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Medical Valley

Gesunde Innovationen

FUX131112_Nanomedizin_5102 © Kurt Fuchs

Tumortherapie mit magnetischen Nanopartikeln: An der Uni-Klinik Erlangen wird an neuen Verfahren geforscht, um Tumoren hoch präzise bekämpfen zu können.

Die Region Nürnberg gilt als führend in der Medizintechnik. Der Verein „Medical Valley EMN“ hat großen Anteil daran.

Durch den Verein Medical Valley hat sich die Europäische Metropolregion Nürnberg in der Medizintechnik zu einer führenden Region Europas entwickelt“, so das Urteil von Dr. Robert Schmidt, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Innovation/Umwelt. Die enge Vernetzung der Wissenschaft mit der Wirtschaft sei dabei ein wichtiger Erfolgsfaktor gewesen. Dies zeige sich auch darin, dass medizinische Forschungsergebnisse in Mittelfranken besonders schnell in innovative Produkte umgesetzt werden: Ein Drittel aller deutschen Patente im Bereich „Medizin und Diagnostik“ komme aus der Region, so Schmidt mit Bezug auf den IHK-Patentreport.

Seit über zehn Jahren ist der Verein „Medical Valley Europäische Metropolregion Nürnberg“ (Medical Valley EMN) nun bereits aktiv, am 18. Januar 2007 wurde er mit dem Gründungsvorsitzenden Dr. Siegfried Balleis, dem damaligen Oberbürgermeister der Stadt Erlangen, aus der Taufe gehoben. In dieser Zeit hat sich der Verein als Koordinator eines ganzen Wirtschaftszweiges zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Die Nürnberger IHK wirkt seit der Vereinsgründung im Vorstand mit und war auch im Lenkungskreis der Vorläuferorganisation „Kompetenzinitiative Medizin-Pharma-Gesundheit“ vertreten.

Großes Netzwerk

Einer Einschätzung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zufolge ist die Initiative „eines der wirtschaftlich stärksten und wissenschaftlich aktivsten Medizintechnik-Cluster weltweit“. Knapp 200 Mitglieder aus Wirtschaft, Forschung, Gesundheitsversorgung und Politik sind in dem interdisziplinären Netzwerk aktiv, das Lösungen für die Gesundheitsversorgung von morgen erarbeitet. Mit im Boot: 180 Medizintechnik-Unternehmen mit insgesamt rund 16 000 Mitarbeitern (darunter mit Siemens Healthineers einer der Weltmarktführer), über 40 Krankenhäuser (u. a. das Universitätsklinikum Erlangen) mit jährlich mehr als 500 000 stationär behandelten Patienten, über 60 einschlägige Lehrstühle und Professuren sowie über 20 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit engem Bezug zur Medizintechnik. Medical Valley vernetzt all diese Partner, um – wie es in der Gründungssatzung formuliert wurde – das herausragende Potenzial in der Region zu koordinieren, weiterzuentwickeln und zu vermarkten.

Dieses Ziel wurde nach Aussage von Prof. Dr. Erich R. Reinhardt, dem Vorstandsvorsitzendem des Medical Valley EMN und früherem Chef von Siemens Medizintechnik, erreicht: Seit ihrer Gründung habe die Initiative Projekte mit einem Gesamtvolumen von über 150 Mio. Euro angestoßen. Zudem habe der Verein zu einem Schulterschluss der regionalen Akteure in der Medizintechnik geführt. Dieser sei notwendig, um im internationalen Standortwettbewerb eine wahrnehmbare Größe zu sein und um gegen Regionen wie Greater Boston Area, Silicon Valley oder Shanghai zu bestehen.

Wichtig für die Vernetzung der Kompetenzen ist auch, dass das Medical Valley EMN alle relevanten Stufen der medizinischen Versorgung umfasst: Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation. Globale Spitzenklasse bieten u. a. folgende Produktkategorien: bildgebende Diagnostik mit Computer- und Magnetresonanztomografie, Therapiesysteme in der Augenheilkunde, Telemedizin mit den führenden medizinischen Informationssystemen sowie Hightech-Implantate wie Herzschrittmacher. In der Metropolregion werde innovative Medizintechnik schnell von der Idee zum Produkt gebracht und zwar über alle Stufen der Innovationskette hinweg, so Jörg Trinkwalter, der Geschäftsführer des Medical Valley EMN. Beide für die medizinische Versorgung wichtigen Aktionsfelder – Gesundheitswirtschaft und Medizintechnik – seien in exzellenter Ausprägung vorhanden und arbeiteten eng zusammen. Dem stimmt auch Prof. Dr. Peter Kolominsky-Rabas, Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Public Health der Friedrich-Alexander-Universität (FAU), zu: „Wir können Medizinprodukte nicht nur fantasievoll denken, sondern auch in die Realität umsetzen. Daran arbeiten viele interdisziplinäre Gruppen in diesem Spitzencluster.“ Das Medical Valley sei damit eine einzigartige Plattform, die global operierenden Unternehmen, aber auch Mittelständlern helfe, schneller bessere Produkte auf den Markt zu bringen.

Digitalisierung

Dies zeigte sich auch in den vergangenen zehn Jahren, in denen die Initiative zahlreiche konkrete Erfolge einfahren konnte. Einen dieser Höhepunkte markierte das Jahr 2010: Damals gehörte das Medical Valley zu den fünf Gewinnern des Spitzencluster-Wettbewerbs, der vom Bundesforschungsministerium ausgelobt worden war. Damit verbunden waren Fördermittel von bis zu 40 Mio. Euro. Bayerns bisherige Wirtschaftsministerin Ilse Aigner würdigte bei einem Besuch in Erlangen vor Kurzem die Rolle des Vereins und dessen Vorstandsvorsitzenden Prof. Erich R. Reinhardt: Dank der Federführung des Medical Valley EMN sei es im vergangenen Jahr gelungen, den Zuschlag für den sogenannten „Digital Health Hub“ zu bekommen: Dieses Netzwerk ist eines von deutschlandweit insgesamt zwölf, mit denen das Bundeswirtschaftsministerium die digitale Innovation in verschiedenen Zukunftsfeldern voranbringen will. In der Region Nürnberg sollen nun Innovationen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens erforscht werden.

Aigner wies auch auf den neuen „Bayerischen Medizintechnikdialog“ (MedTech Dialog Bayern) hin, in dem das Medical Valley zwei der vier Arbeitsgruppen moderiert. Auch beim bayerischen Medizintechnik-Cluster schätze die Staatsregierung die enge Kooperation mit dem Medical Valley EMN, so Aigner, die in Erlangen auch die Gründung von bayernweit 20 neuen Professuren im Digitalbereich ankündigte – einer dieser Lehrstühle werde sich an der FAU dem Thema „E-Health“ widmen.

Bei ihrem Besuch in Erlangen brachte Aigner eine weitere erfreuliche Mitteilung mit: Fünf bayerische Forscherteams, davon zwei aus Erlangen, erhielten unter 59 Bewerbern jeweils 500 000 Euro vom Bayerischen Wirtschaftsministerium, um ihre Forschungsergebnisse in ein Start-up zu überführen. So untersucht das Erlanger Professoren-Team Jochen Klucken, Jürgen Winkler und Björn Eskofier vom Uni-Klinikum Algorithmen, die in der Lage sind, das Risiko von Stürzen vorherzusagen – beispielsweise bei Personen, die an der Parkinson-Krankheit leiden und damit besonders gefährdet sind. Die Ergebnisse basieren auf speziellen Gangmustern, die durch integrierte Trägheitssensoren erfasst werden. Eine halbe Mio. Euro bekam auch In Seong Yoo von der FAU, der an einem künstlichen Schließmuskel für die Therapie von Harninkontinenz forscht. Außerdem überreichte Aigner einen Förderbescheid über 320 000 Euro für ein Verbundprojekt, bei dem Prof. Dr. Christoph Alexiou von der Uni-Klinik Erlangen und Uwe Hannemann von „E&L medical systems“ in Erlangen zusammenarbeiten: Sie beschäftigen sich mit der intelligenten Vernetzung von Daten aus der präklinischen Forschung.

Medizintechnisches Gründerzentrum

Ein wichtiger Nukleus für neue Geschäftsideen in der Medizintechnik ist das Gründerzentrum „Medical Valley Center“ in der Erlanger Henkestraße, das bereits 2003 errichtet wurde und in dem auch der Verein Medical Valley EMN seinen Sitz hat. Die Flächen des Gründerzentrums sind fast vollständig vermietet, bisher wurden mehr als 75 Unternehmen in den ersten Jahren nach ihrer Gründung begleitet. Die IHK Nürnberg für Mittelfranken ist Gründungsmitglied und Gesellschafterin der Betriebsgesellschaft. Dr. Robert Schmidt, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Innovation/Umwelt, wirkt als Aufsichtsratsvorsitzender sowie als Vorstandsmitglied des Trägers. Daneben unterstützt die IHK mit eigenen Beratungsleistungen und Angeboten – wie z. B. dem IHK-AnwenderClub „Medizin und Gesundheit“ – den Technologietransfer und die Netzwerkarbeit. Aktuell fördert die IHK die Initiative zur Entwicklung eines systematischen Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM), in dem zahlreiche regionale Pilot-Unternehmen mitwirken. Der Hintergrund dieser Aktivitäten: Dem Kompetenzfeld „Medizin und Gesundheit“ kommt im Entwicklungsleitbild der EMN, das unter Federführung der IHK erarbeitet wurde, eine herausragende Stellung zu.

Mitte 2016 folgte der Aufbau eines zweiten Gründerzentrums mit 7 000 Quadratmetern und 70 Büros in Forchheim. 90 Prozent der Investitionskosten von 11,2 Mio. Euro wurden aus Fördermitteln finanziert – ein Coup der besonderen Art. Reinhardt: „Wir brauchen solche Zentren, da der Bedarf nach Flächen in diesen Innovationszentren groß ist. Durch das gemeinsame Management der Standorte Erlangen und Forchheim entstehen Synergien, die den Betrieb effizienter und effektiver machen.“ Großes Potenzial, um Prävention, Diagnose, Therapie, Nachsorge und Pflege zu optimieren, sieht er insbesondere im Bereich Digital Health. Weltweit bestehe eine steigende Nachfrage nach digitalen Innovationen im Gesundheitssektor. Deshalb wolle das Medical Valley EMN kleinen und mittleren Unternehmen der Medizintechnik neue Geschäftsmöglichkeiten im Ausland erschließen. Genutzt werde dafür die Plattform „European Innovation Institute for Technology“ (EIT), mit der die Europäische Union die Innovation in verschiedenen Technologiefeldern fördern will.

Autor/in: 

(ug.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2018, Seite 24

 
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