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Urteile zur Gewerbemiete

Welche Klauseln sind wirksam?

Erfordernis der Schriftform, Kostenaufteilung und Zulässigkeit von bestimmten Klauseln waren Gegenstände aktueller Gerichtsurteile. Von Ferdinand Mang

Bei der Vermietung von Gewerbeimmobilien kommt es häufig zu Streitigkeiten darüber, welche Klauseln im Mietvertrag zulässig sind. Im vergangenen Jahr beschäftigten sich die Gerichte u. a. mit Formulierungen, die eine vorzeitige Kündigung ausschließen oder sich auf die Berechnung von Nebenkosten bezogen. Aber auch skurrile Fälle wie der folgende waren darunter:

Vorherige Nutzung der Immobilie als Bordell: Eine unangenehme Überraschung erlebte ein Friseur, der sich mit seinem Salon in einem früheren Bahnhofsgebäude einmietete. Erst nach Vertragsschluss erfuhr er, dass das Haus zuvor als Bordell genutzt worden war. Deshalb wollte er wieder aus dem Mietvertrag aussteigen. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf stellte jedoch fest, dass weder Makler noch Vermieter verpflichtet gewesen seien, von sich aus auf die bisherige Nutzung der Räumlichkeiten hinzuweisen. Der Mieter hätte explizit danach fragen müssen, zumal sich das Haus in einer „unterdurchschnittlichen Lage“ befinde (Urteil vom 7. Oktober 2016, Aktenzeichen I-7 U 143/15).

Kosten für die Räumungsklage: Endet das Mietverhältnis, ist der Mieter verpflichtet, die Immobilie zu räumen und sie dem Vermieter wieder zu übergeben. Kommt der Mieter dem nicht bis zum Ende des Mietverhältnisses nach, kann der Vermieter grundsätzlich gegen ihn auf Räumung klagen. Zudem muss der Mieter die Kosten dieser Klage tragen.

Dass es im Einzelfall auch anders sein kann und Vermieter nicht vorschnell klagen sollten, zeigt ein Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 31. Oktober 2016 (Aktenzeichen 8 W 82/16): Zwischen Mieter und Vermieter bestand Einigkeit, dass das Mietverhältnis zum 30. April 2016 enden sollte. Allerdings teilte der Mieter dem Vermieter danach mit, dass er die bisherigen Räume noch ca. weitere 14 Tage nutzen müsse. Zudem bot er dem Vermieter für den Monat Mai eine Nutzungsentschädigung in Höhe der bisherigen Miete an. Am 19. Mai 2016 zog er dann aus. Der Vermieter hatte jedoch sofort nach dem 30. April 2016 Klage erhoben, ohne den weiteren Verlauf abzuwarten. Deshalb legte das Gericht die Kosten des gerichtlichen Verfahrens dem Vermieter auf, da der Mieter keine Veranlassung für eine Klageerhebung gegeben habe: Er sei zwar mit der Räumung in Verzug geraten, habe den Auszug aber für Mitte Mai glaubhaft zugesichert. Im vorliegenden Fall sei es für den Vermieter deshalb zumutbar gewesen, den weiteren Gang der Dinge noch einen Monat abzuwarten.

Vermieterpfandrecht durch gesetzliche Eigentumsvermutung geschützt: Der Vermieter kann bewegliche Sachen, die der Mieter in die gemieteten Räume eingebracht hat, pfänden, wenn dieser mit der Miete in Verzug ist. Zum Vermieterpfandrecht hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun in einem Urteil vom 3. März 2017 Stellung bezogen (Aktenzeichen V ZR 268/15). Im konkreten Fall ging es um den Betreiber eines Restaurants, auf dessen Ausstattung der Vermieter im Zuge des Vermieterpfandrechts zugriff. Dagegen klagte ein Dritter, weil er der Eigentümer der Gegenstände sei und er diese dem Gastwirt zur Verfügung gestellt habe. Weil der Dritte aber nicht den vollen Beweis erbringen konnte, dass er tatsächlich noch Eigentümer war, habe der Vermieter die Ausstattung zu Recht verwertet, so die Richter. Das Gericht unterstrich damit die Bedeutung der sogenannten Eigentumsvermutung: Wenn der Mieter im Besitz einer Sache ist, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass er auch der Eigentümer ist. Wer also von seinen Vermieterpfandrecht Gebrauch macht, kann sich laut BGH dabei voll auf die Eigentumsvermutung des Besitzers stützen.

Schriftform von Gewerbemietverträgen: Wenn Vermieter und Mieter einen Gewerberaummietvertrag für einen bestimmten Zeitraum abschließen, wollen sie häufig eine vorherige Kündigung ausschließen. Ist der Vertrag aber rechtlich fehlerhaft formuliert und genügt damit nicht der Schriftform, gilt die Vereinbarung als unwirksam und der Vertrag kann doch frühzeitig gekündigt werden. Die Schriftform-Heilungsklausel soll dem vorbeugen.

Uneins ist sich die Rechtsprechung aber darüber, welchen Wortlaut eine solche Schriftform-Heilungsklausel haben muss. So erachtete das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 25. April 2017 (Aktenzeichen I-24 U 150/16) folgende Klausel als unwirksam:

„Sollte dieser Vertrag oder seine Nebenabreden ganz oder teilweise nicht der Schriftform des § 550 BGB genügen,

a) so kann keine Partei das vorzeitige Kündigungsrecht des § 550 S. 2 BGB geltend machen. Beide Parteien verpflichten sich in diesem Fall, alles Notwendige zu tun, um die Schriftform herbeizuführen.

b) Gleiches gilt für Ergänzungen und Nachträge.“

Das OLG Düsseldorf begründet dies damit, dass sonst ein zukünftiger Grundstückserwerber faktisch an eine mündliche Vereinbarung gebunden wäre, die er nicht aus den Vertragsurkunden ersehen könne. Zuvor hat schon das OLG Rostock ebenfalls die Wirksamkeit einer solchen Klausel verneint. Dagegen halten die OLGs Naumburg, Frankfurt am Main und Köln eine solche Klausel für wirksam. Nun wird eine Entscheidung beim Bundesgerichtshof erwartet, wo der Fall jetzt anhängig ist (Aktenzeichen XII ZR 43/17).

Fristlose unwirksame Kündigung in wirksame Kündigung umdeutbar: Das OLG Düsseldorf hat in der zuvor zitierten Entscheidung zugleich darüber entschieden, wann eine unwirksame fristlose Kündigung als eine wirksame ordentliche Kündigung interpretiert werden kann. Dies ist nach Auffassung der Richter dann der Fall, wenn in der fristlosen Kündigung zusätzlich vorsorglich zum nächstmöglichen Termin gekündigt wird. Damit lasse sich der Wille, dass das Vertragsverhältnis zweifelsfrei zum nächstmöglichen Termin beendet werden soll, aus der Kündigungserklärung erkennen. Im konkreten Fall, den die Richter zu entscheiden hatten, wurde zwar lediglich eine fristlose Kündigung erklärt, diese wurde aber als unwirksam erachtet. Aufgrund der Umstände des Falles ging das Gericht aber dennoch davon aus, dass eine wirksame ordentliche Kündigung vorlag. Denn die Parteien hatten Verhandlungen über ein vorzeitiges Ende des Mietverhältnisses geführt, die Vermieter boten dabei eine Abfindung für die vorzeitige Beendigung an. Daraus leitete das OLG den Willen ab, den Vertrag zum nächstmöglichen Termin kündigen zu wollen. Auch dieser Teil des OLG-Urteils liegt nun dem BGH zur Klärung vor.

Falsche Bezeichnung „Wohnraummietvertrag“: Um die Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragskündigung ging es auch in einem Beschluss des Landgerichts (LG) Berlin. Wenn Mieter und Vermieter ein vorzeitiges Kündigungsrecht ausschließen wollen, muss diese Vereinbarung der Schriftform genügen. Das LG hatte über einen Gewerbemietvertrag zu befinden, der aber lediglich als „Wohnraummietvertrag“ überschrieben war. Zwar sei es möglich, einen Gewerbemietvertrag gemäß den Kündigungsschutzvorschriften abzuschließen, wie sie auch für einen Wohnmietvertrag gelten. Im vorliegenden Fall sei aber der gewerbliche Vertragszweck nicht im Ansatz erkennbar gewesen. Deshalb entspreche der vereinbarte Kündigungsausschluss nicht den Formvorschriften und sei damit unwirksam. Die Vertragsparteien könnten also einen solchen Gewerbemietvertrag trotz der Ausschlussklausel ordentlich kündigen (Beschluss vom 23. Mai 2017, Aktenzeichen 67 S 110/17).

Pauschale Angabe von Mietnebenkosten: Vermieter von Gewerbeimmobilien haben einen größeren rechtlichen Handlungsspielraum, als dies bei Wohnmietverträgen der Fall ist. Allerdings ist nicht jede Klausel wirksam, wie ein Vermieter feststellen musste: Er hatte in einem von ihm vorformulierten Mietvertrag die Miete in eine feststehende „Grundmiete“ und in jeweils abzurechnende „Mietnebenkostenvorauszahlungen“ aufgegliedert. Unter den „Mietnebenkosten“ fanden sich allerdings einzelne Positionen, die als feststehende Pauschalen aufgeführt waren. Das OLG Hamm wertete diese Klauseln als überraschend und damit als unwirksam. Der Mieter dürfe unter der Rubrik „Mietnebenkosten“ nur Betriebskosten erwarten, die jeweils neu abzurechnen seien, und müsse sich nicht auf feststehende Pauschalen einlassen (Urteil vom 8. Juni 2017, Aktenzeichen I-18 U 9/17).

Externer Kontakt:

Rechtsanwalt Ferdinand Mang ist Redakteur bei der anwalt.de Services AG in Nürnberg, die das Anwaltsverzeichnis anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2017, Seite 19

 
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