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Finanzierung von Aufträgen in Entwicklungsländern

Die Weltbank und andere multilaterale Institutionen helfen Entwicklungs- und Schwellenländern mit beträchtlichen finanziellen Mitteln. Die Gelder fließen in Infrastruktur, Gesundheits-, Bildungs- und Umweltprojekte. Auch bayerische Firmen können indirekt von der Entwicklungshilfe profitieren – und lukrative Aufträge an Land ziehen. Man muss nur wissen, wie man vorgeht.

Kaum ein Infrastrukturprojekt, ob Kraftwerk, Wasserspeicher oder Kliniken in Entwicklungs- und Schwellenländern geht ohne Kredite von multilateralen Banken wie der Weltbank über die Bühne. Auch kleinere Projekte von der Kläranlage in Südosteuropa über den Aufbau eines Krankenversicherungssystems in Russland bis zur Politikberatung in Nigeria werden oft mit Geldern finanziert, die die Weltbank und andere internationale Institutionen ausschütten. Alle Projekte haben eines gemeinsam: Sie bescheren oft auch Unternehmen aus der entwickelten Welt interessante und vor allem sichere Aufträge. Etliche Großkonzerne wissen diese Möglichkeiten geschickt zu nutzen – nicht aber die meisten mittelständischen Unternehmen in Deutschland. Viele scheuen den vermeintlich mühsamen Weg durch die Institutionen, viele glauben, derartige Aufträge seien für sie zumindest eine Nummer zu groß.

Bayerisches Verbindungsbüro in Washington
Das soll anders werden. Ein ganzes Netzwerk ist entwickelt worden, um bayerischen Mittelständlern den Sprung zu solchen internationalen Projekten zu erleichtern. Dazu gehören verschiedene Bausteine. Eine wesentliche Rolle spielt ein vor zweieinhalb Jahren in Washington gegründetes Verbindungsbüro speziell für die bayerische Wirtschaft, das Kontakte zu den in den USA ansässigen multilateralen Institutionen unterhält – von der Weltbank-Gruppe über die Entwicklungsbanken (IABD) bis zu den verschiedenen Organisationen der Vereinten Nationen (UN). Leiter dieses Büros, das vom Bayerischen Wirtschaftsministerium und von der IHK für München und Oberbayern getragen wird, ist Peter Salminger, der zuvor den Siemens-Konzern bei den multilateralen Institutionen in Amerika vertreten hatte. Gewissermaßen ein „Back Office“, ein Büro im Hintergrund, ist in der IHK München eingerichtet worden, um die Informations-, Kontakt- und Kooperationsberatung für die hiesigen Unternehmen über die bayerischen IHKs möglichst schnell und unkompliziert abwickeln zu können. Andrea Bernert ist in der Außenwirtschaftsabteilung der Münchner IHK für dieses Büro zuständig. „Wir sehen uns genau an, was eine Firma macht, und prüfen, ob es für sie ein passendes Projekt gibt“, sagt Andrea Bernert.

Ausschreibungs-Service der IHK
Wie kommen mittelständische Unternehmen an Informationen über aktuelle Ausschreibungen? Erleichtert wird ihnen die Arbeit durch das Auftragsberatungszentrum (www.abz-bayern.de) bei der IHK München für Oberbayern, das einen speziellen Ausschreibungs-Service aufgebaut hat. Dort werden regelmäßig Datenbanken mit Ausschreibungen der Weltbank und anderer – internationaler und europäischer – Institutionen durchsucht. Wer in ganz bestimmten Zweigen kontinuierlich über die neuesten Ausschreibungen informiert werden will, kann diesen Service bestellen – für 400 Euro im Jahr und einen Euro pro Ausschreibung, auf die er hingewiesen wird. Rund 250 Unternehmen aus ganz Bayern nutzen diesen Service bereits.

Matthias Köhler, stellvertretender Vorsitzender des vor anderthalb Jahren gegründeten Vereins „Global Partners Bayern“, glaubt, dass die Unternehmen in anderen Ländern offensiver an den Ausschreibungen teilnehmen. „Global Partners Bayern“ wurde gegründet, um Firmen aus verschiedenen Branchen und Disziplinen zusammenzubringen. Ingenieure und IT-Dienstleister sind ebenso vertreten wie Maschinenbauer und Industrieunternehmen. Erklärtes Ziel ist, dass „Global Partners“ zusammen weltweit anbieten und Aufträge gewinnen, aber auch gemeinsam Projekte entwickeln und Finanzierungen organisieren.

Bei Geschäften mit multilateralen Institutionen geht es um beträchtliche Beträge. Die Weltbank und die regionalen Entwicklungsbanken finanzieren jährlich Projektvolumina von bis zu 50 Mrd. Dollar, mit denen sie Investitionen von jährlich bis zu 200 Mrd. Dollar ermöglichen. „Bayern ist das erste Bundesland, das diese enormen Geschäftsmöglichkeiten für seine Wirtschaft erkannt hat und gezielt fördert“, sagt Salminger. Auf den Freistaat entfällt nach seinen Angaben die Hälfte der an Deutschland gehenden Aufträge aus solchen Projekten. Besonders aktiv ist dabei – mit rund drei Vierteln der Orders nach Bayern – der Siemens-Konzern, der über langjährige Erfahrungen auf dem internationalen Parkett verfügt und genau weiß, wie er diese Möglichkeiten nutzen kann.

Auch wenn Großprojekte – Energie, Wasser, Infrastruktur, Krankenhäuser – im Vordergrund stehen und generell international erfahrene Investoren gefragt sind, bestehen inzwischen auch für Mittelständler gute Chancen, nicht zuletzt durch die Repräsentanz der Bayern vor Ort. In erster Linie wird dabei an größere Mittelständler gedacht. Doch auch kleinere Unternehmen können zum Zuge kommen. Denn bei größeren Projekten werden kleine „Pakete“ gebildet mit Auftragsvolumina von 50 000 oder 100 000 Euro. Um solche einzelne Unteraufträge können sich durchaus kleinere Unternehmen bewerben. Kleine und mittlere Unternehmen können auch als Zulieferer beteiligt werden, wenn Großunternehmen Aufträge erhalten.

Finanzielle und sonstige Hilfen durch Institutionen wie die Weltbank sollten laut Dr. Reinhard Dörfler, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern, nur als ein Baustein des Finanzierungskonzeptes betrachtet werden, nicht als alleiniges Zugpferd. Es gilt also, zunächst zentrale Entscheidungen zu treffen: Auf welchem Weg soll die Region erreicht werden? Können dort Partner gefunden werden, ist das Geschäft vielleicht eher über Vertreter abzuwickeln?

Auftraggeber bei von der Weltbank geförderten Projekten ist meist nicht die Weltbank selbst, sondern derjenige, der einen Weltbank-Kredit erhält – also zum Beispiel die Regierung eines Landes. Die Auftraggeber müssen aber die Vergaberegeln der Weltbank beachten. Für interessierte Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich sowohl an der Weltbank als auch am jeweiligen Auftraggeber orientieren und die entsprechenden Kontakte pflegen sollten. Die Bildung von Konsortien wird als Weg gesehen, auch kleine und mittlere Unternehmen einzubinden. Auf verschiedenen Ebenen wird an solchen Gruppen gearbeitet. Firmenkonsortien zusammenzubringen, die sich dann mit „Systemlösungen“ um Projekte bewerben können, ist das Ziel einer Gemeinschaftsinitiative der Fraunhofer-Gesellschaft und des Bayerischen Wirtschaftsministeriums. Durch die Initiative mit dem Titel „Erschließung der Weltbank für Unternehmenskonsortien“ sollen die Projekte sozusagen in kleinere Stücke aufgeteilt und „mundgerecht“ für Mittelständler aufbereitet werden. Dabei haben sich bestimmte Schwerpunkte herausgebildet, für die bei Fraunhofer jeweils Arbeitsgruppen gebildet worden sind – von Wasser, Abwasser und Abfall über Energie bis zu Transport, Logistik und Verkehr.

Dass ein Unterfangen trotz guter Vorbereitung scheitert, ist nicht auszuschließen. „Je weiter ein Land entfernt ist, um so eher muss auch mit Problemen gerechnet werden“, sagt Salminger. Aber dennoch dürfen sich Auftragnehmer gerade bei solchen Projekten, hinter denen die Weltbank steht, besonders sicher fühlen. In aller Regel klappt es mit der Finanzierung – selbst dann, wenn das betreffende Land ansonsten Zahlungsschwierigkeiten hat. Die Ausfallrisiken bei solchen Projekten gelten als ausgesprochen gering.

Bayerischer Treuhandfonds für Machbarkeitsstudien
Die Bayerische Staatsregierung hat einen Treuhandfonds beim privatwirtschaftlich orientierten Teil der Weltbank, der International Finance Corporation (IFC), errichtet. Dieser Fonds („Consultant Trust Fund“), der aus der High Tech-Offensive mit 2,5 Mio. Euro ausgestattet worden ist, wird für Beratungsaufträge der IFC eingesetzt, die zu mindestens 75 Prozent an bayerische Beratungs- und Ingenieurgesellschaften vergeben werden. Mit diesen Mitteln sollen Machbarkeitsstudien teilfinanziert werden, die die IFC oder ihre Kunden in Auftrag geben. Das ist für Unternehmen eine Möglichkeit, die Kosten im Vorfeld von Projekten zu begrenzen, denn auf diesem Weg können ohne hohe eigene Vorkosten Projektchancen überprüft werden. Gerade vorab zu leistende Zahlungen für Machbarkeitsstudien halten erfahrungsgemäß viele Firmen von vornherein davon ab, den Schritt in entfernte Länder zu wagen.

Deutsches Weltbank-Forum in München
Am Mittwoch, 12. Mai 2004 findet in München das „Deutsche Weltbank-Forum“ statt. Unter den rund 300 erwarteten Teilnehmern ist auch Weltbank-Präsident James D. Wolfensohn. Im Vordergrund stehen Investitionen für Südosteuropa, insbesondere konkrete Projekte, an denen sich bayerische Unternehmen beteiligen können.

Andrea Bernert/Lorenz Goslich

IHK München, Angelika Höß, Andrea Bernert, Tel. 089 5116-171 bzw. -475, hoess@abz-bayern.de, bernert@muenchen.ihk.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2004, Seite 8

 
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