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Renaissance des Stirling-Motors

Die Umgebung, in der der Nürnberger Physiker Eckhart Weber sein Unternehmen Sunmachine GmbH angesiedeln möchte, ist idyllisch: Auf dem Wolfgangshof bei Anwanden, einem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen der Familie Faber-Castell westlich von Nürnberg, arbeitet der Naturwissenschaftler an der Weiterentwicklung des Stirling-Motors. Das Grundprinzip dieser Motoren, die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen können, ist schon fast 200 Jahre alt und sehr einfach: Ein Gas, das in einen Zylinder eingeschlossen ist, dehnt sich durch Erwärmung aus und zieht sich wieder zusammen. Dadurch werden zwei Kolben im Zylinder hin und her bewegt. Schon 1816 hatte der schottische Pfarrer Robert Stirling einen nach diesem Schema betriebenen Heißgasmotor zum Patent angemeldet.

Immer wieder versuchte sich die Industrie in der Folgezeit daran, dieses Prinzip für die praktische Anwendung nutzbar zu machen. Einige Autohersteller experimentierten in den 70er Jahren damit, stellten ihre Arbeit wegen zu hoher Kosten aber wieder ein. Seit langem genutzt werden die praktisch wartungsfreien Stirling-Motoren dagegen in der Kältetechnik oder bei Wasserpumpen in der Dritten Welt, aber auch für militärische Zwecke, etwa für Antrieb und Stromversorgung von U-Booten oder in den Zielsuchköpfen von Raketen. Das Ziel von Weber ist es, die Motoren für Wärme- und Stromversorgung in Privatgebäuden und für kleine und mittlere Betriebe nutzbar zu machen. Auf dem Wolfgangshof, der mittelfristig zu einem Demozentrum für die neuen Energietechniken werden soll, stehen bereits Prototypen, die wahlweise mit Gas, Pflanzenöl oder Holzpellets befeuert werden können. Wenn die Anlagen noch etwas kleiner werden, finden sie auch in den Heizkellern von Einfamilienhäusern Platz und könnten dann mit höherem Wirkungsgrad als traditionelle Brenner für Raumwärme und zusätzlich noch für Strom sorgen.

Die auffälligste Version steht jedoch hinter dem Wolfgangshof: Ein Parabolspiegel mit vier Metern Durchmesser, der einstrahlendes Sonnenlicht bündelt und mit der dadurch erzeugten Hitze einen Stirling-Motor antreibt. Wenn die Sonnenstrahlen nicht ausreichen, schaltet sich automatisch ein Gasbrenner zu, der den Motor am Laufen hält. Etwa ein halbes Dutzend Häuser könnte dieses solare System mit Energie versorgen. Zu kaufen gibt es das System noch nicht, denn als nächste Phase will das Entwicklerteam um Eckhart Weber in einem Feldtest beweisen, dass die Stirling-Systeme mindestens 40 000 Stunden wartungsfrei laufen – eine wesentliche Voraussetzung für die Vermarktung, für die schon ein bekannter Heizungshersteller sein Interesse angemeldet hat. Einer Markstudie dieses Unternehmens zufolge könnten jeweils bis zu 2 000 mit Gas oder Holzpellets betriebene Systeme jährlich alleine in Deutschland verkauft werden, von der Variante mit dem Sonnenspiegel etwa 100. Weber selbst, der bereits 1,5 Mio. Euro in seine Entwicklungen investiert hat, sieht ein großes Potenzial für diese Technologie, zumal der flächendeckende Einsatz von Brennstoffzellen als weitere Energie-Alternative nach derzeitigem Stand noch in weiter Ferne liegen dürfte.

Unterstützung erhält Weber von den Stadtwerken Zirndorf, auch andere Energieversorger haben schon Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet. Für die bevorstehenden Feldversuche sucht Weber noch weitere Partner sowie „Paten“, die bereit sind, solche Systeme mitzufinanzieren. Vielleicht ist der Solarspiegel ja auch bald vor dem Nürnberger „Imax“ zu sehen: Denn vor dem Multiplex-Kino, das Webers Bruder Wolfram gehört, sind schon Podest und Leitungen vorgesehen, an die die Anlage nur noch angeschlossen werden muss.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2003, Seite 34

 
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