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Fernsehtechnik

Kommunizierende Kanäle

Die passive TV-Berieselung auf der heimischen Couch gehört der Vergangenheit an ? das Fernsehen der Zukunft ist interaktiv. Damit werden auch neue Werbeformen möglich. Von Jan Möllendorf

Wie sich die klassische Fernsehnutzung in den kommenden Jahren verändern wird, konnten die Besucher der 49. IFA Anfang September in Berlin hautnah erleben. Lange Zeit waren internetfähige Fernseher bloß eine Vision. Im Vorfeld der IFA haben die Hersteller Panasonic, Philips, Samsung und Sony nun aber Geräte auf den Markt gebracht, die über einen Netzwerkanschluss oder drahtlos via WLAN Daten aus dem World Wide Web abrufen können. Die Hersteller arbeiten dabei mit Partnern zusammen, die ihre Web-Inhalte für die Darstellung und Nutzung am TV-Gerät optimiert haben. Der Zuschauer ist damit in der Lage, sich im Online-Modus des TV-Geräts per Fernbedienung umfassende Informationen zu verschiedenen Themen auf die Mattscheibe zu holen – von der Wettervorhersage über aktuelle Börsenkurse bis hin zu Nachrichten aus aller Welt.

Doch das ist erst der Anfang: Künftig wird es mit interaktivem Fernsehen möglich sein, auch während des laufenden Fernsehprogramms direkt auf passende Informations- und Kommunikationsangebote zuzugreifen. Das Institut für Rundfunktechnik (IRT) der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hat bereits mit Geräteherstellern, Rundfunkanbietern und Netzbetreibern entsprechende technische Lösungen entwickelt. Der Zuschauer könnte so beispielsweise Zusatzinformationen zu aktuellen Sendungen abrufen oder per Fernbedienung vom Sofa aus aktiv bei einer Quiz-Sendung mitraten.

Das interaktive Fernsehen bietet aber nicht nur den Nutzern einen erweiterten Spielraum, sondern bereitet zugleich werbetreibenden Unternehmen ein attraktives Umfeld, um mit ihren Zielgruppen auf direktem Weg zu kommunizieren. Denn durch das interaktive Fernsehen werden Inhalte adressierbar und rückkanalfähig. Vor diesem Hintergrund erfüllt Fernsehwerbung künftig neue Aufgabenfelder. Zum einen werden interaktive Spots mit direkten Response-Elementen wie Ratespielen oder Bestellmöglichkeiten kostenloser Warenproben zu einer Kundenannäherung beitragen. Zum anderen wird es durch interaktives Fernsehen möglich sein, mit personalisierten Leistungsangeboten, die die individuellen Interessen des jeweiligen Konsumenten berücksichtigen, neue Kunden zu gewinnen. Beispielsweise könnte ein Anbieter von Sportwetten einem Zuschauer, der sich häufig Fußball-Live-Übertragungen im Fernsehen anschaut, ein Wettkonto mit einem Bonus für eine Fußball-Wette schmackhaft machen. Schließlich sind Elemente des interaktiven Fernsehens auch bei der Kundenpflege einsetzbar. So können bei jeder Kommunikation via TV künftig direkte Feedback-Optionen eingebaut werden, die wichtige Anhaltspunkte für das Beschwerdemanagement des Unternehmens liefern. Zudem besteht die Möglichkeit, Kunden exklusive Mehrwerte anzubieten und über die Erfassung des Fernsehverhaltens wertvolle Daten für die Marktforschung bereitzustellen.

Registrierung der Nutzer
Die direkte, persönliche Ansprache mit individuellen Leistungsangeboten erfordert allerdings eine Speicherung des Mediennutzungs- und Kommunikationsverhaltens der Zuschauer. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wird hierfür ein Login- beziehungsweise Registrierungs-Prozess notwendig sein. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Bereitstellung von Mehrwerten. Sind diese für den Kunden attraktiv, ist auch die Bereitschaft zur Registrierung vorhanden. Das belegen erste Studien zum Thema interaktives Fernsehen.

Das interaktive Fernsehen wird die Nutzungsgewohnheiten und Vermarktungsstrategien grundlegend verändern. Fernsehsender, Netzwerk-Provider, Werbetreibende und Agenturen stehen vor der Herausforderung, in die Umrüstung und Verbreitung zu investieren und die Komplexität der Prozesse zu bewältigen. Sind die Rahmenbedingungen abgesteckt und gelingt es, überzeugende Kampagnen-Konzepte zu entwickeln, wird das interaktive Fernsehen künftig eine bedeutende Rolle in der Medien- und Marketing-Landschaft spielen.

Externer Kontakt: Jan Möllendorf ist Geschäftsführer der defacto kreativ GmbH in Erlangen (jan.moellendorf@defacto.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2009, Seite 52

 
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