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Logistikverträge

Sicher auf dem Weg

Illustration Verkehr klein © ilyast - GettiImages.com

Beschädigte und verlorene Güter, verspätete Lieferungen: Wie sichert man sich vertraglich gegen solche Risiken ab?

Güter beschaffen, lagern, verpacken, montieren, transportieren, bereitstellen, verteilen und entsorgen – dies ist nur ein Ausschnitt möglicher Aufgaben in der Logistik. Oft sind sie wie bei Just-in-Time zeitlich eng mit den Zulieferern und Abnehmern abgestimmt. Dabei ergibt sich für die Geschäftspartner naturgemäß auch eine Reihe von Risiken – beispielsweise Beschädigung und Verlust von Waren sowie fehlerhafte oder verspätete Lieferung. In guten Logistikverträgen sollte der Umgang mit diesen Risiken entsprechend geregelt sein.

Scheitern die Verhandlungen über einen Logistikvertrag, drohen bereits vor Vertragsschluss Einbußen, wenn mit Blick auf das erhoffte Geschäft schon vorab Investitionen getätigt wurden (z. B. Einrichtung eines Lagers, Erwerb von Lkws). Eine Absichtserklärung in Form eines sogenannten Letter of Intent, die für diesen Fall Vereinbarungen trifft, kann finanzielle Risiken im Vorfeld verringern.

Grundsätzlich gilt: Mehr Aufwand und Sorgfalt bei der Ausarbeitung des Vertrags bedeutet später weniger Streit bei der Vertragsdurchführung. Mündliche Absprachen lassen sich naturgemäß schwer beweisen, deshalb sollte immer alles schriftlich vereinbart und dokumentiert werden. Die Auftraggeber legen gern Verträge vor, die für sie günstig sind. Deshalb müssen bei allen Vertragsentwürfen die Risiken bewertet sowie insbesondere der Grad der Absicherung, die eigene Leistungsfähigkeit und die unternehmerische Abhängigkeit vom Auftraggeber eingeschätzt werden. Bei zu hohen Risiken sollten Anpassungen verlangt und andernfalls auf den Vertragsschluss verzichtet werden.

Ungenaue und unvollständige Vereinbarungen rächen sich. Deshalb: Missverständnisse vermeiden, indem der Vertrag Begriffe wie z. B. „Pick“ auch ausführlich erläutert. Bei unklarer Leistungsbeschreibung helfen bei späteren Streitigkeiten ausführliche Zahlungs- und Haftungsregeln wenig. Missverständnisse drohen auch bei mehrsprachigen bzw. internationalen Verträgen. Abhilfe kann man schaffen, indem der vorrangig geltende Text und das geltende Landesrecht sowie der Gerichtsort oder ein Schiedsgericht bestimmt werden. Wichtig dabei ist, dass das Gericht auch die Sprache und das Recht des jeweiligen Landes kennt.

Im Folgenden wichtige Aspekte von Logistikverträgen, die in der Praxis häufig für Probleme sorgen:

Musterverträge oder individuelle Verträge: Muster-AGB und Musterverträge sollten immer genau geprüft, gegebenenfalls angepasst und ergänzt werden. Geht es um komplexe und längerfristige Aufträge, sollte kein Mustervertrag verwendet, sondern ein individueller Vertag entworfen werden. Das kann ein sogenannter typengemischter Vertrag sein, der verschiedene logistikrelevante Vertragstypen wie Frachtvertrag, Lagervertrag und Dienstvertrag kombiniert. Oder es wird ein Rahmenvertrag abgeschlossen, der entsprechende Einzelverträge nach sich zieht. Anwendung finden können dabei Service-Level-Agreements (SLA) für einzelne Leistungen, die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) für Transporte innerhalb Deutschlands und für internationale Transporte die insofern verbindliche Convention on the Contract for the International Carriage of Goods by Road (CMR) sowie die Logistik-AGB des Deutschen Speditions- und Logistikverbands.

Haftung: Für Logistikaufgaben wie Lagerung, Transport oder Kommissionierung gelten unterschiedliche gesetzliche Haftungsmaßstäbe, insbesondere nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und gemäß dem Handelsgesetzbuch (HGB). Sie können verschuldensunabhängig oder der Höhe nach begrenzt sein. Je nach Gestaltung birgt das für Vertragspartner Vor- und Nachteile, letztere jedoch vorwiegend für Dienstleister. Verträge ermöglichen insofern abweichende Haftungsregeln. Sie finden sich insbesondere in den ADSp, der CMR und den Logistik-AGB für Transportschäden. Wird die Vereinbarung abgelehnt, darf es zu keinem Verzicht auf vertragliche Haftungsbeschränkungen kommen. Sichergestellt sein muss zudem, dass Versicherungen in den vertraglich geregelten Haftungsfällen auch eintreten würden.

Anpassungen von Vertragsinhalten: Langfristige Verträge und starre Vergütungsregeln bzw. Leistungspflichten können schnell riskant werden, wenn bereits die Kalkulation auf falschen Annahmen beruht. Auch weil sich die Umstände der Logistikleistungen stets ändern können, bergen sie ein beträchtliches Risiko. Das Gesetz bietet für Anpassungen nur unzureichende Lösungen und ermöglicht nur den Rücktritt vom Vertrag. Deshalb sollte er zumindest die Vertragsgrundlagen ausführlich benennen, Mindestvergütungen vorsehen oder besser noch Anpassungen ermöglichen. Insbesondere zu bedenken sind absehbare Kostenschwankungen (z. B. bei Energiepreisen) oder Auftragsschwankungen (z. B. bei Saisongeschäften). Die Anpassung kann automatisch erfolgen oder erst nach vorherigen Verhandlungen.

Absicherung: Pacta sunt servanda! Zu deutsch: Verträge sind einzuhalten. Ein Druckmittel dafür sind Vertragsstrafen. Bei Logistikverträgen können sie etwa die Einhaltung von Lieferfristen, die Vertraulichkeit oder Wettbewerbsverbote betreffen. Ihre Höhe muss sich jedoch an der Auftragssumme und an branchenüblichen Margen orientieren.

Wichtig ist auch die Absicherung für den Fall, dass der Auftraggeber in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Das Gut ist dann oft die einzige Absicherung für den Logistikdienstleister. Hochriskant für Dienstleister ist deshalb ein Verzicht auf die gesetzlichen Zurückbehaltungs- und Pfandrechte, sofern dieser wirksam ist. Darf der Dienstleister das Gut rechtmäßig in Besitz nehmen, riskieren dagegen andere Beteiligte eine unterbrochene Lieferkette. Probleme bereitet zudem Ware, die im Eigentum Dritter steht oder die mit einem vorrangigen Pfandrecht belastet ist. Riskant sein können zudem Aufrechnungsverbote. Ohne Einschränkung droht insbesondere, dass der Auftraggeber die fällige Vergütung gegen umstrittene Schadensersatzansprüche aufrechnet.

Kündigung der Verträge: Langfristig geschlossene Verträge haben den Vorteil einer größeren Planbarkeit. Ohne vorzeitige Beendigungsmöglichkeiten können sie aber auch zur Falle werden. Deshalb sind Sonderkündigungsrechte wichtig, etwa wenn Genehmigungen entzogen werden, oder beim Verlust von Lagerplatz aufgrund eines beendeten Mietvertrags. Nicht zuletzt sollten für den Fall der Vertragsbeendigung Regeln zur ordentlichen Rückabwicklung vereinbart werden, da sich insbesondere noch Güter beim Dienstleister und Transportmittel beim Auftraggeber befinden.

Autor/in: 

Christian Günther

Externer Kontakt:

Christian Günther ist Redakteur und Content-Manager bei der anwalt.de Services AG, die die Rechtsberatungs-Plattform anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2020, Seite 32

 
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