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Nürnberger Baugruppe

Von Beton bis Rechenzentrum

2018tt_07776 _lo © Thomas Tjiang

In der Baubranche zuhause: Die Geschäftsführer der Nürnberger Baugruppe, Rudolf Edelmann (r.) und Oswald Heizenreder.

Die Nürnberger Baugruppe gehört mit ihren drei Säulen Bauproduktion, IT und Projektentwicklung zu den etablierten Branchenvertretern in der Region

Das Unternehmen zählt im Großraum Nürnberg zu den großen Mittelständlern, die dem Namen nach kaum einer kennt. Dabei finden sich unter dem Dach der Nürnberger Baugruppe GmbH + Co KG mehr als 15 Unternehmen. Begonnen hatte es mit der Firma Tauber Bau, deren Geschichte über 200 Jahre bis in das Jahr 1815 zurück reicht. Sie hat die Region baulich mitgeprägt: 1905 baute Tauber u. a. das heutige Opernhaus als neues Stadttheater am Ring, das damals als teuerster Theaterbau in Europa galt. 1912 wurde das exponierte Grand Hotel gegenüber dem Nürnberger Hauptbahnhof fertiggestellt. Darüber hinaus wurde etwa auch der U-Bahnhof Langwasser errichtet, die einstige Schöller-Lebkuchenfabrik, die Rollbahn des Flughafens und der Business Tower.

1932 übernahm der junge Bauingenieur Karl Hannewald die Firma Tauber Bau, nach der Zerstörung Nürnbergs im Zweiten Weltkrieg wuchs das Unternehmen ab Mitte der 1950er Jahre wieder kontinuierlich. Das große Areal im Nürnberger Norden, Ecke Kilian- und Rollnerstraße, wurde neuer Stammsitz. Anfang der 1960er Jahre wurde mit der Firma Mennicke ein Spezialist für Rohrleitungsbau übernommen, zugleich die Sparte Forststraßenbau ausgebaut und um die Sparte Straßenbau erweitert. Im Ingenieurbau entwickelte sich das Familienunternehmen zu einem Spezialisten für Bauten der Wasserversorgung und für Kläranlagen.

Ein Meilenstein war bereits Ende der 1960er Jahre die Gründung des Baurechenzentrums BRZ, Deutschlands erster Institution dieser Art. Als Pionierleistung wurde die Zeiterfassung und Abrechnung mit einem ersten Computer in ein neues Zeitalter geführt. Hier tat sich eine Marktlücke auf, weshalb diese Dienstleistungen auch anderen Branchenbetrieben angeboten wurden. Mit den neuen Möglichkeiten der Computertechnik entwickelten sich diese Services kontinuierlich weiter. Mitte der 1980er Jahre formte die Hannewald-Familie die Nürnberger Baugruppe, um das gewachsene Firmenportfolio durch weitere Gründungen und Zukäufe effizient managen zu können.

Heute ist die Nürnberger Baugruppe in drei Bereichen aktiv: In der Sparte Bauproduktion geht es um Bauen und Sanieren mit den Firmen Mennicke Rohrbau, Brochier Rohrleitungsbau, Bau Kaiser und Schachtbau. Dazu kommt die EDV-Sparte Organisieren mit dem BRZ und deren beiden Töchtern in Frankreich und der Schweiz. Im Segment Projektentwicklung und Realisieren finden sich die Firmen Bayernhaus, Tauber Bau und George Bähr. Der Umsatz von etwas über 150 Mio. Euro verteilte sich im letzten Geschäftsjahr fast gleichmäßig auf die drei Geschäftsfelder, berichtet Geschäftsführer Rudolf Edelmann, der mit Gernot Hannewald und Oswald Heizenreder die Geschicke der Gruppe führt. Für das laufende Jahr rechnet Edelmann mit einem Umsatzplus auf grob 170 Mio. Euro. Zu den zuletzt gut 1 250 Mitarbeitern sollen noch bis Jahresende bis zu 100 weitere hinzukommen – wenn sie am Markt zu bekommen sind.

Die Baugruppe folgt einer alten Firmendevise: Man wolle nicht zu den größten Unternehmen gehören, sondern zu den gesündesten. Daraus resultiere bis heute eine unternehmerische Politik gerade in der Sparte Bauproduktion, die auf Vorsicht bei großen Projekten setzt. Um den eigenen Qualitätsanspruch erfüllen zu können, realisiere man eher vergleichsweise kleine Projekte mit ausgereifter Planung im kleineren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. In der Praxis komme es immer wieder vor, dass Investoren lieber ein schnell fertiges Objekt wollen und entsprechend Druck machen – ohne ausgereifte Planung. Das Ergebnis so einer Strategie lasse sich beispielhaft an der Dauerbaustelle des Berliner Flughafens BER oder der Kostenexplosion bei der Hamburger Elbphilharmonie ablesen. Mit dieser Hausstrategie sieht Edelmann auch die häufig in der Branche beklagte Billigkonkurrenz aus Osteuropa ziemlich gelassen. Die seien eher gefühlt günstiger, wenn man allein den Stundenlohn betrachte. Beim Blick auf die Leistung pro Stunde oder die Qualität pro Stunde falle die Rechnung aber schon ganz anders aus.

Im Bereich von Bayernhaus mache das Geschäft derzeit Freude, Edelmann sieht bei seinen Projekten relativ akzeptable Renditen. Trotz des Käuferbooms im Wohnbereich ist allerdings nicht alles Gold, was glänzt. Denn steigende Preise bei Grundstücken, Rohstoffen und die wachsenden Kosten, um beispielsweise energetische Vorgaben einzuhalten, machen den Wohnbau nicht zur Goldgrube. Am Markt sei der Neubau teuer, ein Altbau sogar überteuert.

Der EDV-Bereich, der genau vor 50 Jahren gegründet wurde, hat sich mit dem BRZ als größter Datenverarbeiter im Baubereich etabliert. Jeden Monat werden rund 140 000 Lohnabrechnungen erstellt. Der Dienstleister hat mittlerweile ein großes Angebotsspektrum entwickelt. Kleine und mittelgroße Baubetriebe können ihre gesamte kaufmännische Verwaltung, den Baulohn und das Rechnungswesen an das BRZ auslagern. Für Mittelständler werden individuell abgestimmte Lösungen mit integrierter Bausoftware und Branchen-IT angeboten, über ein bundesweit flächendeckendes Netz wird zudem eine individuelle Beratung und Betreuung vor Ort sichergestellt.

Generalunternehmer können auf Anwendungen zum modellbasierten Arbeiten zurückgreifen, auch Building Information Modeling (BIM) genannt. Diese Methodik ermöglicht eine exakte Zeit- und Kostentransparenz in allen Phasen. Beim BIM sind die gesamten Prozesse von der Planung über Vergabe bis zur Ausführung und letztlich auch der gesamten technischen Dokumentation für den Gebäudebetrieb bis hin zum Abriss digitalisiert. Gerade für die mittelständisch geprägte Baubranche werde ein solcher Trend hin zu digitalen Prozessen in der Zukunft zum Nadelöhr. Edelmann fürchtet, dass in den nächsten zehn Jahren der typische Mittelständler vom Markt verschwinden werde, weil er den Fortschritt bei Digitalisierung und EDV nicht mitmachen kann. Entsprechend werde sich der Markt weiter in wenige große und viele Klein- und Kleinstbetriebe aufspalten. Die Nürnberger Baugruppe sieht sich mit dem BRZ als interner und externer Dienstleister in diesem Segment gut aufgestellt.

Den anderen Engpass diagnostiziert Edelmann beim qualifizierten Personal und beim Nachwuchs. Hier habe die gesamte Branche viel verschlafen und auch zu wenig am Image gearbeitet. Die Gruppe selbst hat sich deshalb die Strategie „NBG 4.0“ verordnet. Sie soll die hauseigenen Werte Bescheidenheit und Unternehmertum weiter stärken und rückt Teamarbeit, Eigenverantwortung und Fehlerkultur in den Mittelpunkt. Nach außen ist das durch einen regelmäßigen Tag der offenen Tür, Ferienjobs und Probearbeit für Ausbildungs-Interessierte sichtbar. So soll ein weiterer Leitsatz aus der stattlichen Firmengeschichte mit Leben gefüllt werden: „Bauen bedeutet Technik und Können, genauso wie Leidenschaft und Vision.“

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2018, Seite 78

 
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