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Weltweites Zentrum für die Steatit-Branche

In Lauf an der Pegnitz beschäftigten sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Unternehmen mit dem Rohstoff Speckstein, aus dem sie Steatit-Keramikprodukte herstellten. Noch heute befinden sich in Lauf vier traditionsreiche Unternehmen, die Bauteile aus Steatit sowie aus den neueren Oxid- und Nicht-Oxid-Keramiken produzieren. Die vier Keramikhersteller sind die Ceramtec AG, die Döbrich & Heckel GmbH & Co. KG, die Sembach GmbH & Co KG sowie die Saint-Gobain Advanced Ceramics Lauf GmbH, welche 1988 aus der Firma Stettner & Co hervorging.

Die Speckstein-/Steatit-Produktion geht auf den Nürnberger Johannes von Schwarz zurück, der im Jahre 1857 die Johanneszeche in Wunsiedel erwarb und dort im Tagebau den Speckstein gewann. In seiner Fabrik in Nürnberg-Ostbahnhof stellte er mit seinen Mitarbeitern aus diesem Material Gas- und Azetylen-Brenner her. Anfang 1890 produzierte das Unternehmen für die aufblühende Elektrotechnikindustrie, u.a. für die Firma Schuckert in Nürnberg (heute Siemens) elektrotechnische Isolatoren aus Steatit. Die neuen Isolatoren übertrafen hinsichtlich elektrischer Isolationsfähigkeit und mechanischer Festigkeit bei weitem die bis dato eingesetzten Isolatoren aus Porzellan.

Azetylen-Brenner und weitere Steatit-Produkte stellte um die Jahrhundertwende auch das Nürnberger Unternehmen Jean Stadelmann & Co her. Diese Firma beschäftigte seit 1902 den Porzellan-Spezialisten Oskar Sembach, der damals die Aufgabe hatte, die Steatit-Fabrikation zu verbessern. Am 4. März 1904 gründete Sembach in Lauf sein eigenes Unternehmen, die Speckstein-Steatit-Ges.m.b.H.. Die Sembach GmbH & Co. KG begeht also im Frühjahr 2004 ihr 100-jähriges Jubiläum, das der heutige Geschäftsführer und Urenkel des Firmengründers, Martin Sembach, mit seinen 350 Mitarbeitern gerne feiert. Das traditionsreiche Familienunternehmen fertigt in Lauf nach wie vor überwiegend Keramikteile aus Steatit (zu ca. 70 Prozent) sowie Bauteile aus den Materialien Cordierite, Aluminium-, Zirkonoxid und anderen Keramikwerkstoffen. Hergestellt werden pro Jahr rund 750 Mio.Teile; diese gehen an Kunden aus der Automobilindustrie, wie beispielsweise die Robert Bosch GmbH, die diese Keramikteile in ihren Lambda-Sonden für die Katalysatoranlagen verbauen. Der Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf wiederum benötigt verschleißfeste Laserdüsen aus Keramik, während dünne Keramikstäbe als Temperaturschalter für Küchenherde Verwendung finden und winzige Keramikbauteile in Herzschrittmachern der Firma Biotronik für den lebensnotwendigen Takt sorgen. Im Geschäftsjahr 2003 machte das Unternehmen mit seinen zahlreichen Keramikprodukten einen Gesamtumsatz von 17,5 Mio. Euro.

Um den steigenden Anforderungen der Märkte auch in Zukunft gerecht zu werden, investierte Martin Sembach allein seit dem Jahr 2000 rund vier Mio. Euro in neue Fertigungstechnologien und in die Ausbildung der Mitarbeiter. So wurden nicht nur Werkzeugmaschinen für den eigenen Werkzeug- und Maschinenbau angeschafft, sondern auch in eine Keramik-Spritzgießanlage investiert. Diese eignet sich zur Herstellung von Keramikbauteilen mit komplizierten Geometrien. Die bisher überwiegend eingesetzten Trockenpulverpressen produzieren zwar nach wie vor – vor allem bei hohen Stückzahlen extrem kostengünstig – vermögen aber bestimmte Geometrien nicht zu formen. Martin Sembach rechnet damit, dass in Zukunft bis zu fünf Spritzgießmaschinen ihre Arbeit im Stammhaus verrichten werden.

Doch Sembach investiert auch massiv in seine Mitarbeiter sowie in neue Arbeitskräfte: „So beschäftigen wir im Schnitt 20 Auszubildende, denn ohne das umfassende Know-how unserer Mitarbeiter könnten wir die ausgezeichnete Qualität unserer Produkte gar nicht erzielen.“

„Etwa alle 25 Jahre gibt es in der Keramikbranche einen großen Schub und dieser findet derzeit auf dem Gebiet der Dieselpartikelfilter für Pkw statt“, unterstreicht Andreas Schneider, Geschäftsführer der Saint-Gobain Advanced Ceramics Lauf GmbH die aktuelle Situation. Anfang 2002 gründete man daher am selben Standort die Saint-Gobain Dieselpartikelfilter GmbH. Bereits seit einigen Jahren beschäftigt sich der französische Saint-Gobain-Konzern und
speziell dessen Laufer Tochter mit Dieselpartikelfiltern (DPF) auf Siliziumkarbidbasis. In Courtenay produziert der französische Glashersteller und Automobilzulieferer in einem Joint Venture mit dem japanischen Unternehmen Ibiden seit Sommer 2002 DPF aus Siliziumkarbid (SiC) für den PSA-Automobilkonzern.

Nach einer Investition von mehreren Mio. Euro in eine Pilotlinie findet derzeit in Lauf eine seriennahe Prototypfertigung statt. Die eigentliche Produktion (circa eine Mio. Stück pro Jahr) wird nach Auskunft der Geschäftsleitung voraussichtlich in einem osteuropäischen Land erfolgen, eine Entscheidung sei allerdings noch nicht gefallen. Neben Rußfiltern
produziert man in Lauf mit 220 Mitarbeitern Elektrokeramikbauteile, die unter anderem in Ceran-Kochfeldern verwendet werden, Infrarot-Lochplatten sowie Katalysatorenträger und Wabenplatten. Der Umsatz betrug in 2002 rund 20 Mio. Euro.

Die Döbrich und Heckel GmbH & Co. KG wurde im Jahr 1911 gegründet und ist seitdem auf dem Markt der technischen Keramik tätig. Außer keramische Werkstücke aus Steatit, porösem Cordierit, Aluminiumoxid sowie Sonderwerkstoffen produziert das Unternehmen auch Keramik-Metall-Verbindungen in verschiedenen Varianten. Die Produkte werden in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt. So bestehen Lampenfassungen ebenso aus Keramikteilen „Made in Lauf“ wie die Gehäuse der Bimetall-Regler von Kaffeemaschinen. In einer Vielzahl von Heißluftgeräten und Wasserboilern sitzen ebenfalls Keramikbauteile dieses Herstellers und im Maschinen- und Anlagenbau sorgen verschleißfeste Keramik-Fadenführer für den „richtigen Lauf“ von kilometerlangen Fasern. Döbrich und Heckel hat im Geschäftsjahr 2002/2003 mit 135 Mitarbeitern einen Umsatz von 6,5 Mio. Euro getätigt.

Die heutige Ceramtec AG ist eine Tochtergesellschaft der Dynamit Nobel AG, Troisdorf, die wiederum zum Konzern der mg technologies AG, Frankfurt, gehört. Das Stammhaus des Keramikherstellers befindet sich im schwäbischen Plochingen. Mit weltweit über 2 400 Mitarbeitern erzielte diese Sparte im Geschäftsjahr 2001/2002 einen Umsatz von 245 Mio. Euro. Am Standort Lauf fertigen 560 Mitarbeiter beispielsweise Keramikteile für die Automobilindustrie (z.B. für Kraftstoffpumpen, den Ventiltrieb, für Abgasregelventile sowie für Sensoren), für Haushalts- und Chemiearmaturen produziert man Dicht- und Regelscheiben sowie Lichtsockel und weitere Keramikbauteile für die Elektro-, Heiz- und Wärmetechnik. In Lauf werden übrigens jährlich mehr als 50 Mio. Dicht- und Regelscheiben hergestellt, die Laufer sind damit weltweit der Marktführer auf diesem Sektor.

Robert Ruthenberg
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2004, Seite 34

 
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