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Geschichte

Wie es im Buche steht - Personal in der Arbeitswelt von einst

 

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Oliver Dürrbeck

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Historische Arbeiterbücher haben großen Wert für die wissenschaftliche Forschung. An ihnen lässt sich etwa ablesen, dass es mit der vielbeschworenen „Betriebstreue“ doch nicht so weit her war. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv BWA zeigt die ganze Bandbreite.

Er war die Nummer eins: Der 39-jährige Modellschreiner Ludwig Senftl aus Albaching bei Rosenheim trat am „15. May 1862“ als erster in die neu eröffnete Spinnerei und Weberei in Kolbermoor an der Mangfall ein. 

Briefkopf der Spinnerei und Weberei Kolbermoor, um 1880.(Foto: BWA)

Briefkopf der Spinnerei und Weberei Kolbermoor, um 1880.

Es waren Münchner „Capitalisten“ und Textilfachleute aus Augsburg, die damals die große Wasserkraft dieses Flusses industriell nutzen wollten. Schon in den ersten Jahren seines Bestehens beschäftigte das Unternehmen rund 270 Personen. Die Maschinenausstattung stammte aus dem englischen Manchester, dem Mutterland der Textilindustrie. Ludwig Senftl blieb dem Betrieb 34 Jahre verbunden, mit 73 Jahren schied er aus. In den dickleibigen Arbeiterbüchern der Spinnerei und Weberei hat sich sein Personaleintrag erhalten.

Aus dem ersten Arbeiterbuch der Spinnerei und Weberei Kolbermoor, 1862-1880.(Foto: BWA)

Aus dem ersten Arbeiterbuch der Spinnerei und Weberei Kolbermoor, 1862-1880.

Diese Folianten waren auch in anderen Industrieunternehmen üblich und listeten akribisch die wichtigsten Daten der Belegschaftsangehörigen auf. In chronologischer Reihenfolge finden sich neben dem Namen und dem Geburtstag auch Angaben zum Geburtsort und zum Beruf. In einer eigenen Spalte sind Bemerkungen zum Austritt aus dem Unternehmen notiert: Angaben zu den Kündigungs- oder Entlassungsgründen, Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sowie zur Qualität der geleisteten Arbeit. 

 

Im Bayerischen Wirtschaftsarchiv findet sich eine ganze Reihe von historischen Arbeiterbüchern. Sie haben großen Wert für die wissenschaftliche Forschung. An ihnen lässt sich etwa ablesen, dass es mit der vielbeschworenen „Betriebstreue“ doch nicht so weit her war. Sogar ältere Arbeitnehmer wechselten damals etwa drei- bis viermal häufiger den Job als heute. Gefiel der Betrieb, war es gut. Wenn nicht, dann zog man halt weiter. Dazu kam, dass auch die Berufsausbildung noch in den Kinderschuhen steckte, Arbeitnehmer konnten immer wieder angelernt werden.“

Harald Müller, Wiss. Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA

 
 
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