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Gmöhling

Alukrative Geschäfte

Gmöhling © Klaus Leonhard

Geschäftsführer Frank Reiser.

Das Fürther Unternehmen baut aus dem Leichtmetall Aluminium nahezu alle erdenklichen Behältnisse.

Auf eine wechselvolle Geschichte kann die Gmöhling Transportgeräte GmbH aus Fürth-Stadeln zurückblicken: Der Weg des Aluminium-Spezialisten führte in den letzten 80 Jahren vom Elsass zunächst nach Nürnberg und schließlich nach Fürth. Seit nunmehr 73 Jahren dabei: Walter Gmöhling, der heute immer noch im Unternehmen präsent ist. Stolze 99 Jahre wird der Senior-Chef der Gmöhling Transportgeräte GmbH in Fürth-Stadeln bald – und tüftelt noch immer an neuen Lösungen für sein Unternehmen. Seine neueste Erfindung, ein Federbodenwagen mit verstellbarer Federkraft, wurde gerade zum Patent angemeldet.

Im Tagesgeschäft ist der Senior zwar nicht mehr aktiv, aber bei der Entwicklung neuer Techniken und im Beirat der Familienstiftung, die die Gesellschaftsanteile des Unternehmens heute hält, ist er noch regelmäßig präsent. 1941 gründete sein Vater Wilhelm Gmöhling eine Aluminium-Gießerei im Elsass und stellte dort Kochtöpfe und Schraubstöcke her. Der Werkzeugmacher war davor bereits Geschäftsführer der Aluminiumwerke Nürnberg, wo er seinen Beruf auch erlernt hatte. Doch 1944 wurde die Aluminium-Gießerei im heutigen Frankreich durch Kriegseinwirkung zerstört. Nachdem Wilhelm Gmöhling 1946 bei einem Unfall ums Leben kam, gründete der heutige Inhaber das Unternehmen 1948 in Nürnberg als aluminiumverarbeitenden Betrieb neu aus Resten der Firma seines Vaters, die noch in einer Halle der Nürnberger Aluminiumwerke Nüral vorhanden waren. Bereits 1952 zog das Unternehmen an seinen heutigen Standort in Stadeln.

Kisten für die Berliner Luftbrücke

Schon in der Gründungsphase tüftelte der ausgebildete Ingenieuroffizier gerne und erfolgreich: Seine ersten Erfindungen waren eine Kerzengieß-Maschine und die erste faltbare Aluminiumkiste, die er für die Berliner Luftbrücke entwickelt hatte. Leider hatten die Rosinen-Bomber ihre Flüge bei der Fertigstellung bereits wieder eingestellt. Walter Gmöhling bot seine Entwicklung deshalb Spinnereien an, weil er dort einen Bedarf dafür vermutete. Die hatten dafür zwar auch keine unmittelbare Verwendung, aber es entstand daraus die Idee, Alu-Behälter mit Rollen für den innerbetrieblichen Transport der Garnspulen zu entwickeln – und daraus folgte ein Auftrag in "beachtlicher Größe". Bald galt das Unternehmen als Spezialist für den innerbetrieblichen Materialtransport in Spinnereien und viele Textilmaschinen-Hersteller rüsteten ihre Anlagen mit dem Wagen aus. "Das junge Unternehmen ist damals damit in eine Marktlücke gestoßen und war damit sehr erfolgreich", berichtet der heutige Geschäftsführer Frank Reiser. Doch die Textilindustrie in Europa erlebte in den 70er Jahren einen drastischen Niedergang – und damit fiel dieses Geschäftsfeld für Gmöhling weg.

Trotzdem schaffte es das Unternehmen, andere Branchen als Ersatz zu finden und konnte so weiter wachsen: Auf dem 8 000 Quadratmeter großen Gelände in Fürth-Stadeln verarbeiten heute 86 Mitarbeiter jährlich rund 500 Tonnen Aluminium sowie etwa 40 Tonnen Stahl und Edelstahl. Damit setzen sie über zehn Mio. Euro um. Längst ist Gmöhling nach eigenen Angaben einer der führenden Produzenten von Transport- und Logistikbehältern aus Aluminium. Weltweit setzen Krankenhäuser, Paketdienste, Internet-Händler, Textil- und Pharmaindustrie, Wäschereien und zahlreiche andere Branchen die Wagen, Kisten, Boxen, Kommissionierwagen oder Wahlurnen aus Fürth ein. Bei rund 50 Prozent der Erzeugnisse handelt es sich um "Standardgeschäft" aus dem Katalog wie Transportwagen, Schrankwagen, Federbodenwagen, Boxen, Kisten oder Datenentsorgungsbehälter, die alle aus der eigenen Entwicklung stammen. Dazu kommen auch Alu-Ladenausstattungen und individuelle Sonderlösungen. Diese Sonderkonstruktionen, die das Unternehmen in Klein- oder auch Großserien produziert, machen die andere Hälfte des Geschäfts aus. Von Blutspendebehältern mit gerade einmal 100 Millimetern bis zu 4,5 Meter langen Kisten für Stäbe von Zentrifugen reicht das Produktspektrum, das Gmöhling in der Vergangenheit entworfen und gebaut hat. "Unsere Stärke ist eindeutig die technische Entwicklung", sagt Frank Reiser, die Massenware komme heute aus Fernost. Trotzdem gehen 50 Prozent der in Fürth produzierten Behälter in den Export.

Der E-Commerce, der mit der Corona-Pandemie einen einzigartigen Aufschwung erlebte, brachte dem Unternehmen jüngst ebenfalls wieder ein neues Geschäftsfeld. Kunden wie Baur, Breuninger, Witt und andere Versender kommissionieren und transportieren ihre Ware in den Behältern von Gmöhling. Weitere Kunden sind Datenentsorgungs-Unternehmen oder Krankenhäuser, für die Gmöhling vor allem Schrankwagen liefert, sowie Hersteller von Lastenrädern, für die die Fürther die Aufbauten fertigen. Nun will der Betrieb selbst ins Endkundengeschäft einsteigen: Das neueste Projekt ist die selbst entworfene Produktlinie "Green-Line", mit der Pflanzbilder (bepflanzbare Gestelle, die an die Wand gehängt werden), rollbare Hochbeete, Pflanzkübel, Hühnerställe oder Pferdefuttertröge aus Aluminium über einen eigenen Webshop (g-green.de) vertrieben werden sollen. Weitere geplante Neuentwicklungen sind ein Paketbriefkasten sowie ein Fahrradanhänger.

Umfangreicher Maschinenpark

Die Fertigung selbst ist immer noch sehr viel Handarbeit. Trotzdem kommt bei Gmöhling ein umfangreicher und moderner Maschinenpark aus Biege- und Abkantmaschinen sowie Robotern zum Einsatz. Das Sägen der Aluprofile, das Schneiden der Blechtafeln mit Laser sowie das Biegen wird ebenso von modernen Anlagen übernommen wie das Toxen, auch Druckfügen oder Durchsetzfügen genannt. Das ist ein Verfahren zum Verbinden von Teilen durch Druck, ohne Verwendung eines Zusatzwerkstoffes wie beim Nieten. Dafür kommt bei den Aluminiumspezialisten ein eigener Roboter zum Einsatz. Und der Maschinenpark soll weiter ausgebaut werden: Allein in diesem Jahr hat das Unternehmen 800 000 Euro in die Ausrüstung investiert.

"Gute Mitarbeiter sind aber mindestens genauso wichtig", erklärt Reiser. Deshalb bilden die Fürther ihren Nachwuchs selbst aus, zum Beispiel zu Industriekaufleuten, Maschinen- und Anlageführern oder Konstruktionsmechanikern. "Unser oberstes Ziel war es von jeher, die Kunden zufrieden zu stellen", so der Geschäftsführer. Deshalb hätten Verlässlichkeit, schnelle Lieferung und höchste Qualität eine besondere Bedeutung. "Und auch wirtschaftlich handeln wir heute immer noch nach den Grundsätzen von Herrn Gmöhling: Keine Bankkredite für den laufenden Geschäftsbetrieb und alle Lieferantenrechnungen mit Skonto bezahlen." Ebenso wichtig ist für Reiser das Firmen-Know-how: Die Erfindungen, Patente und Konstruktionen, die zum Teil seit vielen Jahren bis heute Bestand haben. "Die technische Entwicklung war schon immer eine unserer größten Stärken."

Das derzeit wohl größte Problem ist für den Geschäftsführer die aktuelle Rohstoffknappheit: "Wir müssen momentan fast betteln, dass wir überhaupt Aluminium und Stahl kriegen", sagt Reiser. "Und das bei einer Preiserhöhung um bis zu 100 Prozent im Einkauf in den letzten Monaten." Trotzdem ist sich der Geschäftsführer sicher, dass die bisher 80-jährige Geschichte noch lange fortgesetzt werden kann. Und auch dafür hat Walter Gmöhling vorgesorgt: Um den Fortbestand seines Lebenswerkes zu sichern, brachte er 2016 seine Geschäftsanteile in eine Familienstiftung ein.

Autor/in: 

(leo.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2021, Seite 80

 
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