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Wie steht Mittelfranken in Bayern da?

Grundig in Insolvenz und der Club auf einem Abstiegsplatz – zwei Ereignisse, die im Scheinwerferlicht der Medien das aktuelle Gesamtbild unserer Region maßgeblich bestimmen. Andere Themen geraten dabei leicht aus dem Blickfeld. Gute Zeit al ...

Grundig in Insolvenz und der Club auf einem Abstiegsplatz – zwei Ereignisse, die im Scheinwerferlicht der Medien das aktuelle Gesamtbild unserer Region maßgeblich bestimmen. Andere Themen geraten dabei leicht aus dem Blickfeld. Gute Zeit also für eine Bestandsaufnahme aus unterschiedlicher Perspektive, solange der näherrückende Wahltermin Sachlichkeit noch zulässt. WiM fragt Karl Freller (CSU) und Peter Hufe (SPD), zwei renommierte mittelfränkische Politiker, die sich durch Kompetenz einen Namen gemacht haben, nach der Stellung unserer Region in Bayern.

Peter Hufe, Sprecher der mittelfränkischen SPD-Abgeordneten des Bayerischen Landtags und medienpolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Nürnberg/Mittelfranken ist eine Aufsteigerregion mit großen Chancen im zusammenwachsenden Europa. Sie muss zum entscheidenden wirtschaftlichen und kulturellen Impulsgeber für den nordbayerischen Raum ausgebaut werden. Ziel muss es deshalb sein, in unserer Region die Wirtschaftskraft zu stärken und neue zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen.

Durch die Gateway-Funktion zu den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bekommt die Region Nürnberg mit 2,2 Mio. Menschen zentrale europäische Bedeutung. Die Staatsregierung muss den Weg Nürnbergs zur europäischen Metropolregion wie München oder Stuttgart durch den Antrag zur Aufnahme in das Entwicklungskonzept des europäischen Raumes (Eurek) nachhaltig unterstützen. Die Region hat mit dem Willen der Metrex-Vereinigung (Metrex Metropolitan Exchange) beizutreten, einen ersten Schritt getan.

Der Katalog der Unterstützungsmöglichkeiten durch den Freistaat Bayern ist lang und keine Bettelliste, sondern entspricht der Verpflichtung, vergleichbare Rahmenbedingungen in Bayerns Regionen zu schaffen.

Eine gut ausgebaute Hochschullandschaft ist Vorraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Region. Das Abrundungskonzept der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg ist trotz Landtagsbeschluss nicht umgesetzt. Weiterhin ist der Ausbau in den Schwerpunkten Verkehrstechnik und -logistik, Energietechnologie und -effizienz, Gesundheits- und Medizintechnik voranzutreiben. Die Fachhochschule Nürnberg muss zur Modellfachhochschule für angewandte Forschung und Entwicklung ausgebaut werden. Weiterentwicklung der Fachhochschule Ansbach in den Bereichen Marketing und Tourismus, Kommunikation, Wirtschaftsingenieurwesen und umweltfreundliche Energietechnik. Ausbau der Fachhochschule Triesdorf als Zentrum für Landwirtschaft, Ernährung, Verbraucherschutz und Regionalentwicklung für ganz Nordbayern. Die Staatsregierung weigert sich, die kommunale Musikhochschule in staatliche Trägerschaft zu übernehmen, obwohl Hochschulausbildung eindeutig Staatsaufgabe ist.

Die Region Nürnberg hat ausgezeichnete Vorraussetzungen, in der Forschung einen Spitzenplatz einzunehmen. Medizintechnik in Erlangen, Materialforschung in Fürth, die Einrichtung einer Max-Planck-Arbeitsgruppe Optik, Information und Photonik sowie die Fraunhofer Institute unterstreichen diesen Anspruch.

Das S-Bahnnetz muss dringend erweitert werden. Bis jetzt nutzen über 180 Mio. Fahrgäste jährlich das Angebot des Verkehrsverbundes Nürnberg. Notwendig ist der Aufbau eines S-Bahn-Grundnetzes nach Forchheim, Ansbach, Neumarkt, Hersbruck-Hartmannshof, Neustadt/Aisch und Lauf rechts der Pegnitz.

Nach wie vor ist nicht einzusehen, warum Staatstheater nur in München existieren dürfen oder dass die Technische Chemie der Fachhochschule seit Jahren auf einen Neubau wartet.

Die Staatsregierung muss jetzt der Region Nürnberg ein besonderes Augenmerk widmen. Stimmen die Rahmenbedingungen, wie bei Flughafenbau und Messe, können wir europäische Standards erfüllen.

Gleichzeitig muss die überregionale Verkehrsinfrastruktur weiter verbessert werden. Die Schienenverbindungen werden dank Schwerpunktsetzung durch die Bundesregierung ausgebaut. Die A6 wird in Richtung Tschechien aber leider nicht zur Landesgrenze nach Baden-Württemberg ausgebaut. Hier muss nachgebessert werden.

Der Ausbau der B2 darf keinesfalls auf die nächste Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes verschoben werden. Auch hier muss die Staatsregierung konstruktiv unsere Bemühungen unterstützen, anstatt mit maßlosen Forderungen sich immer mehr wie der berühmte Elefant im Porzellanladen zu bewegen. Vielleicht will man ja auch nur von der Misere im Staatsstraßenbau ablenken. Der Bayerische Rechnungshof hat die Staatsregierung bereits mehrfach gerügt und das Sicherheitsniveau als verheerend bezeichnet.

Die Region Nürnberg-Mittelfranken muss sich als Tourismusregion mit der Kombination Ballungsraum-Naherholung entwickeln. Städtetourismus, Bädertourismus, Fränkisches Seengebiet und Naherholungsgebiet Fränkische und Hersbrucker Schweiz müssen dabei gestärkt werden. Im Tourismus gilt das Prinzip der kurzen Wege und Erreichbarkeit mit dem Nahverkehr. Schwerpunkte sind Aktivtourismus, familienfreundliche Erholung und Gesundheit.

Die fränkische Kultur muss in ihrem Stellenwert in Bayern gestärkt werden. Dazu ist an den Schulen die fränkische Geschichte zu behandeln. Kulturgüter, die für Franken einen besonderen Wert haben, sollen in Franken der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Wir unterstützen die Weiterentwicklung des Konzepts „Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände“.

Oberbürgermeister und Landräte müssen ihre gute Kooperation zum Wohle der Region weiter ausbauen. Nur wenn wir gemeinsam vorgehen, werden wir im internationalen Konzert wahrgenommen.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2003, Seite 21

 
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