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Wandel zum materialwissenschaftlichen Unternehmen

Die GfE Gesellschaft für Elektrometallurgie mbH mit Sitz in Nürnberg hat im letzten Jahrzehnt einen tiefgreifenden Strukturwandel bewältigt. Das 1911 gegründete Unternehmen war bis Anfang der 90er Jahre als Hersteller von Massenlegierungen tätig. Lange Zeit war das Unternehmen der größte Produzent für Ferrovanadium, das u.a. von Stahlerzeugern benötigt wird. Als nach der Wende in Osteuropa neue Anbieter in Russland, Ukraine und China den Preis für dieses Produkt drastisch fallen ließen, wurde bei der GfE die Neuausrichtung in Angriff genommen.

„Wir haben uns vom Hersteller von Massenprodukten hin zu einem materialwissenschaftlich operierenden Unternehmen gewandelt“, so Geschäftsführer Achim Buchloh. 1997 hatte die GfE-Gruppe mit einem Umsatz von 175 Mio. DM die Talsohle überwunden, war aber immer noch weit von den früher 375 Mio. DM Produktionsumsatz am Standort Nürnberg entfernt. Im Geschäftsjahr 2001 setzte die Firmengruppe mit 278 Mitarbeitern (davon rund 200 in Nürnberg) schon 104 Mio. Euro um, wovon auf das Kerngeschäft bei der GfE Metalle und Materialien GmbH 45 Mio. Euro entfielen.

Die materialwissenschaftliche Ausrichtung der GfE-Gruppe, die zu 99,2 Prozent der US-amerikanischen Metallurg Inc. gehört, zeigt sich an der Zusammenarbeit mit 36 Hochschulen und Forschungseinrichtungen weltweit sowie an der großen Palette völlig neuer Produkte, die vor der Umstrukturierung nicht zum Sortiment gehörten. Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Roland Fleck hob diese Leistung des Unternehmens anlässlich einer Informationsveranstaltung besonders lobend hervor.

Ausgehend vom „traditionellen“ Know-how in der Vakuum- und in der Pulver-Metallurgie hat sich die GfE Metalle und Materialien GmbH an die Entwicklung von Vorlegierungen, Pulvern und Beschichtungen gemacht, die u.a. in der Luft- und Raumfahrttechnik, in Rohren der Off-Shore-Förderung und in Ventilen für Kraftfahrzeuge zum Einsatz kommen. Ein Beispiel: Formel 1-Rennställe nutzen Ventile aus Gamma-Titan-Aluminium, die höchsten Temperaturen standhalten und 2 000 Touren höher drehen können als herkömmliche. Nach Aussage von GfE-Geschäftsführer Dr. Siegfried Sattelberger eröffnet diese Technologie höhere Wirkungsgrade und große Potenziale für die Energieeinsparung bei Kraftfahrzeugen, Triebwerken und Turbinen. Vielfältig sind auch die Einsatzgebiete anderer GfE-Produkte: Innovative Filter erhöhen die Leistungsfähigkeit von Glasfasern, Beschichtungen lassen Schmutz von Autokarosserien ablaufen, Zink-Oxid-Technologie verspricht leistungsstarke Dünnschicht-Solarzellen, neue Materialien für die Flachglasindustrie helfen bei der Energieeinsparung und setzen neue architektonische Akzente.

Speicherung von Wasserstoff
Ein enormes Wachstumspotenzial verspricht sich Sattelberger von der Wasserstoff-Technologie, zu der die GfE ihre Erfahrung mit Metallhydriden beisteuern könne. Metallhydride eigenen sich zur drucklosen und damit sicheren Speicherung von Wasserstoff, der Brennstoffzellen antreibt. Vor kurzem hat GfE zusammen mit der Hydro-Quebec Capitech und mit Shell Hydrogen das Gemeinschaftsunternehmen „Hera“ gegründet, das Wasserstoffspeicher für Brennstoffzellen entwickeln und vertreiben soll. Sitz ist das kanadische Montreal; der Aufbau der Tochter Hera GmbH, die von Nürnberg aus den europäischen Markt betreut, ist im Gange.

Die im Dezember 2001 gegründete Tochter GfE Medizintechnik GmbH ist darauf spezialisiert, Kunststoffimplantate durch die Beschichtung mit Titan-Oxid verträglicher zu machen: Fremdkörperreaktionen und die Belastung des Organismus durch Weichmacher werden vermieden. Neben Gefäßprothesen gehören auch verträgliche Portsysteme (zur Dauerversorgung von Patienten mit Medizin) und Netze für Leistenbruchoperationen zu den Anwendungsfeldern.

Das Recycling von Vanadium-haltigen Reststoffen ist das Metier der Tochter GfE Umwelttechnik GmbH. Dieses Geschäft, bei dem die Chemieindustrie und die Hersteller von Katalysatoren zu den vorrangigen Kunden zählen, wird jedoch bis spätestens Ende 2003 am Standort Nürnberg aufgegeben und in das Unternehmen Metrex2 in Sachsen-Anhalt eingebracht. Die Liegenschaften am Nürnberger Standort sollen umstrukturiert werden, die Hälfte des Geländes wird freigegeben und durch eine eigens gegründete Grundstücksgesellschaft vermarktet. In direkter Nähe zur GfE sollen sich werkstoffwissenschaftlich tätige Unternehmen, medizintechnische Firmen und andere innovative Betriebe ansiedeln. bec.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2002, Seite 34

 
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