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Arbeitsplatz-Architektur

Verbesserte Leistung

Wer bei der Raumgestaltung mit althergebrachten Gewohnheiten bricht, sorgt für bessere Kommunikation und höhere Effizienz im Büro. Von Hans Hartmann-Thoma

Schreibtisch samt Bürostuhl, Container, Sideboard und Aktenschrank sind alles, was Planer und Büroeinrichter im Regelfall einsetzen, um Arbeitsplätze auszustatten. Im Großraumbüro, oder moderner formuliert im OpenSpace, kommt noch die meist unattraktiv stoffbezogene Stellwand hinzu. Im Ergebnis sehen die neuen Büros meist nicht besser aus, als die alten. Überbordende Tische, belagert mit Akten, Briefschalen, Bürotechnik und einer verbleibenden Nettoarbeitsfläche von ca. 80 mal 40 Zentimetern, manchmal nur 40 mal 60 Zentimetern, denn gerade mal so groß ist die voll gekritzelte Schreibunterlage.

Hauptproblem Schreibtisch
Über zwei Drittel der Schreibtischflächen werden nicht zum Arbeiten, sondern als Ablagefläche benutzt. Ausreichend für die meisten Bürotätigkeiten ist eine Hauptarbeitsfläche für die laufenden Vorgänge, die fast immer über Telefonate veranlasst werden.

Das Belagern der Tischflächen kostet teure (Miet-)flächen und lässt Menschen den Überblick verlieren, was noch viel teurer kommt. "Aus den Augen – aus dem Sinn" gilt ganz besonders für Bürotätigkeiten und wird, wenn überhaupt nur durch aufwändige Steuerungsmechanismen kompensiert.

Der idealtypische Schreibtisch benötigt keine Winkel- und Ansatzplatten. Selbst Tischansätze für Besprechungen sind im Gruppenbüro und bei offenen Arbeitswelten zu hinterfragen. Hierfür sind nahegelegene Treffpunkte (in der Fachsprache Meeting Points) weit besser, da sie die Kommunikation und Interaktion von Arbeitszonen entfernen und für die notwendige akustische und optische Ruhe sorgen (Quiet Zones).

Dieser moderne Schreibtisch ist ein alter Bekannter: 1,60 mal 80 Zentimeter! PC, Drucker und Verkabelung sind manchmal ausziehbar unter der Tischplatte aufgehoben. Ein an der hinteren Tischkante montiertes Organisationsbord ohne akustische Aufgaben lässt die dritte Ebene nutzbar werden. Stifteschale, Kaffeetassenhalter, vielleicht Briefkörbe und Blumenvase finden dort ihren Platz – aber eben nicht auf der Tisch- und Arbeitsfläche. Dieser Schreibtisch-Klassiker reduziert den Grundflächenbedarf enorm, ist in allen Aufstellsituationen kompatibel, ist wirtschaftlich und eine echte Work-Station!

Sind Bürocontainer notwendig? Klare Antwort: Nein! Der Autor hat schon manche Wette gewonnen bei der Frage, was sich in der zweiten oder dritten Containerschublade im hinteren Bereich findet. Nicht selten sind es schon 2004 abgelaufene Teebeutel, Pizzabestelllisten von 2003 und ähnliche Schätze. Benötigt werden ein bis zwei Schübe, die Büroutensilien aufnehmen, nicht mehr und nicht weniger. Ein weiterer Aspekt, der gegen den Nutzen von Schreibtisch-Containern spricht, ist neben den relativ hohen Anschaffungskosten der Flächenverlust. Dort, wo ein Container steht, kann wegen fehlenden Fußraums nicht gearbeitet werden.

Ein um 90 Grad versetzt aufgestelltes Orga-Highboard integriert die notwendigen zwei Utensilienschübe ebenso wie den Raum für die notwendigen Handakten, die sogenannte Nahablage. Weiter ist in diesem Kastenmöbel ein privates Fach untergebracht, das Fahrradhelm, Wechselschuhe und die Einkaufstüte aufnehmen soll. Im Ergebnis stehen weder Aktenordner noch Colaflaschen am und um den Arbeitsplatz am Boden herum. Die Putzfrau wird es danken, die Raumpflegerechnung wird sich reduzieren. Hauptbestandteile des Highboards sind jedoch eine 31/12-Ablage und ein variables Kleinfach, die zusammen Pultordner, Briefschalen usw. ersetzen. Dieses Funktionsmöbel grenzt zudem die Ablenkungsreflexe durch Bewegung im seitlichen Blickfeld auf ein gutes Maß ein, ohne allerdings die zu Recht kritisierten Büroboxen entstehen zu lassen.

Offene Schränke zwingen zu mehr Professionalität
Aktenschränke mit Querrolladen, Schiebe- oder Flügeltüren sind erheblich teurer als offene Regalschränke und benötigen wegen vorzuhaltender Möbelfunktionsflächen doppelt soviel Grundflächen, die gemietet und unterhalten werden müssen. Offene Aktenregale zwingen zu einer strukturierten und damit viel effizienteren Ablagestruktur samt sauberer Beschriftung, die wiederum die Suchzeiten signifikant mindert. Erfahrungsgemäß sind Mitarbeiter fast immer dankbar, wenn ihnen in Themen-Workshops professionelle Modelle und Hilfestellungen zur Eigenorganisation und zu zielorientierten Ablagesystemen vermittelt werden. Die mit solchen Maßnahmen erzielbaren Leistungssteigerungen überraschen regelmäßig selbst erfahrene Personalfachleute.

Im gerade neu bezogenen Electrolux-Haus, der neuen Deutschlandzentrale der Electrolux-Gruppe an der Fürther Straße in Nürnberg, wurden solch neue Büroorganisationsformen intensiv abgewogen, geprüft und realisiert. Das Ergebnis spricht für sich. Kilian Keller, Real Estate Manager bei Electrolux in Brüssel und Leiter des Electrolux-Haus-Projektes in Nürnberg, meint hierzu: "Großraum an sich ist für die dichten und komplexen Prozesse einer modernen und leistungsfähigen Vertriebs- und Dienstleistungsorganisation unerlässlich. Großraum muss jedoch auch für den Einzelnen gut funktionieren. Das Arbeitsplatzkonzept mit Orga-Highboard wurde für uns der Kernbaustein einer kompletten Überarbeitung unserer Pläne." Der Kostendruck in der Hausgerätebranche sei sehr hoch, aber hochwertige Produkte und Dienstleistungen könnten nur von motivierten und hilfreich ausgestatteten Mitarbeitern gewährleistet werden. Ergonomie und Effizienz hatten deshalb bei der Planung einen höheren Stellenwert als die absoluten Kosten, wobei beim Arbeitsplatzmobiliar die intelligenteste Lösung zugleich die preisgünstigste war. Insgesamt bewegen sich die Mehrkosten für gesteigerte Ergonomie bei intelligenter Planung eines Bürohauses im Bereich weniger Prozentpunkte, so Keller.

Wichtige Ergonomiefaktoren wie Tageslichtführung, Licht, Klimatisierung und Schalloptimierung wurden bei dem Electrolux-Projekt aus dem Basismodul Einzelarbeitsplatz abgeleitet. Das Orga-Highboard erfüllt dabei nicht nur die praktische Funktion für den Arbeitsablauf. Es leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur Raumaufteilung und zur Balance von offenem Raumeindruck und individuellem Schutz. Gleichzeitig werden subjektive Stör- und Stressfaktoren im Großraum minimiert. Innerhalb von Wochen nach dem Einzug hätten sich positive Auswirkungen bei der hausinternen Zusammenarbeit und bei der Zufriedenheit der Mitarbeiter bemerkbar gemacht.

Erfreuliche Folge: Weniger E-Mails
Ein derart verändertes Arbeitsplatz-Layout hat neben der bedeutenden Steigerung von Leistung und Effektivität einen weiteren, außerordentlich positiven Aspekt. Der interne E-Mail-Verkehr sinkt in solchen Arbeitsgruppen um 30 Prozent. Das spart erheblich Zeit.

Gemessen an den Einsparoptionen anderer Verbesserungen üblicher Büroorganisation sind die Wirksamkeiten und das sehr niedrige Invest bei einer optimierten Arbeitsplatz-Architektur die mit weitem Abstand attraktivsten.

Externer Kontakt: Hans Hartmann-Thoma, Geschäftsführender Gesellschafter Hartmann-Thoma plan werk GmbH, Nürnberg (www.hartmann-planwerk.de, www.mehrwert-arbeitsplatz.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2008, Seite 34

 
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