiedergutmachen. Gewährleisten müssen sie dies, indem sie entsprechende betriebliche Prozesse einführen und umsetzen.

Das Deutsche Global Compact Netzwerk (DGCN) unterstützt Unternehmen mit umfangreichen Informationen dabei, die entsprechenden Prozesse einzurichten:

  • An der Publikation „Fünf Schritte zum Management der menschenrechtlichen Auswirkungen Ihres Unternehmens“ haben auch kleine und mittlere Unternehmen mitgearbeitet und ihre Erfahrungen aus der Praxis eingebracht.
  • Das DGCN und die IHK Nürnberg für Mittelfranken, die ebenfalls Mitglied des UN Global Compact ist, bieten gemeinsame Schulungen für Unternehmen an, u. a. vor Kurzem einen Workshop zum Management der Lieferketten (siehe auch Info-Kasten).
  • Ende November geht das Informationsportal „Menschenrechtliche Sorgfalt“ online, das alle relevanten Informationen zum Thema enthält und sich besonders an kleine und mittlere Unternehmen richtet (www.mr-sorgfalt.de).
Autor/in: 

Philipp Bleckmann ist Experte für die Themen Menschenrechte und Arbeitsnormen bei der Geschäftsstelle Deutsches Global Compact Netzwerk (DGCN) in Berlin (www.globalcompact.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2016, Seite 18

 
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