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IHK-Gremium Landkreis Roth

Interessen ausgleichen

Politik und Wirtschaft: Joachim von Schlenk-Barnsdorf (Vorsitzender IHK-Gremium Landkreis Roth), Isolde Krahle (Unternehmerfabrik Landkreis Roth), Staatsminister Hubert Aiwanger, Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer und Moderator Prof. Dr. Thomas Edenhofer (Baker Tilly; v. l.).

Erneuerbare Energien, Flächenpolitik, Unternehmenssteuern: Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger erörterte in Roth die Grundlinien seiner Politik.

Unterschiedliche Interessen im Konsens zusammenführen: Angesichts der oft aufgeheizten politischen Debatten sei ihm dies ein wichtiges Anliegen, so Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) beim Neujahrsempfang des IHK-Gremiums Landkreis Roth (IHKG). Er wurde von IHKG-Vorsitzendem Joachim von Schlenk-Barnsdorf in der Rother „Kulturfabrik“ begrüßt, wo er vor Gästen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung die Grundlinien seiner Politik skizzierte.

Den wenige Tage zuvor erzielten Kompromiss zum Kohleausstieg nannte er als ein Beispiel, wie ein sachorientierter Ausgleich verschiedener Interessengruppen gelingen könne. Nun müssten alle Beteiligten den „Kohle-Kompromiss“ umsetzen und dabei Sorge tragen, dass die Erhöhung der Energiekosten für Wirtschaft und private Haushalte im Rahmen bleibe. Mit dem Auslaufen der Kohlekraftwerke würden die erneuerbaren Energien noch wichtiger, es müsse nun massiv in deren Ausbau investiert werden: „Das Energiesystem muss noch regionaler und dezentraler werden.“ Als wichtige Elemente einer dezentralen Energiewirtschaft nannte er u. a. den Ausbau von Speichertechnologien, die Umwandlung von überschüssigem Strom in Gas („Power to Gas“) sowie mehr Anreize, um in Photovoltaik-Anlagen auch für den Eigenverbrauch zu investieren. Großes Potenzial sieht Aiwanger bei der intelligenten Steuerung der Energienetze: Durch die sogenannten „Smart Grids“ könnten große Leistungsreserven der bestehenden Energienetze besser genutzt und so der kostspielige und umstrittene Leitungsausbau begrenzt werden. Einer Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke über das Jahr 2022 hinaus erteilte er eine Absage.

Einen Ausgleich will Aiwanger in Bayern auch beim Thema Flächenpolitik erreichen: Mit Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Verwaltung und Naturschutz sollen verträgliche Lösungen gefunden werden, um den Flächenverbrauch zu begrenzen und gleichzeitig die Wirtschaft mit benötigten Flächen zu versorgen.

Moderator Prof. Dr. Thomas Edenhofer (Kanzlei Baker Tilly in Nürnberg) fragte, mit welchen Themen die Freien Wähler Akzente im Koalitionsvertrag gesetzt hätten. Aiwanger nannte neben der Flächenpolitik insbesondere diese Aspekte: Kostenfreiheit bzw. Zuschüsse für die Kinderbetreuung, mehr Lehrerstellen, hohe Investitionen in Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sowie Ablehnung der geplanten dritten Startbahn am Flughafen München. Beim Mindestlohn will Aiwanger die Bürokratie und die Dokumentationspflichten verringern. Wichtig für Gastronomie, Hotellerie und andere Branchen sei eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit – insbesondere die Möglichkeit, von der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden abzuweichen.

Nachholbedarf sieht Aiwanger beim Thema Steuerpolitik: Wichtige Industrieländer hätten die Sätze ihrer Unternehmenssteuern deutlich gesenkt oder planten dies. Deutschland mit einer im internationalen Vergleich überdurchschnittlichen Steuerlast der Betriebe müsse für Entlastungen sorgen, um als Standort attraktiv zu bleiben. Der Minister sprach sich zudem für die Abschaffung der Erbschaftssteuer aus; die Gewerbesteuer will er dagegen als wichtige Finanzierungsquelle der Kommunen erhalten. Bei der Veranstaltung in Roth unterstützte Aiwanger die Forderung, Ausgaben für Forschung und Entwicklung steuerlich zu begünstigen.

Die Europäische Union hält Aiwanger für unverzichtbar, um Wohlstand und Frieden zu sichern. Allerdings müsse eine „EU der Bürger und Regionen“ die Sorgen und Befindlichkeiten der Menschen stärker beachten, so der Politiker mit Blick auf den „Brexit“ und die Flüchtlingskrise im Jahr 2015. Er sprach sich auch gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden und gegen dauernde Zuschüsse für Länder mit hoher Verschuldung aus.

Ausdrücklich lobte Staatsminister Hubert Aiwanger die Zusammenarbeit mit den IHKs und den Handwerkskammern in Bayern. „Eine Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern ist mit mir nicht zu machen. Dadurch würde ihre Schlagkraft deutlich abnehmen. Und wer sollte sonst so wichtige Aufgaben wie die Berufsbildung erledigen?“

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2019, Seite 42

 
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