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Urteile zur Gewerbemiete

Auf den Wortlaut achten

Aktuelle Urteile des Bundesgerichtshofs: Betriebskostenvereinbarungen, Konkurrenzschutz und Rückgabe von Mietobjekten.

Wortlaut ist entscheidend: Die Betriebskosten sind neben der Miete der größte Kostenblock in Mietverhältnissen. Welche Betriebskosten ein Vermieter auf seinen Mieter umlegen darf und welche Abrechnungsmethode er anwendet, wird im Mietvertrag vereinbart. Der Wortlaut der Betriebskostenvereinbarung hat dabei besondere Bedeutung, wie ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigt.

Konkret ging es in diesem Fall um die Abrechnung der Heizkosten, die zum Teil nach dem Verbrauch und zum Teil verbrauchsunabhängig nach der Mietfläche abgerechnet wurden. In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main diese Abrechnung für rechtmäßig erklärt. Dem widersprach der BGH in seinem Urteil vom 30. Januar 2019 (Aktenzeichen XII ZR 46/18): Die Richter des OLG hätten sich bei der Prüfung der korrekten Abrechnung zwar intensiv mit der speziellen Heizungsanlage auseinandergesetzt, die eine Wärmerückgewinnung über die Lüftung ermöglichte. Allerdings hätten sie dabei aber den Wortlaut der Betriebskostenvereinbarung weitgehend ignoriert. Dort war festgelegt, dass die Kosten für Heizung und Warmwasser „nur durch messtechnische Ausstattungen zur Verbrauchserfassung“ – also nur verbrauchsabhängig – erfasst werden sollten. Das OLG habe die Betriebskostenvereinbarung deshalb fehlerhaft ausgelegt und hätte den Anteil der verbrauchsunabhängig nach der Fläche ermittelten Betriebskosten gar nicht berücksichtigen dürfen. Diesen Anteil müsse der Mieter deshalb nicht zahlen. Verlangen könne der Vermieter nur die Heizkosten, die nach dem Verbrauch berechnet werden. Die rein verbrauchsmäßige Abrechnung sei dabei bei der Gewerbemiete – anders als bei der Wohnungsmiete – auch zulässig.

Formulierung „sämtliche Betriebskosten“ ist zulässig: Um eine Formulierung in einer Betriebskostenvereinbarung ging es auch in einem Streit zwischen dem Vermieter und der Mieterin eines Supermarkts. Gemäß der Betriebskostenvereinbarung sollte die Mieterin „sämtliche Betriebskosten“ zahlen, beispielhaft waren einige der Betriebskosten aufgeführt. In dieser exemplarischen Aufzählung fehlte jedoch die Grundsteuer, deren Zahlung der Vermieter aber dennoch verlangte. Die Mieterin hielt die Formulierung deshalb für intransparent und klagte. Der Bundesgerichtshof wies die Klage jedoch zurück. Die Formulierung, dass die Mieterin „sämtliche Betriebskosten“ zu zahlen habe, sei ausreichend. Die Richter des BGH begründeten dies damit, dass der Begriff der Betriebskosten durch die Betriebskostenverordnung gesetzlich definiert sei. Zu den in der Verordnung aufgeführten Betriebskosten zähle auch die Grundsteuer. Wenn also in einer Betriebskostenvereinbarung einzelne Arten von Betriebskosten beispielhaft aufgeführt seien, bedeute dies nicht, dass der Vermieter nur diese umlegen dürfe. Offen ließ der BGH, ob diese Betriebskostenvereinbarung auch als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) wirksam wäre. Für solche vorformulierten Vertragsklauseln gelten nämlich strengere Anforderungen an die Transparenz als für individuell vereinbarte Klauseln (Urteil vom 8. April 2020, Aktenzeichen XII ZR 120/18).

Entweder Konkurrenzschutz oder Betriebspflicht: Mieter in größeren Gewerbeimmobilien (z. B. Einkaufszentren oder Ärztehäuser) möchten gerne verhindern, dass der Vermieter weitere Flächen an Konkurrenten vermietet. In dem Fall, den der BGH zu beurteilen hatte, ging es um einen Mietvertrag für ein Restaurant in einem Einkaufszentrum: Der Vertrag bot der Betreiberin des Restaurants keinen solchen Konkurrenzschutz, gleichzeitig beinhaltete er aber eine Betriebspflicht mit Sortimentsbindung. Die Mieterin durfte also ihr Angebot nicht über den Rahmen hinaus erweitern, den der Mietvertrag vorsah. Da die Vertragsklauseln vorformuliert waren, handelte es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Diese unterliegen besonderen gesetzlichen Regeln, um die Vertragspartner insbesondere vor unangemessenen Benachteiligungen zu schützen. Weil der Mietvertrag einen fehlenden Konkurrenzschutz und gleichzeitig eine Sortimentsbindung beinhaltete, sah sich die Mieterin unangemessen benachteiligt und klagte.

Der Bundesgerichtshof gab ihr in seinem Urteil vom 26. Februar 2020 recht (Aktenzeichen: XII ZR 51/19): Grundsätzlich seien Vermieter gesetzlich verpflichtet, keine Flächen an Konkurrenten ihrer Mieter zu vermieten oder selbst als Konkurrent aufzutreten. Wenn sie diese Pflicht vertraglich einschränken, indem sie den Konkurrenzschutz ausschließen, dürften sie dem Mieter nicht zugleich Veränderungen ihres Angebots oder ihres Betriebs verbieten, so die Richter. Mieter müssten dann die Möglichkeit haben, sich durch eine Neuausrichtung der Konkurrenz entziehen zu können.

Rückgabeangebot nur ohne Vorbehalt: Wenn Mietverhältnisse enden, kommt es häufig zu Streitigkeiten wegen vermeintlicher Schäden. Wie der BGH in einem Urteil vom 27. Februar 2019 (Aktenzeichen: XII ZR 63/18) festgestellt hat, muss der Vermieter Schadensersatzansprüche gegen den Mieter wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache rechtzeitig einfordern. Sie verjähren nämlich schon sechs Monate nach der Rückgabe des Objekts. Wegen dieser kurzen Verjährungsdauer ist der Zeitpunkt der Rückgabe besonders wichtig: Als Rückgabe kann bereits das Rückgabeangebot des Mieters an den Vermieter gelten. Nimmt der Vermieter es nicht rechtzeitig an, beginnt die Verjährung auch ohne Rückgabe. Allerdings muss das Rückgabeangebot des Mieters an den Vermieter vorbehaltlos erfolgen. Als Vorbehalt, der die Verjährung hemmt, gelten bereits noch offene Fragen des Mieters, wie der Bundesgerichtshof entschied. In diesem Fall betrafen sie die Renovierungspflicht des Mieters. Die von ihm schriftliche angebotene „Rückgabe der Mieträume ab sofort“ setzte die Verjährung deshalb noch nicht in Gang. Der Vermieter konnte somit auch sechs Monate nach dem Rückgabeangebot erfolgreich Renovierungskosten vom Mieter verlangen.

Autor/in: 

Christian Günther ist Redakteur bei der anwalt.de Services AG, die die Rechtsberatungs-Plattform www.anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2020, Seite 114

 
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