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SSF-Verbindungsteile

Keine Schraube locker

2019tt_12114 SSF © Thomas Tjiang

Traditionsbetrieb: Geschäftsführer Dr. Norbert Werner (l.) und Christian Pilgram-Rupprecht, Nachkomme der Unternehmerfamilie in dritter Generation, vor einer alten Druckpresse.

Das Nürnberger Unternehmen hat sich auf Schrauben und Kaltformteile spezialisiert und ist seit 100 Jahren im Geschäft.

Nur wenige hundertstel Millimeter Toleranz: Bei den hoch präzisen Schrauben und Kaltformteilen der SSF-Verbindungsteile GmbH in Nürnberg sei in der Qualitätskontrolle mehr Spielraum nicht vertretbar, berichtet Geschäftsführer Dr. Norbert Werner. Zum Vergleich: Solche Abweichungen sind kleiner, als ein menschliches Haar dick ist. Die Maschinen, die am Stammsitz in Großgründlach rund um die Uhr, teilweise bis zu sieben Tage die Woche laufen, müssen die hohen Qualitätsanforderungen gleichbleibend erfüllen. Wurde früher bei den Kunden noch eine Fehlerquote von rund 500 Stück auf eine Million Artikel akzeptiert, strebt SSF heute an, bei dieser Menge fehlerfrei zu sein. Das klingt anspruchsvoll, für Werner ist es aber eher eine Chance.

Die hoch präzise Technik und Qualität habe für ihn hohes Potenzial für die Fertigung in einem Hochlohnland: Je komplizierter die Verbindungstechnik sei, um so größer die Möglichkeiten, sich von den mehreren 100 Wettbewerbern in Deutschland, Europa und vor allem in Asien abzuheben. Am liebsten ist es Werner, wenn ein Kunde mit einer eigenen Zeichnung kommt, die SSF dann umsetzen soll. Die Vorlaufzeit für die Entwicklung könne schon einmal zwei Jahre dauern, wenn etwa die Eigenschaften von zwei Schrauben in einer vereint werden sollen. „Das kann nicht jeder“, sagt Werner.

Pressen, Walzen, Bohren, Drehen

Insgesamt umfasst das Produktspektrum von SSF Schrauben und Kombi-Schrauben sowie Nieten und Kaltformteile. Hinter letzteren verbergen sich Verbindungsteile, die direkt aus Metall gepresst werden. Sie werden beispielsweise aus rostfreiem Stahl, Aluminium, Kupfer, Messing oder Sonderwerkstoffen hergestellt. Das breite Sortiment von SSF umfasst rund 800 bis 900 verschiedene Artikel.

In den Werkshallen finden sich über 160 Maschinen, die die Metalle pressen, walzen, bohren oder drehen. Zum Einsatz kommen u. a. sogenannte Sechs-Stufen-Pressen, um nahezu ohne Materialabfall ressourcenschonend einbaufertige Bauteile zu produzieren. Die Fertigungswerkzeuge entwickelt und baut das Unternehmen komplett im eigenen Haus. Pro Jahr verarbeitet SSF rund 4 500 Tonnen Stahl. In der Produktion beträgt die kleinste Auflage pro Artikel rund 50 000 Stück, kann aber auch einmal mehr als 100 Mio. Stück pro Jahr erreichen. Die Abnehmer stammen zu gut einem Drittel aus der Automobilbranche, gefolgt vom Haushaltsgeräte-Sektor mit Geräten wie Waschmaschinen, Trocknern und Herden. Danach folgen die Sparten Elektroindustrie und Elektronik, technische Dienstleister sowie Hersteller von Beschlägen.

Den Strukturwandel in der Kfz-Industrie weg vom Verbrennungsmotor hin zum bautechnisch einfacheren E-Antrieb beobachtet Werner aufmerksam. Das Unternehmen hat sich so aufgestellt, dass es nicht von einer Branche allein abhängig ist und jeder Bereich einen überschaubaren Anteil unter den Abnehmern hat. Zudem werden die SSF-Schrauben auch weiterhin für Sitze oder Scheibenwischer benötigt. Bei der Frage, ob man den Kfz-Produktionsstandorten in alle Welt folgen soll, hat sich das Unternehmen für die nach seinen Worten vorsichtigere und bodenständige Variante entschieden: Man agiere lieber von Nürnberg aus.

Fast zwei Drittel des Geschäfts macht das Unternehmen im Inland, ein weiteres knappes Drittel entfällt auf Europa und nur sieben Prozent gehen nach Asien, USA und Lateinamerika. Nach einem Umsatz von 30 Mio. Euro im Jahr 2018 wird dieser im laufenden Jahr knapp unter dem Vorjahr liegen – hier schlage sich eine gedrosselte Produktion bei manchem Kunden nieder. Die Zahl der Beschäftigten liegt aber stabil bei 200. Um frischen Wind und neue Ideen zu bekommen, werden pro Jahr bis zu 40 Praktikanten aus Bachelor-Studiengängen beschäftigt und regelmäßig Abschlussarbeiten an Studierende vergeben. Aus diesem Kreis wird auch der Großteil der Techniker und Ingenieure eingestellt.

100-jährige Geschichte

Die SSF-Verbindungsteile GmbH, die in diesem Jahr auf eine 100-jährige Firmengeschichte zurückblicken kann, wurde 1919 in Nürnberg als Süddeutsche Schraubenfabrik für Schlitzschrauben gegründet. 1939 übernahm Johannes Pilgram den Betrieb und erweiterte das Produktspektrum deutlich. In den 1970er Jahren verlagerte das Unternehmen seinen Standort nach Großgründlach und baute ihn anschließend aus. 1981 wurde für das neue Nietenprogramm der Schwesterbetrieb SSF-Verbindungsteile Pilgram-Rupprecht GmbH gegründet, deren Hauptprodukte aus Nieten und Kaltformteilen bestanden.

Als 1999 Karl Pilgram-Rupprecht, der aus der zweiten Pilgram-Generation stammt, völlig unerwartet starb, hätte das für das Familienunternehmen ein Weg ins Ungewisse sein können. Doch Pilgram-Rupprecht hatte in vorausschauender Weise zwei Testamentsvollstrecker bestimmt, die sicherstellen sollten, dass das Unternehmen in seinem Sinn weitergeführt wird. So setzten danach zwei bereits aktive Geschäftsführer die Firmenpolitik fort, zu denen im Jahr 2000 Norbert Werner dazu stieß. Drei Jahre später fusionierten die Süddeutsche Schraubenfabrik und die SSF-Verbindungsteile Pilgram-Rupprecht GmbH wieder zu einem Unternehmen, der heutigen SSF-Verbindungsteile GmbH. Norbert Werner wurde 2007 alleiniger Geschäftsführer und arbeitet den 30-jährigen Christian Pilgram-Rupprecht ein, der die dritte Generation repräsentiert.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2019, Seite 74

 
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