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Oberle

Von Fischerei bis Brauerei

Die Oberles in Erlangen-Kosbach haben bewiesen, wie man einen alteingesessenen Familienbetrieb zukunftsfähig aufstellt.

Es gibt wenige Betriebe, die ihre Wurzeln bis auf die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg zurückführen können. Bei der Familie Oberle in Erlangen-Kosbach ist das sogar dokumentiert – und zwar im damaligen Gerichtsprotokollbuch aus dem Domprobsteiamt Büchenbach. Wie es dort heißt, verkaufte zwei Jahre nach dem Krieg ein „Hannßen Edelmann ein ganze Hube zue Cospach an Peter Nizel von Heretsberg bey Weschenfeld“. So beginnt die Geschichte des Familienbetriebs – der heute aus drei unternehmerischen Standbeinen besteht: die Fischzucht, die Gastronomie und die Brauerei.

Der heutige Betrieb ist untrennbar verbunden mit dem 2015 verstorbenen Paul Oberle und seiner Frau Theresa, die heute noch als guter Geist des Hauses manche Aufgaben bewältigt. Der gelernte Fischzuchtmeister stammte mütterlicherseits aus der in der Urkunde erwähnten Nützel-Familie. Er übernahm 1961 deren Hof in Kosbach, den die vorherigen Pächter abgewirtschaftet hatten, und baute ihn zusammen mit seiner Frau in harter Pionierarbeit wieder auf: Er verpachtete die Äcker des einst landwirtschaftlich geprägten Hofes, vergab die ungenutzten Stallungen an den Reitclub und spezialisierte sich erfolgreich auf Teichwirtschaft mit Fischzucht. 1973 erwarb er noch zusätzlich die 40 Hektar großen Teiche am Schloss Seehof bei Bamberg, die ehemalige Sommerresidenz der Bamberger Fürstbischöfe.

Auch ein Großbrand im Jahr 1994, bei dem ein Teil der Scheune und der ehemalige Stallbau zerstört wurden, konnte die Entwicklung des Betriebs nicht stoppen. Im Gegenteil: Die gelungene Restaurierung der denkmalgeschützten Hofgebäude führte zum zweiten Standbein, dem Gastronomiebetrieb „Die Fischerei“. Dieser wurde im Jahr 2000 eröffnet, als Paul Oberles Sohn Christoph und dessen Frau Ulrike den Familienbetrieb übernahmen. Bereits drei Jahre später wurde Ulrike Oberle als Geschäftsführerin des Restaurants vom damaligen bayerischen Landwirtschaftsminister Josef Miller „für erfolgreiches Wirtschaften im ländlichen Raum mit innovativen Konzepten“ zur „Unternehmerin des Jahres“ gekürt.

Erlesene Fischgerichte

180 Plätze stehen in der Brunnenstube, in der renovierten Holzlege und im Saal der Alten Brennerei bereit, mit Möglichkeiten für Feste und Feiern. Die Gäste können aus einer umfangreichen Karte mit Speisen auf gehobenem Niveau auswählen. Neben dem fränkischen Nationalgericht Karpfen gibt es dort u. a. auch Schleien, Hechte und Zander aus eigener Aufzucht. Das Karpfenpastenbrot, der „Bretonische Fischtopf“ und die „Trilogie von Zander-, Lachs- und Karpfenfilet“ gelten als Spezialitäten neben herzhaften Fleischgerichten. Den Graskarpfen, auch Weißer Amur genannt, bietet Oberle in Portionsstücken an – der Fisch wird bis zu 120 Zentimeter lang, bis zu 40 Kilogramm schwer und hat sehr festes, mageres Fleisch. Am Herd der „Fischerei“ steht seit Beginn federführend Michael Manina, aufgewachsen im Fürther Gourmet-Restaurant „Kupferpfanne“. Derzeit ist die Gastwirtschaft allerdings wegen der Corona-Krise geschlossen, bietet aber an den Wochenenden eine kleine Speisenauswahl zum Mitnehmen an. Seit Anfang April ist zudem Kurzarbeit angesagt.

Es ist offen, ob das im Mai und Juni auch noch so sein wird. Da kann die Gastwirtschaft von Gruppen auch besichtigt werden – eine Entdeckungsreise der besonderen Art. Teichwirt und Agraringenieur Christoph Oberle gibt bereitwillig Auskunft über die drei Jahre, die ein Karpfen vom Setzling bis zum fertigen Schlemmerprodukt durchlebt: „Der Karpfen reinigt die Umwelt und ist ein Naturprodukt, da gibt es nichts Besseres“, erklärt Oberle. Er bewirtschaftet heute insgesamt 40 Teiche mit 100 Hektar Wasserfläche und züchtet neben den genannten Karpfen, Hechten und Zandern auch Schleien, Welse, Barsche, Aale, Waller und Zwergwelse. Diese liefert er bis nach München, zu Gastronomen wie dem Augustiner-Klosterwirt oder dem Wirtshaus „Der Pschorr“ am Viktualienmarkt. Aber auch hier wirkt sich derzeit die Corona-Krise aus: Denn Bestellungen wurden storniert, sodass es nun für mehrere Tonnen Fisch keine Abnehmer mehr gibt. Verschärfend kommt hinzu, dass Ende April die Karpfensaison vorbei ist.

Leidenschaftlicher Fischzüchter

Wie sich das auf die Fischzucht auswirkt, bleibt abzuwarten. Oberle zieht in seinem Bruthaus und in den Teichen die Fische groß, damit sie später in andere Gewässern umgesiedelt werden können. „Die Fische laichen zumeist im Bruthaus ab, wobei Bürsten in den Laichbecken das natürliche Ufer simulieren“, erklärt der Fischerei-Experte. Die Teichwirtschaft kennt zwei Erntezeiten. Im Frühjahr, vornehmlich im April, werden die Setzlinge und die Brut für den Besatz in Teichwirtschaften abgefischt. Im Herbst, ab Ende September, werden die Gewässer der Kunden – etwa 120 Fischereiverbände und Anglervereine im gesamten Bundesgebiet und aus Österreich – mit insgesamt 80 Tonnen Fisch besetzt. „Das ist dafür die richtige Zeit, weil der Fisch mit vollen Energiereserven aus dem Sommer alle Besatzstrapazen mühelos wegsteckt“, sagt Oberle. Die Fische werden schonend in den Teichen abgefischt, sortiert und dann möglichst schnell und ohne langes Gefangenhalten im Spezialfahrzeug zum Kunden transportiert. In Seehof hat Oberle – selbst Vorsitzender des Fischerzeugerrings Franken – im Jahr 2003 eine 60 Meter lange Halle errichtet, in der selbst starker Frost den Fischen in den Becken nichts anhaben kann.

Ihre Fische vermarkten die Oberles mit ihren 15 Mitarbeitern und ebenso vielen Aushilfskräften nicht nur im Restaurant selbst – seit vielen Jahren kann man Karpfen, Hecht und Co. auch beim eigenen Hoffest kaufen, das jedes Jahr am letzten Wochenende vor den Schulferien den Innenhof in ein kleines New Orleans verwandelt. Seit 15 Jahren spielen jeweils vier Tage lang Bigbands, Jazzbands und Dixie-Combos vor rund 3 000 Besuchern auf. Eine weitere Attraktion ist ein Fischerstechen mit der lokalen Prominenz bei der Karpfenkirchweih Ende August. 

Brauerei als zusätzliches Standbein

An Ostern 2018 hat Christoph Oberles Sohn Peter in einer 70 Quadratmeter großen ehemaligen Scheune die „Hofbräu Oberle“ in Betrieb genommen. Mit seinen 25 Jahren repräsentiert er die nächste Generation des Familienbetriebs und hat aus einem anfänglichen Hobby, von seinen Eltern finanziell angeschoben, den professionellen Braubetrieb realisiert. Der gelernte Koch hat mit anfangs 25 Litern und einem Waschkessel experimentiert und sich nach und nach das notwendige Rüstzeug angeeignet. Der Träger des Staatspreises als einst bester Absolvent der Berufsschule in Höchstadt organisierte bei einer Brauerei-Messe die notwendige neue Einrichtung – einen Kochkessel sowie Maische- und Läuterbottich – und baute diese zusammen mit zwei Freunden fachgerecht zusammen.

Drei Basissorten werden nun gebraut: ein halb-dunkles Landbier, ein helles „Sommerspritzer“ und ein Hefeweizen mit jeweils fünf Prozent Alkohol. Dazu kommt eine saisonale Spezialität, z. B. ein Bock. 300 Hektoliter sollen jährlich aus den Bottichen fließen, überwacht vom angestellten Brauer David Achatz, gebürtiger Bayreuther mit Ausbildung beim Erlanger Brauerkollegen Christoph Steinbach. Aber auch dieses Standbein der Oberles bleibt derzeit von den Corona-Auswirkungen nicht verschont: Denn das nur in Fässern und nicht in Flaschen abgefüllte Bier wird ausschließlich für den Eigenverbrauch in der Gastwirtschaft produziert, wo der Absatz durch die derzeitige Schließung ausbleibt. Dass von Peter Oberle aber in Zukunft noch einiges an Innovationen zu erwarten ist, zeigt sein Studium zum Lebensmittelmanager im Bereich Fischzucht im Bildungszentrum Triesdorf, wo er sich im sechsten von sieben Semestern befindet. Am Ende steht der akademische Hochschulabschluss Bachelor of Science – eine gute Grundlage, wenn er in der 13. Generation einmal die Nachfolge in der 370 Jahre währenden Oberle-Dynastie übernehmen wird.

Autor/in: 

ug.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2020, Seite 56

 
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