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Freihandelszone RCEP

Asien gibt das Tempo vor

In Asien wurde das größte Freihandelsabkommen der Welt unterzeichnet. Wie kann Mittelfranken profitieren?

Die "Regional Comprehensive Economic Partnership" (RCEP) setzt neue Maßstäbe: Das asiatische Freihandelsabkommen umfasst 2,2 Mrd. Menschen sowie rund 30 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Damit ist es weltweit das mit Abstand größte Vertragswerk dieser Art. Am 15. November 2020 wurde das Handelsabkommen in Hanoi auf dem 37. Gipfel der Asean-Staaten von 15 Staaten unterzeichnet – den zehn Asean-Mitgliedern (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam) sowie den fünf Asean-Dialogpartnern China, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland. Indien ist kurz vor dem Ziel ausgestiegen, aber die Türen für den Beitritt bleiben für den Subkontinent offen. Das Abkommen tritt in Kraft, wenn es sechs der zehn Asean-Staaten und drei der fünf Dialogpartner auf nationaler Ebene ratifiziert haben.

Das Freihandelsabkommen kann auch als Antwort auf die amerikanische Initiative des Trans-Pacific-Partnership-Agreements (TPP) gesehen werden, aus dem US-Präsident Donald Trump aber ausgestiegen war. China war eine treibende Kraft, um ein neues Netzwerk an asiatischen Handelsabkommen zu weben. Das RCEP gilt dabei als entscheidende Wegmarke: Die Unterzeichner schaffen die Zölle auf 90 Prozent der Waren ab, zwei Drittel des Dienstleistungssektors sollen vollständig geöffnet werden. Die 20 RCEP-Kapitel sehen zudem Angleichungen u. a. auf diesen Feldern vor: technische Standards und Konformitätsverfahren, Investitionen, Personenverkehr, Schutz des geistigen Eigentums, digitaler Handel, Wettbewerbsrecht, öffentliches Beschaffungswesen und Streitbeilegung.

"Das Abkommen entfacht in der Region Wachstumsimpulse, die das Koordinatensystem der Weltwirtschaft Richtung Osten verschieben", so Armin Siegert, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs International. Es füge sich auch in die neue Strategie der "zwei Kreisläufe" ein, die die kommunistische Partei Chinas im März abgesegnet hatte: Mit dem "inneren Kreislauf" will die Volksrepublik die Binnennachfrage und die Innovationen im eigenen Land stärken, um – nicht zuletzt angesichts der US-Politik unter Donald Trump – technologisch unabhängiger vom Ausland zu werden. Der "äußere Kreislauf" bezieht sich auf internationalen Handel und Investitionen; er sieht u. a. eine stärkere Hinwendung nach Asien und den Ausbau des Projekts Seidenstraße vor.

Was bedeuten das Abkommen und die Kräfteverschiebung nach Asien für die mittelfränkische Wirtschaft? Für sie ist Asien von herausragender Bedeutung: Von den 2 500 Unternehmen der Region, die laut IHK-Statistik außenwirtschaftlich aktiv sind, unterhalten 1 100 Geschäftskontakte nach Asien. Mehr als 820 mittelfränkische Unternehmen sind in den Staaten aktiv, die das RCEP-Abkommen unterzeichnet haben. 67 von ihnen betreiben insgesamt 117 Produktionsstätten vor Ort.

Das RCEP werde den Wettbewerb sicher erhöhen, aber der sehr gut aufgestellten mittelfränkischen Wirtschaft auch zahlreiche neue Chancen bieten, so Siegert. Denn künftig werde es leichter möglich sein, den chinesischen Markt auch von anderen Regionen dieser Freihandelszone aus zu bearbeiten. "Wir beobachten nicht zuletzt auch aufgrund der Lieferkettenproblematik, dass Firmen neben China noch ein zweites Standbein in der Region suchen, sei es für den Einkauf oder für den Vertrieb", berichtet Siegert.

Asien-Aktivitäten der IHK


Der IHK-Geschäftsbereich International wird vor dem Hintergrund des RCEP seine intensiven Asien-Aktivitäten – auch in Kooperation mit den anderen bayerischen IHKs – nochmals ausweiten. Die IHK Nürnberg legt schon seit vielen Jahren einen Schwerpunkt auf Asien. Einige der Projekte:

  • Im Jahr 2002 hat die IHK erstmals das "Asien-Pazifik-Forum Bayern" veranstaltet, das sich seitdem zu einem der wichtigsten Asien-Kongresse in Deutschland entwickelt hat. Das nächste "Asien-Pazifik-Forum" soll am Donnerstag, 15. Juli 2021 stattfinden (siehe Info-Kasten).
  • Die IHK organisiert zudem jedes Jahr rund 15 bayerische Gemeinschaftsstände auf Auslandsmessen, die der Freistaat im Zuge des Bayerischen Messebeteiligungsprogramms fördert (siehe Artikel Seite 34/35). Dabei liegt ein Schwerpunkt auf Fachmessen im Asien-Pazifik-Raum für Medizintechnik und für Umwelttechnik – zwei der Branchen, in denen die Wirtschaftsregion Mittelfranken hervorragende Kompetenzen aufweist.
  • Außerdem hat die IHK Regionalpartnerschaften mit den chinesischen Regionen Shenzhen und Chengdu sowie mit der japanischen Technologieregion Saitama initiiert. Kooperationsvereinbarungen wurden u. a. geschlossen mit dem südkoreanischen Unternehmerverband "Korea Association of Machinery Industry" (Koami) und der thailändischen Investitionsbehörde "Thailand Board of Investment". Diese Kooperationen werden u. a. durch Messebeteiligungen, Unternehmerreisen und Fachtagungen mit Leben erfüllt. Eine engere offizielle Zusammenarbeit mit den Philippinen ist derzeit in Vorbereitung.
  • Einen engen Austausch pflegt die IHK mit den deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) in Asien, die vor Ort wichtige Ansprechpartner für Unternehmen sind. Mit den AHKs organisiert die IHK-Veranstaltungen wie Fachtagungen, Kontaktbörsen und Ländersprechtage.

"All diese Kontakte tragen Früchte", unterstreicht Siegert. Zum einen erscheine die Wirtschaftsregion Nürnberg verstärkt auf dem Radarschirm asiatischer Investoren. So habe es in den letzten zwei Jahren fünf Gründungen über das "Business Support Center" gegeben, mit dem die Städte Nürnberg und Fürth sowie die IHK für ausländische Investitionen werben. Zum anderen hätten die Bemühungen dazu beigetragen, mehr asiatische Besucher für Fachveranstaltungen der NürnbergMesse zu gewinnen und asiatische Firmengemeinschaftsstände in Nürnberg zu initiieren.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2020, Seite 40

 
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