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Fränkischer Verlag wagt sich an neue Shakespeare-Gesamtausgabe

Shakespeare zwischen Sekt und Selters – wie mag das zusammenpassen? Bei uns passt es, meint Norbert Treuheit, Chef des Verlages ars vivendi mit Sitz in Cadolzburg. Die Kneipenführer-Reihe „Zwischen Sekt und Selters“ ist eines der Markenzeichen des Verlages, der vor allem bekannt ist durch Reise- und Gastroführer, fränkische Literatur, Fotokunstkalender und Bildbände. Vor zwei Jahren gesellte sich ein ausgesprochen ehrgeiziges Projekt dazu: Bis zum Jahr 2009 will Verlagschef Norbert Treuheit in 39 Bänden die gesamten Werke Shakespeares in einer Übersetzung von Frank Günther neu herausgeben; neun Bände sind bereits erschienen.

Norbert Treuheit, Jahrgang 56, hat durch sein Anglistik-Studium und einen zweijährigen England-Aufenthalt schon von jeher eine starke Affinität zu englischer Literatur, und wenn er die Übersetzung von Frank Günther beschreibt, kommt er ins Schwärmen: „Sein Shakespeare sei ein ganz besonders originalgetreuer, authentischer, kongenialer... .“ Mit dieser Meinung ist er nicht allein, so lobte auch der „Spiegel“ das Projekt als „kulturelle Großtat“. Der Verlagschef, der sich selbst als unverbesserlichen Optimisten sieht, weiß aber auch, dass ihn manche ob dieses ehrgeizigen Projektes für größenwahnsinnig halten. Ein kleiner Verlag, der im Jahr rund 40 Bücher und 40 Kalender herausgibt, sechs feste Mitarbeiter – inklusive Chef – und ein Dutzend freie Verlagsvertreter hat und seinen Umsatz im einstelligen Millionen Eurobereich angibt, wagt sich an Shakespeare heran. „Wir wussten um das Risiko, um die Ignoranz, um die Polemik, die uns möglicherweise ins Haus stehen würde. Doch gerade in unserem Geschäft gibt es mehr als irgendwo sonst auch das Gegenteil: die Begeisterungsfähigkeit von Kunden, Kritikern und Kollegen“, begründet Treuheit das Wagnis.

Auch zu Beginn seiner Verlegerkarriere setzte Treuheit Buchkonzepte trotz vieler Skeptiker durch. 1988 – während er in München Buchwissenschaft studierte und als freier Lektor und Übersetzer bei Verlagen jobbte – wollte er einen kritischen Führer durch Kneipen, Cafes, Bars und Discos, wie er ihn von Nürnberg her kannte, für München herausgeben. Die großen Verlage, denen er seine Idee vortrug, winkten ab und rieten ihm, das Büchlein doch selbst herauszugeben. Daraufhin gründete er zusammen mit Friedrich Kehrer, der aber nach zwei Jahren wieder ausstieg, den Verlag „ars vivendi“. Firmensitz wurde zuerst eine Wohnung im elterlichen Haus in Cadolzburg. „Zwischen Sekt und Selters“, so der Titel des etwas anderen Kneipenführers, war ein voller Erfolg, die erste Auflage war schnell vergriffen, eine zweite folgte und so begann die Erfolgsgeschichte des kleinen Verlages, der heute sogar dem Branchentrend trotzt und von einer sehr guten Geschäftsentwicklung spricht.

Aus „Sekt und Selters“ ist inzwischen eine Serie geworden und der Leser findet bei ars vivendi Kneipenführer für etliche deutsche Städte von Berlin bis Würzburg. Und Sekt und Selters hat noch eine kulinarische Schwester bekommen: die Restaurantführerreihe „Zwischen Shrimps und Schaschlik“. Neben Gastro- und Reiseführern ist das „Fränkische“ ein weiterer Verlagsschwerpunkt. „Alle wichtigen Autoren der fränkischen Szene - von Kusz bis Stössel und von Regenauer bis Schamberger – haben wir oder sie uns gefunden“, so der Verleger, der auch stolz darauf ist, so bekannte Namen wie Rafik Schami, Eckhard Henscheid, Oscar Schneider oder Elke Heidenreich zu seinen rund 100 Autoren zählen zu dürfen und Talente wie Helmut Haberkamm oder Elmar Tannert entdeckt zu haben.

Mit dem reinen Buchgeschäft macht der ars vivendi Verlag, der seit rund zweieinhalb Jahren im Cadolzburger „Bauhof“ residiert, rund 50 Prozent seines Umsatzes. Die andere Hälfte wird mit Postkartenbüchern und originellen Dingen wie Tischsets, die mit Zitaten und Fotos passend zum Thema „Dolce vita“ oder „Tafelfreuden“ bestückt sind, sowie vor allem mit Fotokunstkalendern erzielt.

Kalender ergänzten erstmals vor zehn Jahren das Verlagsprogramm von ars vivendi. Treuheit fand damals, dass Kalender ganz gut zum Verlagsprogramm passen würden, außerdem hätte man mit etwas, was ständig an der Wand hänge, auch gleich noch eine gute Werbung für den Verlag. Der erste Kalender zeigte Szenen italienischer Kaffee-Bars, heute ist er bereits – jährlich neu aufgelegt – ein Klassiker im Verlagsprogramm. Damals beschritt Norbert Treuheit mit Schwarz-Weiß-Kalendern völliges Neuland, so etwas gab es praktisch nicht.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2002, Seite 34

 
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