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Welches sind die Konsequenzen aus Pisa?

WiM: Deutschland schneidet bei der Pisa-Studie im internationalen Vergleich teilweise schlecht ab. Vor allem in der Gruppe der leistungsschwachen Schüler gibt es offenbar Defizite, häufig im Zusammenhang mit Sprache. Tun wir zu wenig für die Integration von bestimmten Ausländergruppen und bildungsfernen Schichten?


In der Tat, Deutschland als Ganzes schneidet im internationalen Vergleich schlecht ab. Das durchschnittliche Leistungsniveau in den Bereichen Leseverständnis, mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung liegt deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. Es trifft auch zu, dass die Gruppe der leistungsschwachen Schüler mit ca. 23 Prozent sehr groß ist und dass der größte Anteil dieser Gruppe Schüler aus sozial schwachen Milieus und Schüler aus Zuwanderfamilien sind. Der Schluss liegt nahe, dass für diese Schüler in Deutschland zu wenig getan wird. Pisa gibt keine direkt Antwort darauf, wie dem abzuhelfen ist. Die Wissenschaftler weisen aber darauf hin, dass der Ausgleich von milieubedingten Schwächen, ebenso wie die sprachliche Integration von Kindern nicht-deutscher Muttersprache sehr früh beginnen muss. Deutschland setzt zu stark auf den Sekundarstufenbereich. Die frühe Förderung im Kindergarten und in der Grundschule wird demgegenüber vernachlässigt. Dabei ist sie aus entwicklungpsychologischer Sicht die entscheidende Phase im Bildungsprozess. Auch jetzt wird mit der Diskussion um die Abiturientenquote, die entstanden ist, um das bayerische Ergebnis klein zu reden, die Aufmerksamkeit wieder in die falsche Richtung gelenkt. Soziale Gerechtigkeit wird durch Frühförderung geschaffen oder gar nicht! Auch die Entwicklung der Lernmotivation und Leistungfähigkeit der schwächer Begabten muss früh entwickelt werden. Die Antwort auf Pisa muss daher lauten: Bildungskonzept für den Kindergarten, richtige Diagnose und gezielte individuelle Förderung in der Grundschule.
Notwendig ist es auch, das kognitive Anspruchsniveau in allen Schularten anzuheben und zu Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft zu erziehen.


WiM: Im innerdeutschen Vergleich der Bundesländer steht Bayern gut da. Welches sind die wesentlichen Gründe?


Leistungsorientierung, eine hohe Unterrichtsqualität, die durch allgemein verbindliche Lehrpläne und durch zentrale Abschlussprüfungen Standards festgeschrieben und gesichert wird, sind die entscheidende Erklärung für das gute Abschneiden Bayerns im innerdeutschen Vergleich. Mit verbindlichen Lehrplänen und zentralen Abschlussprüfungen wird für ein vergleichbares Leistungsniveau an allen Schulen im Land gesorgt. Leistung gilt in Bayern nicht als unzumutbare Härte, sondern als pädagogisches Mittel, die Schüler zu einer vollen Entwicklung ihrer Potenziale herauszufordern. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Leistungsanforderung der Begabung angemessen ist. Dies wird in einem vielfältig gegliederten Schulwesen erreicht. Die Hauptschüler in Bayern erzielen im Durchschnitt das gleiche Kompetenzniveau wie z. B. alle Schüler in Nordrhein-Westfalen, Gymnasiasten inbegriffen.

Über das differenzierte berufliche Schulwesen erhalten die Hauptschüler (und viele andere Schüler nach Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums) eine Ausbildung, die die individuelle Nachfrage und den Bedarf auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich verbindet.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2002, Seite 22

 
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