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In Fernost ist Beharrlichkeit gefragt

Rechtzeitig zum Start des Asien-Pazifik-Forums Bayern am 12. Februar 2004 präsentierte das Statistische Bundesamt die deutschen Außenhandelszahlen des vergangenen Jahres. Und bei der Vorlage der neuen Rekordzahlen bei Ein- und Ausfuhr wiesen die Statistiker auch gleich auf die besondere Rolle Chinas hin, denn die Ausfuhren in das Reich der Mitte stiegen 2003 um rund ein Viertel auf 16,7 Mrd. Euro. Schon heute ist China die viertgrößte Handelsnation der Welt, Experten gehen davon aus, dass das asiatische Riesenreich mit seinen 1,3 Mrd. Einwohnern bis 2011 Deutschland, gemessen an der Wirtschaftleistung, als drittgrößte Volkswirtschaft ablösen wird.

„Mit satten neun Prozent Wachstum in 2003 gibt die Volksrepublik den Takt in Asien-Pazifik vor“, stellte IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt bei der Begrüßung der fast 500 Gäste des Asien-Pazifik-Forums Bayern fest. Und Staatsminister Dr. Otto Wiesheu forderte die Teilnehmer des Forums auf, „nicht wie ein Kaninchen auf die Schlange“ zu starren, sondern alle Chancen des wachsenden Marktes in der Asien-Pazifik-Region offensiv zu nutzen. Längst haben auch mittelfränkische Unternehmen die besondere Bedeutung des asiatischen Marktes erkannt, im Januar 2004 waren allein 142 Firmen aus Mittelfranken dauerhaft, also durch Vertretungen, Niederlassungen, Produktionsstätten oder Joint Ventures, in China (inkl. Hongkong) vertreten, dazu 117 in Japan, 107 in Australien, 99 in Singapur, 93 in Taiwan, 89 in Südkorea, 84 in Indien, 69 in Thailand, 66 in Indonesien, 63 in Malaysia, 62 in Neuseeland und 54 auf den Philippinen. Die Zahl der wirtschaftlichen Kontakte in den asiatisch-pazifischen Wirtschaftsraum liegt weitaus höher, allein die Anzahl der Kontakte nach China stieg in den vergangenen Jahren um rund 80 Prozent auf 359.

„Der Wirtschaftsmotor Asien-Pazifik brummt“, so IHK-Präsident Schmidt, die Region entwickle sich immer mehr zum Zugpferd der gesamten Weltwirtschaft. Vom überdurchschnittlichen Wachstum Chinas profitierten auch alle Nachbarn, doch Goldgräberstimmung sei fehl am Platz. So formulierte er als Aufgabe des Asien-Pazifik-Forums auch, „auf die Euphorie-Bremse zu treten“, denn gute Vorbereitung auf den Markteintritt in dieser Region sei unabdingbar. So nutzten die Teilnehmer des Forums - deutschlandweit eine der größten Veranstaltungen dieser Art - den Tag insbesondere auch zum Austausch von Erfahrungen in der inzwischen weltweit umkämpften Wirtschaftsregion. „Leichtes Geld wird in China nicht mehr verdient“, betonte beispielsweise Dr. Jürgen Heraeus, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Heraeus Holding aus Hanau und gleichzeitig Vorsitzender des Arbeitskreises China im Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft.

Da die chinesische Wirtschaft unter Dampf steht und jedes Jahr kräftig wächst, suchen dort immer mehr Unternehmen ihre Chancen, die ihnen zu Hause fehlen. Trotz aller Bemühungen der seit März 2003 amtierenden Zentralregierung unter Premierminister Wen Jiabao müssen Handelspartner und Investoren aus dem Ausland allerdings weiterhin mit Schwierigkeiten im chinesischen Markt rechnen. Aktuellen Umfragen zufolge beschweren sich noch immer 60 Prozent der befragten Unternehmen über die schwerfällige Bürokratie oder über die zahlreichen Genehmigungen und Nachweise, die bei der Eröffnung von Filialen, der Einstellung von Personal oder der Anmietung von Büroräumen verlangt werden. Als weitere Schwierigkeiten nennen die in China aktiven deutschen Unternehmer das unzureichende Rechtssystem, die nach Standorten variierenden Zollbestimmungen und die Korruption.

Deutsche Unternehmer, die in China tätig werden wollen, dürften bei der angestrebten Kooperation zwischen Einheimischen und den westlichen „Langnasen“ nicht ungeduldig werden, so übereinstimmend Jens Möhrle, Asien-Experte von Staedtler Mars, und Dr. Thomas Stockmeier, Geschäftsführer der Nürnberger Semikron Elektronik GmbH, die seit 1997 in der Volksrepublik aktiv ist. „Geschäftsbeziehungen sind immer persönliche Beziehungen“, stellte Stockmeier mit Nachdruck fest. „Beharrlichkeit ist gefragt“. Seine Erfahrungen stellte er unter das Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“. Nach Einschätzung von Heraeus sind mindestens drei Jahre Vorlauf erforderlich, um auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen.

Zum Glück genießen die Deutschen bei den Chinesen noch immer einen ausgezeichneten Ruf – Unternehmen und Unternehmer gelten im Reich der Mitte als fleißig, pünktlich und technologisch gut. Auch bei den chinesischen Arbeitnehmern sind die deutschen Unternehmen als Arbeitgeber äußerst beliebt.

Asien ist nicht mehr nur Werkbank
Längst geht es heute nicht mehr darum, Arbeitsplätze aus Deutschland in asiatisch-spezifische Länder zu verlagern, um Personalkosten zu sparen. „Dass Asien von deutschen Unternehmen als verlängerte Werkbank betrachtet wird, das war einmal“, erklärte Staatsminister Wiesheu. Um den asiatisch-pazifischen Markt als Absatzmarkt zu erschließen, seien allerdings nicht nur Zeit und Geld, sondern auch erhebliche Managementkapazitäten erforderlich.

Förderprojekte für die Wirtschaft
Für kleinere und mittlere Betriebe bleibt der Markt im fernen Osten deshalb auch weiterhin unerreichbar. Um deutschen Unternehmen Kontakte nicht nur nach China, sondern auch in die anderen boomenden Länder der Region, zum Beispiel nach Vietnam, Indien, Thailand oder Malaysia zu ermöglichen, haben die Verantwortlichen aus Politik und Verbänden eine ganze Palette von Aktivitäten für das Jahr 2004 entwickelt. Dazu gehören nach Angaben von IHK-Präsident Schmidt Technologiebörsen für Medizin und Umwelt in Indien, Thailand und Taiwan, Messeprojekte (gemeinsam mit „Bayern International“) in Hochiminh City, Shenzhen und Kunming, die Entwicklung eines bayerischen Förderprogramms mit Blick auf Olympia 2008 in Peking und die Weltausstellung 2010 in Shanghai mit dem Titel „Energie- und Umweltoffensive Bayern-China“ sowie eine IHK-Unternehmensreise zur „Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft“ in Bangkok mit anschließender Kooperationsbörse in Shenzhen.

Horst Peter Wickel
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2004, Seite 28

 
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