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Verpackungsgesetz

Mehr Mehrweg

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Neue Pflichten für die Unternehmen: Betroffen sind auch viele kleine Betriebe wie Cafés, Imbisse und Eisdielen.

Seit dem 3. Juli 2021 gilt ein novelliertes Verpackungsgesetz. Mit dem neuen Gesetz überführt die Bundesregierung europäische Vorgaben aus der Einwegkunststoff-Richtlinie und der Abfall-Rahmenrichtlinie in deutsches Recht und nimmt weitere Änderungen vor. Viele Unternehmen sind von den Vorschriften betroffen, die stufenweise und mit Übergangsfristen in Kraft treten.

Registrierungspflicht erweitert

Um die Regelungen des neuen Verpackungsgesetzes wirksam durchsetzen und überwachen zu können, wurde die Registrierungspflicht bei der „Zentralen Stelle Verpackungsregister“ (www.verpackungsregister.org) erheblich erweitert. Hiervon betroffen sind nun auch die Letztvertreiber von Serviceverpackungen – also diejenigen, die Service-Verpackungen wie Coffee-to-go-Becher, Brötchentüten oder Frischhaltefolien vor Ort mit Ware befüllen und dem Kunden übergeben. Für die betroffenen Unternehmen wie beispielsweise Restaurants, Imbisse, Cafés, Bäckereien, Metzger und Eisdielen besteht ab dem 1. Juli 2022 die Pflicht zur Registrierung im Verpackungsregister. Somit können die Letztvertreiber der befüllten Service-Verpackungen nur noch die Beteiligung an einem dualen System an den Vorvertreiber delegieren, aber nicht mehr die Registrierungspflicht.

Ab dem 1. Juli 2022 müssen sich dann sämtliche Hersteller von mit Waren befüllten Verpackungen registrieren. Bislang waren lediglich Hersteller von sogenannten systembeteiligungspflichtigen Verkaufsverpackungen von dieser Pflicht betroffen. Das sind mit Waren befüllte Verpackungen, die typischerweise bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen und für die man sich einem dualen Entsorgungssystem anschließen muss. Bekannte Beispiele hierfür sind Konservendosen, Glasflaschen, Joghurtbecher und Versandkartons. Ab dem 1. Juli 2022 gilt die Registrierungspflicht dann auch für Unternehmen, die entweder Waren für gewerbliche Endverbraucher verpacken, Mehrwegverpackungen oder pfandpflichtige Einweg-Getränkeverpackungen mit Ware befüllen oder schadstoffhaltige Füllgüter in verpackter Form in Verkehr bringen. Somit sind dann auch Transportverpackungen, die zum Transport zwischen verschiedenen Handelsstufen verwendet werden (z. B. Euro-Paletten, große Holzkisten oder 200-Liter-Fass mit Motoröl), von dem Hersteller zu registrieren, der diese erstmals in befüllter Form gewerbsmäßig in Verkehr bringt.

Für Verpackungen, für die keine Teilnahme an einem dualen System notwendig ist, gibt es aber nicht nur neue Registrierungspflichten, sondern auch Pflichten, um deren Rücknahme und Verwertung nachzuweisen und zu dokumentieren. Hierzu müssen die Hersteller und die Vertreiber, die ihnen in der Lieferkette nachfolgen, die im vorangegangenen Kalenderjahr in Verkehr gebrachten, zurückgenommenen und verwerteten Verpackungen jährlich bis zum 15. Mai dokumentieren. Dabei müssen die Verpackungen nach Materialart und Masse aufgeschlüsselt werden. Um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Dokumentation bewerten zu können, sind geeignete Mechanismen zur Selbstkontrolle einzurichten. Die Nachweise müssen von den Betrieben nicht aktiv beigebracht, sondern nur vorgehalten und den zuständigen Behörden auf Nachfrage vorgelegt werden. Von der Nachweispflicht betroffen sind nur diejenigen Verpackungen, die tatsächlich an den Hersteller oder Vertreiber zurückgegeben wurden. Sofern die Entsorgung auf den Endverbraucher übertragen wurde und die Verpackung daher nicht von dem Hersteller oder Vertreiber zurückgenommen wird, besteht keine Nachweispflicht.

Darüber hinaus müssen Letztvertreiber von Verpackungen, die nicht systembeteiligungspflichtig sind, den Endverbraucher ab 3. Juli 2021 durch geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang über die Rückgabemöglichkeit und deren Sinn und Zweck informieren.

Neue Pfandpflichten für Getränke

Durch die Novelle des Verpackungsgesetzes werden die bestehenden Pfandpflichten für Getränke ausgeweitet. Damit sollen die Sammlung, Sortierung und Verwertung dieser Verpackungen erhöht werden. Ab 1. Januar 2022 gilt daher unabhängig vom Inhalt die Pflicht, für alle Getränkedosen und Einwegflaschen aus Kunststoff ein Pfand zu erheben. Bislang fällt ein Pfand von 25 Cent auf Bier-, Mineralwasser-, Erfrischungsgetränke und Mischgetränke mit Alkoholgehalt an. Künftig sind beispielsweise auch Wein, Spirituosen, Frucht- und Gemüsesäfte sowie Energydrinks betroffen. Für Milch- und Milcherzeugnisse besteht eine Übergangsfrist, hier gilt die Pfandpflicht erst ab 1. Januar 2024. Dies bedeutet de-facto eine Teilnahmepflicht am bundesdeutschen Einweg-Pfandsystem (www.dpg-pfandsystem.de). Damit verbunden ist die Kennzeichnung mit dem Getränke-Einwegpfand-Logo.

Bis zum 30. Juni 2022 greift eine Übergangsfrist für Altbestände: Kunststoff-Flaschen und Dosen, die bereits vor dem 1. Januar 2022 vom Hersteller in Verkehr gebracht werden, dürfen noch bis zum 1. Juli 2022 von jedem weiteren Vertreiber auf allen Handelsstufen bis zum Endverbraucher abgegeben werden, ohne dass ein Pfand erhoben werden muss. Als Hersteller gelten Abfüller und Importeure. Selbstverständlich greift die Übergangsfrist nur für Getränke, die neu unter die Pfandpflicht fallen.

Die Hersteller der pfandpflichtigen Getränkeverpackungen müssen sich – wie sämtliche andere Hersteller von mit Ware befüllten Verpackungen – bei der „Zentralen Stelle Verpackungsregister“ registrieren. Darüber hinaus müssen sie auch die oben beschriebenen Nachweis- und Dokumentationspflichten über die Rücknahme und Verwertung erfüllen.

Um das Recycling zu stärken, wird im novellierten Verpackungsgesetz bei bestimmten Getränkeflaschen aus Kunststoff erstmals gefordert, dass sie zu einem bestimmten Mindestanteil aus Rezyklaten bestehen. So müssen PET-Einweggetränkeflaschen ab 1. Januar 2025 zu jeweils mindestens 25 Masseprozent aus Rezyklaten bestehen. Ab 1. Januar 2030 wird dies ausgeweitet: Dann müssen sämtliche Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff zu jeweils mindestens 30 Masseprozent aus Rezyklaten bestehen. Die Erfüllung der Rezyklat-Einsatzquote ist flaschenbezogen oder auf die Gesamt-Flaschenmasse bezogen über ein Jahr verteilt möglich. Die Hersteller können hier frei entscheiden. Die Dokumentation ist der zuständigen Landesbehörde vorzulegen. Bezüglich der Berechnung und Überprüfung der Quoten erlässt die EU-Kommission bis zum 1. Januar 2022 eine Durchführungsverordnung.

Essen und Getränke zum Mitnehmen

Angebote von Essen und Getränken zum Mitnehmen führten in den letzten Jahren zu einem steigenden Anfall von Einwegverpackungen. Durch die Corona-Pandemie hat sich dieser Trend verschärft. Das novellierte Verpackungsgesetz schreibt nun erstmals vor, ab Januar 2023 Lebensmittel und Getränke im „to-go-Bereich“ auch in einer Mehrwegverpackung anzubieten, wobei die Mehrweg-Alternative nicht teurer als das gleiche Produkt in Einwegverpackungen sein darf. Verbraucher haben damit in Zukunft die Wahl zwischen Einweg- und Mehrweg-to-go-Verpackungen und können aktiv dazu beitragen, den Verbrauch von Einwegverpackungen zu reduzieren. Eine Ausnahme gilt für Betriebe mit weniger als 80 Quadratmetern Fläche und maximal fünf Mitarbeitern. Dort soll die Option bestehen, selbst mitgebrachte Behälter zu befüllen.

Verbotene Produkte und Verpackungen

Neben der Novelle des Verpackungsgesetzes sind am 3. Juli 2021 auch die Einwegkunststoff-Verbotsverordnung sowie die Einwegkunststoff-Kennzeichnungsverordnung in Kraft getreten. Seitdem sind bestimmte Einwegkunststoffprodukte verboten, für die es bereits umweltfreundliche Alternativen gibt. Das Verbot betrifft Produkte wie Wattestäbchen, Einmalbesteck und -teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff. Auch to-go-Lebensmittelbehälter sowie Getränkebecher und -behälter aus geschäumtem expandiertem Polystyrol (auch bekannt als Styro-por) dürfen nicht mehr auf den Markt kommen. Verboten sind außerdem alle Produkte aus oxo-abbaubarem Kunststoff, der sich in besonders schwer zu entsorgende Mikropartikel zersetzt, aber nicht weiter abbaut. Bestimmte andere Verkaufs- und Umverpackungen aus den Bereichen Hygiene, Tabak und Einweggetränkebecher sind zwar weiterhin erlaubt, müssen aber mit einem von der EU vorgegebenem Label (Bild und Text) gekennzeichnet werden. Zudem müssen ab dem 3. Juli 2024 Deckel und Verschlüsse aus Kunststoff mit Getränkebehältern, die ein Fassungsvermögen von bis zu drei Litern haben, fest verbunden sein.

Eine weitere Beschränkung wird durch das Verpackungsgesetz selbst geregelt: Ab Anfang 2022 dürfen Händler keine leichten Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometern mehr an ihre Kundschaft ausgeben. Ausgenommen sind besonders leichte Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 15 Mikrometern. Darunter fallen insbesondere sogenannte „Hemdchenbeutel“, die Kunden für den Transport von stückweise angebotenem Obst und Gemüse verwenden.

Darüber hinaus enthält die Novelle des Verpackungsgesetzes noch eine Reihe weiterer Regelungen: So sind Betreiber elektronischer Marktplätze verpflichtet, die vertraglich gebundenen Hersteller im Hinblick auf deren Pflichten zu überprüfen. Ausländischen Herstellern wird die Möglichkeit eingeräumt, einen Bevollmächtigten mit der Erfüllung ihrer Pflichten zu beauftragen.

Autor/in: 

Dr. Ronald Künneth ist Experte für vernetzte Produktion, Energiewirtschaft und Umweltberatung im Geschäftsbereich Innovation/Umwelt der IHK Nürnberg für Mittelfranken (Tel. 0911 1335-1297, ronald.kuenneth@nuernberg.ihk.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2021, Seite 18

 
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