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„Ausbildungsprobleme beginnen in der Schule“

Herr Minister, wenn Sie auf das Ausbildungsjahr 2004 zurückblicken – haben alle am Pakt Beteiligten Wort gehalten?
Ja. Alle haben großen Einsatz gezeigt und Wort gehalten. Dadurch haben wir ein beachtliches Ergebnis erzielt: Über 54 000 neue Ausbildungsplätze konnten mobilisiert werden, und auch das neue Instrument der betrieblichen Einstiegsqualifizierung entwickelte sich positiv. Mit über 29 000 gemeldeten Angeboten wurde die Zusage des Paktes auch hier sogar übertroffen. Die Nachvermittlungsaktionen verliefen erfolgreicher als je in den vergangenen fünf Jahren. Alle Jugendlichen, die jetzt noch keinen Ausbildungsplatz haben, kann ich nur auffordern, die für sie zur Verfügung stehenden Ausbildungsmöglichkeiten zu nutzen. Sie müssen sich nur umgehend bei den örtlichen Kammern oder Arbeitsagenturen melden. Für Jeden und Jede gibt es eine Qualifizierungsmöglichkeit.

Trotzdem reißt die Kritik aus Reihen der Gewerkschaften und der SPD-Linken nicht ab. Kommt die Abgabe am Ende doch noch?
Nein. Die kritischen Stimmen sind ja auch leiser geworden. Wir haben durch die gemeinsamen Anstrengungen – und das ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand – mehr geschafft als jede gesetzliche Regelung hätte erreichen können. Allen jungen Menschen, die zurzeit noch keinen Ausbildungsplatz haben, können wir ein Angebot machen. Das ist es, was zählt.

Was könnte 2005 noch besser laufen?
Ich erwarte, dass wir durch einen sehr viel früheren Start der gemeinsamen Anstrengungen in diesem Jahr einen Vorteil gegenüber 2004 haben werden. Außerdem wird die anziehende Konjunktur vielen Betrieben eine Steigerung ihres Ausbildungsangebotes erleichtern.

Ein Schwerpunkt in diesem Jahr wird und muss die Verbesserung der Ausbildungsreife der Lehrstellenbewerber sein. Es zeigt sich immer deutlicher, dass viele Probleme der Berufsausbildung in unseren Schulen beginnen. Da müssen wir gemeinsam mit Eltern, Lehrern und Schulpolitikern in den Ländern beginnen. Hier müssen wir ansetzen. Es macht ja wenig Sinn, dass wir mit den Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit – übrigens auch mit viel Geld – viele Schulabgänger nachqualifizieren, damit sie überhaupt die Ausbildungsreife erhalten. Diese Bemühungen müssen in den Schulen beginnen, und das müssen wir gemeinsam schaffen.

Wie erklären Sie Unternehmen, dass sich Ausbildung lohnt?
Die duale Berufsausbildung ist nach wie vor das beste Modell zur Integration junger Menschen ins Berufsleben. Davon profitiert vor allem die Wirtschaft: Ausbildende Betriebe sparen Kosten für die Rekrutierung und Einarbeitung von Fachpersonal, das Fehlbesetzungsrisiko ist minimal.

Wir sind gerade dabei, Ausbilden wieder weniger kompliziert und zugleich attraktiver zu machen: Zum Beispiel haben wir vermehrt zweijährige Berufe geschaffen, um die Ausbildungschancen eher handwerklich begabter Jugendlicher zu erhöhen. Wir werden künftig auch anspruchsvolle zweijährige Berufsbilder und generell mehr Dienstleistungsberufe anbieten. Außerdem haben wir die Ausbildereignungsverordnung außer Kraft gesetzt und damit das Ausbilden erleichtert und alle neuen Ausbildungsordnungen handhabbarer und damit mittelstandsfreundlicher gestaltet.

Unter den Migranten ist die Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss erschreckend hoch, und die Aussichten auf eine Ausbildung sind damit besonders schlecht. Wie kann das Problem gelöst werden?
Das ist eine sehr vielschichtige Frage. Sie geht letztlich um unsere Fähigkeit zur Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Es kommt darauf an, das gesamte soziale Umfeld dieser Jugendlichen kulturell wie vor allem sprachlich so gut wie möglich einzugliedern. Das ist ebenfalls ein außerordentliches und schwieriges Schulthema. Außerdem müssen wir mehr Unternehmen mit Migrationshintergrund bewegen, ebenfalls in unsere duale Berufsausbildung einzusteigen.

2004 sind erstmals fünf zweijährige Berufe geschaffen worden. Können die Betriebe in diesem Jahr mit weiteren schlanken Berufen rechnen?
Ja, das können sie. In diesem Jahr wird es deshalb wieder fünf neu geordnete zweijährige Berufe geben. Das sind der Änderungsschneider, die Produktionsfachkraft Chemie, der Polster- und Dekorationsnäher, der Servicefahrer sowie die Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen. Weitere werden folgen. So passen wir das Angebot systematisch an die Herausforderungen unserer Zeit an.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2005, Seite 10

 
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