Telefon: +49 911 1335-1335

Winkler & Schorn

Sauber verpackt

FUX190326_WinklerundSchorn_9981 © Kurt Fuchs

Geschäftsführer Dr. Christian Lutzky gibt einen Einblick in das Produktspektrum seines Unternehmens.

Wer Lebensmittel verkauft, muss diese hygienisch einpacken – das Material dafür liefert eine Firma aus Roßtal.

Schon 1840 warb Winkler & Schorn in einer Annonce mit einem „gut assortierten Papierlager“. Diese Beschreibung passt noch heute: Der auf Lebensmittelverpackungen und Hygienepapiere spezialisierte Großhandel hat rund 14 000 Artikel im Sortiment – von der Brötchentüte über die Mehrweg-Pommes-Schale bis zum Pizzakarton. Etwa 5 000 Artikel sind in der Zentrale in Roßtal vorrätig. Alle anderen Kundenwünsche werden „auf Zuruf“ erfüllt. Das Unternehmen hat sein Beschaffungsnetz weit gespannt: „Der Schwerpunkt ist Europa, aber einige Zulieferer sitzen auch in den USA und in Asien“, erklärt Geschäftsführer Dr. Christian Lutzky.

Vor der ca. 5 000 Quadratmeter großen Lagerhalle im Gewerbegebiet an der Peripherie von Roßtal herrscht normalerweise schon um fünf Uhr morgens reger Betrieb, wenn die roten Lkw mit dem 1861 kreierten Firmenschriftzug zu ihren Tagestouren starten. Das Unternehmen mit derzeit 40 Beschäftigten beliefert seine Kunden in der Regel durch den eigenen Fuhrpark. „So haben wir ein engen persönlichen Kontakt mit unseren Abnehmern und können eine hohe Servicequalität bieten“, so Christian Lutzky. Der Großteil der Kundschaft ist in einem Radius von etwa 200 Kilometern rund um die Firmenzentrale in Roßtal beheimatet. Das Spektrum besteht vor allem aus Bäckereien und Metzgereien, Schaustellerbetrieben, der Gastronomie sowie Kantinen. In der Sparte Hygieneprodukte liefert der Großhändler auch an Krankenhäuser, Altenheime und Großküchen.

Wurzeln in Nürnberg

Ursprünglich war das Familienunternehmen nicht im Landkreis Fürth zuhause, sondern in Nürnberg. In der auf den 21. August 1827 datierten Eintragung beim Magistrat der Stadt Nürnberg, quasi der Geburtsurkunde der Firma, ist als Adresse die Bergstraße in der Altstadt angegeben. Damals war Winkler & Schorn ein „Detailgeschäft“ mit einem gemischten Sortiment, erst 1919 nach dem Umzug in die Theresienstraße 14 kristallisierte sich der Papier- und Papierwarenhandel als Schwerpunkt heraus. Beim Bombenangriff am 2. Januar 1945 wurde der Firmensitz völlig zerstört. „Vom Geschäft war nur noch der gute Namen übrig“, erzählt Christian Lutzky. Auf dieses immaterielle Kapital setzte Walter Lutzky, der 1949 in die Firma einstieg. Der Vater des heutigen Geschäftsführers baute den Großhandel von Winkler & Schorn wieder auf und trieb die Expansion zunächst in Mittelfranken, später in ganz Nordbayern voran. 1958 wurde er Gesellschafter des Unternehmens. Ein Jahr später eröffnete er eine Niederlassung am Obst- und Gemüsegroßmarkt an der Leyher Straße. Im 1955 fertiggestellten Rathaus hat Winkler & Schorn vis-à-vis vom Schönen Brunnen einen Laden eingerichtet. Dort wurden feine Papierwaren, Schreibwaren und Geschenkartikel verkauft, ehe 2017 die Entscheidung fiel, sich aus dem Einzelhandel zurückzuziehen und sich ganz auf den Großhandel mit Lebensmittelverpackungen und Hygienepapieren zu konzentrieren.

Nach mehreren Interimsquartieren baute Winkler & Schorn Anfang der 1970er Jahre sein eigenes Gebäude in der Flachslander Straße im Nürnberger Stadtteil Kleinreuth bei Schweinau. Nach drei Jahrzehnten platzte der Firmensitz jedoch aus allen Nähten: „Manchmal mussten wir Ware tagsüber auf den Hof stellen“, erinnert sich Christian Lutzky. Er trat 2006 als 31-Jähriger in das Familienunternehmen ein, nachdem er mit BWL-Studium und Promotion zunächst die akademische Laufbahn eingeschlagen hatte. Zusammen mit seinem Vater führte er als Prokurist 2007 beim Umzug nach Roßtal Regie: Dort hatte Winkler & Schorn das ideale Firmengelände gefunden und übernahm das Areal einer Kartonagenfabrik.

Auch nach dem Ortswechsel blieb eine traditionelle Verbindung zu Nürnberg erhalten, die Walter Lutzky begründet hatte. Er belieferte seit der Nachkriegszeit die vielfältigen Buden am Christkindlesmarkt. Daher rühren die engen Verbindungen zum Schausteller-Gewerbe: Wer sich auf Volksfesten oder Kirchweihen Leckereien oder Getränke gönnt, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verpackung aus dem Winkler & Schorn-Großhandel in der Hand. Das Familienunternehmen hat eine Kooperation mit dem Deutschen Schaustellerbund und lässt exklusiv Spitztüten, Faltenbeutel und Tragetaschen mit dem „Schaustellerherz“-Logo fertigen.

Verpackungsgesetz als Herausforderung

Zu den großen Herausforderungen im Geschäftsalltag von Winkler & Schorn zählt das am 1. Januar 2019 in Kraft getretene Verpackungsgesetz (VerpackG). Demnach ist derjenige, der erstmalig verpackte Waren für Endverbraucher in Deutschland „gewerbsmäßig in Verkehr bringt“ für die ordnungsgemäße Entsorgung der Verpackungen verantwortlich. Dazu müssen die sogenannten „Erstinverkehrbringer“ einen entsprechenden Systembeteiligungsvertrag mit einem Entsorger abschließen und sich bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister registrieren lassen. Für Serviceverpackungen, etwa Wurstpapier oder Brötchentüte, gelten Spezialregeln. Hier können „Erstinverkehrbringer“, sprich Metzger oder Bäcker, die Systemanmeldepflicht an den Lieferanten der Verpackungen „vordelegieren“. Wie Christian Lutzky berichtet, macht etwa die Hälfte seiner Kunden davon Gebrauch. Der Mittelständler hat dafür eigens eine spezielle Software programmieren lassen. Dieser Aufwand schafft jedoch Mehrwert für die Kunden: „Wir erleben häufig, dass zum Verpackungsgesetz nach wie vor viele Unklarheiten bestehen. Deshalb bieten wir intensive Beratung an“, berichtet der Geschäftsführer.

Auf Beratung und Service setzt Christian Lutzky auch auf anderen Themenfeldern. Es ist seine Strategie, um sich künftig am Markt zu behaupten. Als promovierter Marktforscher ist ihm durchaus bewusst, dass der Megatrend Digitalisierung grundsätzlich eine Bedrohung für die Vertriebsstufe Großhandel darstellt. Er ist jedoch überzeugt, dass im komplexen Segment der Lebensmittelverpackung die persönliche Betreuung und Beratung der Kunden durch Außendienstmitarbeiter weiterhin unersetzlich bleiben wird: „Die richtige Auswahl der Produkte erfordert viel Hintergrundwissen, angefangen vom Lebensmittelrecht bis zu Fachkenntnissen über Material und Rohstoffe.“

Auf Messen und anderen Branchentreffpunkten wird derzeit Nachhaltigkeit stark gehypt. „Etwa 95 Prozent der Gespräche an unserem Stand drehen sich um dieses Thema“, so der Geschäftsführer. Allerdings machen nachhaltige Verpackungen lediglich fünf Prozent des Umsatzes aus – obwohl Winkler & Schorn ein umfangreiches „Go Green“-Sortiment anbietet. Dessen Palette reicht von kompostierbaren Tüten jedweder Form und Größe über Kaffeebecher aus Bambusfasern bis zu Menü-Boxen aus Bagasse. Aus diesem Nebenprodukt der Zuckerherstellung gibt es auch Teller und Salatschalen. Was Christian Lutzky bisweilen sehr nachdenklich stimmt, ist die Diskrepanz zwischen ökologischer Rhetorik und konkretem Handeln: Nach wie vor seien nur wenige Kunden bereit, für nachhaltige Verpackungen etwas mehr auszugeben. Dabei beträgt der Preisunterschied zwischen einem Standard-Kaffeebecher und der Öko-Variante gerade einmal ein bis zwei Cent pro Stück.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2019, Seite 66

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick