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Marketing-Projekte besser managen: Digitale Anwendungen machen die Abstimmung zwischen Agentur und Kunden effizienter.

Nicht nur in Industrie und Handel sorgt die Digitalisierung für Umwälzungen, sie kann auch den Ablauf von kreativen Prozessen deutlich verbessern. Die neuen Möglichkeiten werden in vielen Agenturen allerdings erst zögerlich genutzt, zumal sie Mut und neue Wege im Projektmanagement erfordern. Die digitalen Anwendungen haben eine intensivere Vernetzung mit dem Kunden zur Folge, außerdem erfordern sie eine andere Herangehensweise beim Entwickeln von Ideen sowie neue Wege beim Projektablauf und beim Zeitmanagement.

Wenn die sogenannte „Smart Agency“ erfolgreich sein soll, müssen die Mitarbeiter in den Agenturen, aber auch bei den werbetreibenden Unternehmen umdenken. Man verabschiedet sich von der klassischen Vorgehensweise, bei der die Beteiligten die einzelnen Schritte sozusagen kaskadenartig hintereinander abarbeiten. Vielmehr sind beide Seiten stets über den aktuellen Bearbeitungsstand informiert und können ihn online einsehen, sodass Änderungswünsche und Korrekturen schnell abgestimmt werden. Es wird vermieden, dass die Agentur nach intensiver Arbeit Vorschläge vorlegt, die dann vom Kunden nach oft umständlichen Korrekturrunden verworfen werden. Deshalb wird man davon absehen, ein allzu starres Pflichtenheft zu erstellen. Stattdessen wird das Projekt kontinuierlich angepasst, wenn sich die Anforderungen ändern.

Wie geht nun ein so strukturiertes Projekt technisch und organisatorisch vonstatten? Etabliert hat sich hier das aufeinander aufbauende Vorgehen nach dem Scrum-Prinzip. Es wurde ursprünglich als Modell zur Software-Entwicklung eingesetzt und bezeichnet eine agile Methode für das Projektmanagement. Sie ermöglicht es, komplexe Projekte umzusetzen – und zwar mithilfe eines schlanken Grundgerüsts aus wenigen Regeln und klar definierten Rollen für alle Beteiligten. Scrum spaltet jedes Projekt in kleinere und weniger komplexe Bestandteile (sogenannte Inkremente) auf, die einfach bearbeitet werden können.

Bei Scrum bekommt der Kunde eine neue Rolle zugewiesen: Er ist als Teammitglied voll in die kreativen Prozesse eingebunden. Ein vermeintlicher Mehraufwand in der Abstimmung gleicht sich durch schnellere Projektergebnisse aus. In den meisten Fällen sind 80 Prozent der Arbeitsergebnisse im kreativen Prozess nach relativ kurzer Zeit erbracht. An diesem Punkt steigt der Kunde ein und kann wichtige produkt- oder markenspezifische Informationen mit einbringen. Dieses Vorgehen setzt voraus, dass auch der Kunde die Beziehung zur Agentur neu denkt, da er schon im Entwurfsstadium an dem Projekt mitwirkt. Dafür fallen weniger Korrekturmaßnahmen an, wenn sich die Agentur an die zeit- und ressourcenintensive Umsetzung der restlichen 20 Prozent der Arbeitsleistung macht.

Scrum-Software

Mit agilen Projektmanagement-Systemen oder passender Scrum-Software lässt sich das geänderte Rollenverständnis zwischen Agentur und Kunde ohne große Reibungsverluste umsetzen. Dafür ist meist eine einfache Online-Anbindung ausreichend. Hier gibt es diverse cloudbasierte Anwendungen wie „Monday“, „Trello“ und „Wrike“; aber auch einfachere Online-Dienste, die Notizen und Aufgaben verwalten, lassen sich einsetzen, zum Beispiel „Task coach“ oder „Todoist“. Alle verfügbaren Programme werden überwiegend in Form von Apps genutzt. Der Unterschied von cloudbasierten Anwendungen zur Prozesssteuerung per App ist jedoch, dass meist pro Benutzer eine Lizenzgebühr anfällt und alle Teammitglieder per Online-Zugang Informationen austauschen. Das setzt auch im Hinblick auf die Datensicherheit entsprechendes Vertrauen zwischen beiden Seiten voraus, das die Basis für eine langfristige Kundenbeziehung bildet.

Im Bereich der technischen Dokumentation haben sich verschiedene Webanwendungen wie „Jira“ als Standard etabliert bzw. „Github“ für Entwicklerteams. Sie haben auch in der Agenturbranche Eingang gefunden. Je komplexer das Projekt ist, desto wichtiger ist es, dass die Systeme untereinander kompatibel sind.

Zum Start eines Projekts wird ein internes Team in der Agentur gebildet und der sogenannte „Scrum Master“ zum Leiter dieses Teams ernannt. Ihm gegenüber steht auf Kundenseite der „Product Owner“. Kunde und Agentur haben beide Zugang zum Projektmanagement-System, in dem einzelne Projektschritte als Arbeitspakete transparent abgelegt sind und vom Product Owner jederzeit verfolgt werden können. Somit sind nicht mehr ausschließlich die Berater oder Projektmanager der Agentur auf dem neuesten Stand, sondern die Informationen des Kunden zur Marke oder zum Produkt stehen dem ganzen Team sofort zur Verfügung. Eine parallele, ineinandergreifende Zusammenarbeit wird dadurch möglich. Die Bearbeitung der Arbeitspakete erfolgt in sogenannten Sprints, das sind Zeiträume von ein bis zwei Wochen. Wenn neue Ergebnisse vorliegen, können Änderungen sofort umgesetzt werden, das „Werkstück“ optimiert sich permanent. Benutzerdefinierte Übersichten, sogenannte „Dashboards“, helfen dem Team, Aufgaben nach gewählten Kriterien zu filtern: Was steht heute an? Welche Aufgaben sind überfällig? Jedes Teammitglied konfiguriert sein individuelles Dashboard nach dem persönlichen Bedarf.

Vorteile der Methode

Die Vorteile des Konzepts liegen auf der Hand: Mehr Transparenz und eine flexiblere Zusammenarbeit helfen der Agentur, optimale Ergebnisse zu liefern. Agentur und Kunde gewinnen an Sicherheit, dass sie auf neue Anforderungen umgehend reagieren können und dass die eingeplante Zeit optimal genutzt wird. Der Kunde erhält früher ein konkretes Produkt und hat die Terminplanung besser im Blick. Darüber hinaus kann die Agentur technische oder designspezifische Entwicklungen besser vorwegnehmen.

Auch finanziell hat das Vorgehen große Vorteile: Die Budgets werden schon in der Konzeptionsphase zielgerichtet eingesetzt, das beugt einem bösen Erwachen bei Abschluss des Projekts vor. Das zieht auch ein Umdenken bei der Vergütung nach sich: Die bisher praktizierten starren Budgets sind nicht mehr sinnvoll, an ihre Stelle tritt eine Budgetplanung, die immer sofort neu justiert werden kann. Bei den neuen Modellen steht nicht die maximale Auslastung der Projektressourcen im Fokus, sondern die Wertmaximierung auf Seiten des Kunden. Pauschalen, Rahmenverträge und Retainer, also monatliche Abschlagszahlungen, gewinnen an Bedeutung und erleben eine Renaissance. Wichtiger Nebeneffekt: Die höhere Transparenz bei den Kosten über den gesamten Projektverlauf schafft mehr Vertrauen zwischen Agentur und Kunden.

Autor/in: 

Jörg Meister ist Diplom-Industriedesigner und Geschäftsführender Gesellschafter bei der Kommunikationsagentur SWZ in Nürnberg (meister@swz.dewww.swz.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2018, Seite 44

 
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