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IHK-Konjunkturklima Mittelfranken

Wirtschaftslage zeigt zwei Gesichter

Konjunkturklima Frühjahr 2021 © Panumas / UlrichG / aldorado - AdobeStock (Collage IHK)

Industrie als Motor der Erholung, Handel und Dienstleistung hoffen auf ein Ende des Lockdowns.

Das Konjunkturklima der mittelfränkischen Wirtschaft zeigt im Frühjahr 2021 zwei höchst unterschiedliche Gesichter: Die unter den Corona-Schließungen leidenden Betriebe aus Einzelhandel und persönlichen Dienstleistungen kämpfen weiter um ihre Existenz. Nach einem halben Jahr im Lockdown hoffen sie auf Öffnungsperspektiven im Sommer. Völlig andere Herausforderungen stellen sich den Betrieben in der Industrie und im Baugewerbe angesichts wachsender Aufträge und besserer Kapazitätsauslastung: Die mittelfränkische Industrie kann sich dank ihrer starken Stellung auf den Weltmärkten kräftig erholen. Auch zahlreiche Unternehmen aus dem Großhandel und den industrienahen Dienstleistungen profitieren von der starken Nachfrage. Die Kehrseite der gestiegenen Produktion und der zugleich angestrebten Verringerung von Lieferketten-Risiken sind Lieferengpässe sowie anziehende Preise für Rohstoffe, Baumaterialien und Vorleistungen.

"Mehr denn je zeigt sich die mittelfränkische Wirtschaft nach über einem Jahr der Corona-Pandemie gespalten. Die Industrie hat nochmals zusätzlich an Fahrt aufgenommen. Doch die vom Lockdown direkt betroffenen Branchen können derzeit nur auf sommerliche Öffnungen bei sinkenden Infektionszahlen hoffen. Sie brauchen jetzt eine klare Perspektive, um wieder aus eigener Kraft wachsen zu können", betont IHK-Präsident Dr. Armin Zitzmann.

Der IHK-Konjunkturklima-Index steigt im Frühjahr 2021 um rund 13 Punkte auf 98,3 Punkte. Damit erholte sich die mittelfränkische Wirtschaft etwas vom Rückschlag zu Beginn dieses Jahres, den der zweite Lockdown verursacht hatte. Der Vergleich zum Frühjahr 2020 zeigt, dass sich die Lage der mittelfränkischen Wirtschaft spürbar verbessert hat: Damals war der Index angesichts des ersten Lockdowns auf den historischen Tiefstand von 70 Punkten abgestürzt. Aber auch wenn derzeit alle Indikatoren nach oben weisen, bleibt der IHK-Konjunkturklima-Index aktuell knapp unter dem "neutralen" Wert von 100 Punkten und deutlich unter dem Durchschnittswert des letzten Jahrzehnts von 123,5 Punkten. Der derzeitige Anstieg geht im Wesentlichen auf das Konto der Industrie, aber diese Schubkraft reicht noch nicht für einen Aufschwung auf breiter Basis, so IHK-Chefvolkswirt Dr. Udo Raab. Denn die Mehrzahl der Befragten stamme aus Branchen, die direkt unter Betriebsschließungen oder mittelbar unter Nachfrage- und Erlösrückgängen während der Lockdown-Monate leiden.

Geschäftslage und -erwartungen

Über alle Branchen der mittelfränkischen Wirtschaft hinweg setzt sich im Frühjahr 2021 die allmähliche gesamtwirtschaftliche Erholung fort: So beurteilen 32 Prozent der Befragten ihre derzeitige Geschäftslage als gut, weitere 28 Prozent sind zufrieden, doch 40 Prozent schätzen die Lage als schlecht ein. Damit ergibt sich unter dem Strich ein Saldo von minus acht Punkten. Seit dem Beginn der Corona-Krise vor einem guten Jahr hat sich dieser Wert um 28 Punkte erhöht. Dennoch fehlen weitere 38 Punkte, ehe das Ergebnis vor Ausbruch der Pandemie vom Jahreswechsel 2019/20 wieder erreicht würde.

Die Geschäftserwartungen der mittelfränkischen Betriebe pendeln weiter auf und ab. Nachdem zu Jahresbeginn 2021 der Ausschlag zurück ins Negative geführt hatte, gewinnen im Frühjahr 2021 die Optimisten wieder die Oberhand: Über alle Branchen zeigen sich 29 Prozent der Befragten zuversichtlich, 47 Prozent sehen keine Anzeichen für Veränderung, 24 Prozent befürchten in den kommenden Monaten eine weitere Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Daraus ergibt sich ein Saldo von plus fünf Punkten. Damit ist nach zwei Rückschlägen im Jahr 2020 nun wieder das Niveau von 2019 erreicht.

Die stärksten Impulse für den Arbeitsmarkt und die Investitionsnachfrage kommen aus der Industrie. Die Betriebe, die vom Lockdown betroffen sind, hoffen dagegen noch vergeblich auf eine raschere Erholung. Sie zeigen sich verunsichert und beklagen unklare Perspektiven und rasch wechselnde Regeln für Lockerungsschritte. Die Pendelbewegungen bei den Einschätzungen zu Geschäftslage und -erwartungen erschweren die Planungen, sodass die Unternehmen bei Beschäftigung und Investitionen weiterhin zurückhaltend sind. Ein erheblicher Teil der mittelfränkischen Betriebe setzt den Schwerpunkt angesichts der anhaltenden Krisen immer noch auf Liquiditätssicherung und Ausgabenkürzungen.

Industrie: Die Erholung der mittelfränkischen Industrie, die sich schon im Herbst ankündigte und zu Jahresbeginn 2021 an Fahrt zulegen konnte, gewinnt weiter an Breite und Geschwindigkeit. Die aktuelle Lage wird von einer deutlichen Mehrheit der Befragten positiv beurteilt, die Geschäftserwartungen verbessern sich weiter. Die expansiven Investitionspläne sind das deutlichstes Signal dafür, dass der Aufschwung nachhaltig sein dürfte und die Belegschaften wieder kräftig wachsen könnten.

Bauwirtschaft: Weiter stabil entwickelt sich die Bauwirtschaft. Die Geschäftslage hat sich gegenüber dem vergangenen Frühjahr deutlich verbessert. Dagegen bleiben aufgrund der Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Baustoffen die Geschäftserwartungen zurück. Folglich halten sich die Betriebe bei den Investitionsplanungen zurück. Die gute Auftragslage erfordert aber immerhin wieder steigende Belegschaften in den Sommermonaten.

In den unternehmensnahmen Dienstleistungen kommen nicht alle Befragten mit gleichem Tempo auf ihrem Weg der Erholung voran: Am deutlichsten hat sich die Lage bei den IT-Dienstleistern und im Gefolge der wachsenden Industrie auch in der Logistik verbessert. Dagegen kämpfen Beratung, Medien und Werbung, Immobiliendienstleistung sowie Kongress- und Messewesen noch mit den Folgen der schon seit dem ersten Lockdown weggebrochenen Nachfrage. Nachholeffekte sind hier eher nicht zu erwarten. Die Erholungseffekte verzögern sich, je länger die Restriktionen im zweiten Lockdown andauern. Die Investitionspläne bleiben zurückhaltend, und auch die Beschäftigungsplanungen haben an Schwung verloren und entwickeln noch keine Triebkraft für den Arbeitsmarkt.

Dem Handel begegnen die beiden verschiedenen Gesichter der derzeitigen Konjunktur wie keiner anderen Branche: Unter Groß- und Außenhandelsbetrieben sowie Handelsvertretungen hat sich die Lage weiter verbessert. Im Geschäft mit industriellen Vorprodukten und mit Baustoffen ziehen angesichts der Lieferengpässe und der anziehenden Nachfrage die Verkaufspreise an. Unzufriedenheit und mangelnde Perspektive beherrschen dagegen die Stimmung in der Mehrzahl der Einzelhandelsbetriebe – obwohl etwa der Lebensmitteleinzelhandel zu den Umsatzgewinnern in der Pandemie zählt. Auch der im Lockdown immer bedeutendere Online-Umsatz reicht nicht aus, um die Einbußen im stationären Geschäft zu kompensieren. Selbst wer Click & Meet oder wenigstens Click & Collect versuchen darf, kann damit noch lange nicht die nötigen Erlöse erzielen, um mehr als nur einen kleinen Teil der Kosten zu decken.

Noch keine Entspannung empfinden auch die Befragten aus verbrauchernahen Dienstleistungen sowie Gast- und Reisegewerbe. Diese Wirtschaftszweige waren im ersten Lockdown und auch während des Sommers 2020 von besonders starken Umsatzeinbrüchen betroffen. Der Herbst-Aufschwung anderer Branchen fiel hier aus, zu Jahresbeginn 2021 ging es im zweiten Lockdown weiter abwärts. Diese dramatische Situation hat sich im Frühjahr 2021 verfestigt. Wie schon zu Jahresbeginn beurteilt kein einziger Betrieb aus dem Bereich Reise, Beherbergung oder Bewirtung seine Lage als "gut" oder wenigstens "befriedigend". Mit Blick auf den Sommer und die dringend erhoffte Rückkehr von Normalität entwickeln sich wenigstens die Geschäftserwartungen nach oben, und in Vorbereitung einer Sommersaison werden etwas mehr Investitionen geplant. Am Arbeitsmarkt werden sich diese zaghaften Impulse aber noch nicht niederschlagen.

Investitionen und Beschäftigung

Über alle mittelfränkischen Befragten hinweg scheint sich das Investitionsklima zu verbessern (Saldo immerhin plus sechs Punkte): 24 Prozent der Befragten planen steigende Investitionsausgaben, 34 Prozent wollen sie konstant halten, 18 Prozent haben ihre Planungen nach unten korrigiert. Der Rest macht keine Angabe.Bedenklich erscheint aber der nochmals etwas gestiegene Anteil von 24 Prozent der Betriebe, die auf jegliche Investitionsvorhaben vorläufig verzichten. Manche Betriebe sehen sich veranlasst, zur Absicherung internationaler Lieferketten primär in den Aufbau von Lagerkapazitäten zu investieren.

Auch bei den Beschäftigungsplänen der mittelfränkischen Betriebe gibt die Corona-Krise weiterhin die Richtung vor: Jeder dritte Betrieb muss Personalkapazitäten an eine verminderte Nachfrage anpassen. Davon setzen 80 Prozent auf die erweiterten Möglichkeiten der Kurzarbeit. Dagegen sind Anpassungen durch reduzierte Zeitarbeit, durch das Auslaufen befristeter Arbeitsverhältnisse oder durch betriebsbedingte Kündigungen seltener geworden als noch zu Jahresbeginn. Über alle Branchen hinweg planen 20 Prozent der Befragten mit geringeren Belegschaften, 15 Prozent mit einer höheren Beschäftigung. Daraus ergibt sich ein Saldo von minus fünf Punkten – das ist jedoch eine Verbesserung um 33 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Speziell die wachsenden Beschäftigungsplanungen aus der Industrie und etlichen unternehmensnahen Dienstleistungsbetrieben deuten darauf hin, dass es wieder zunehmende Engpässe bei der Fachkräftesicherung geben dürfte.

Wirtschaftliche Risiken

Unabhängig von der Branche war die Corona-Krise im Jahr 2020 von der Sorge um die Nachfrage geprägt. Dies überrascht nicht, da der weitere Verlauf der Umsatzerlöse von den Befragten als entscheidend für die betriebliche Liquiditäts- und Ertragsentwicklung angesehen wurde. Doch aus Sicht der Industrie ist dieses Risiko nun geringer ausgeprägt, weil die Nachfrage auf wichtigen Auslandsmärkten und auch im Inland zugelegt hat. Statt dessen steht bei den Unternehmen nun die Sorge um wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen an erster Stelle. Weil sich die Konjunktur spürbar erholt, werden auch verstärkt wieder der Mangel an Fachkräften sowie die Preisentwicklung bei Energie und Rohstoffen als Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung genannt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2021, Seite 22

 
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