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Organisation von Messeauftritten

Vorher und nachher

Wie bereitet man sich systematisch auf eine Messe vor? Und wie geht man danach mit den gewonnenen Kontakten und Daten um?

Der größte Teil der Aussteller reizt das Potenzial einer Messe nicht aus“, diagnostiziert Gerd Bise, Geschäftsführer der Bise Fair Consulting und ehemaliger Chef der Nürnberger Spielwarenmesse Toy Fair. Der Kampf der Aussteller untereinander um die Aufmerksamkeit der Facheinkäufer, deren Verweildauer auf eineinhalb Tage geschrumpft ist, werde immer härter. Dabei haben Messen auch im Internet-Zeitalter eine „erhebliche Marktrelevanz“, man dürfe einen Messekontakt „nicht dem Zufall überlassen“. Für Bise ist eine solide Vorbereitung und Nachbereitung eines Messe-Engagements entscheidend: „Da ist nichts gottgegeben, das kann man alles trainieren.“

In eine ähnliche Kerbe schlägt der Auma, der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Vereinssprecher Harald Kötter beobachtet, dass ein „erheblicher Teil sehr systematisch“ an eine Messebeteiligung geht, aber „ein kleiner Teil hat deutlich Nachholbedarf“. Wer die Kosten einer Messe nicht scheut, darf am Stand nicht nur „Stammkunden betreuen und Visitenkarten einsammeln“. Der Auma hat mit den beiden praxisnahen Broschüren „Erfolgreiche Messebeteiligung – Grundlagen“ und „Erfolgreiche Messebeteiligung – Spezial Auslandsmessen“ die wichtigsten Maßnahmen vor und nach einer Messe zusammengefasst. Sie können kostenfrei auf der Homepage des Auma heruntergeladen werden. Es geht u.a. um die Messen im Marketing-Mix eines Unternehmens, die Zielfindung vor einer Beteiligung über Auswahl, Budget und Organisation bis zu Standbetrieb und Nachbearbeitung.

Das Wichtigste sind für Kötter die richtigen Ziele. In der Praxis werde eine Messeteilnahme oft aus dem Bauch heraus entschieden, weil man davon gehört hat oder ein Wettbewerber auch dort vertreten ist. Daher müsse ein Unternehmen zunächst seine potenziellen Kunden identifizieren und dann die Messen nach der Zielgruppe bewerten. „Das kann in Südamerika, in Südeuropa oder in Süddeutschland sein“, betont der Auma-Sprecher. Und auch Berater Bise weiß, wie schwer die Zielfindung ist: „Manche setzen sich weltfremde Ziele, andere sind bei der Planung viel zu bescheiden.“ Eine belastbare Erfolgskontrolle nach der Messe funktioniere aber nur, wenn realistische und konkrete Ziele überprüft werden können. Dabei sei es egal, ob man die Ziele in „Verkauf in Tonnen oder 100 Kontakte zu Japanern“ misst.

So geht etwa Siemens als Weltkonzern auch zu ausgewählt kleinen Hausmessen, Logistiker-Tagen oder kommunalen Tagungen, wenn die Zielgruppe passt. Im Vorfeld beispielsweise der Computermesse CeBIT lädt Siemens allein in der nordbayerischen Region 5 500 potenzielle Interessenten schriftlich ein. Die Datev organisiert zudem für ihre Genossenschaftsmitglieder die Anreise mit Bus oder Bahn und sorgt so zugleich für eine stärkere Standauslastung an den schwächeren ersten und letzten Messetagen. Der Altdorfer Haushaltswaren- und Kaffeeautomatenspezialist „La Dolce Vita“ verkauft verbilligte Eintrittskarten zur Verbrauchermesse Consumenta, spricht Kunden direkt an und intensiviert die Werbung.

Neuheiten richtig präsentieren
Messekunden interessieren sich nach wie vor nur für Neuheiten. Daher müssen sie zentral präsentiert und inszeniert werden. Außerdem sollte das Standpersonal in der Lage sein, die Innovation zu erklären und gleichzeitig kommunikationsstark auf Besucher zuzugehen. Da auf den Fachmessen zudem fast die Hälfte der Besucher aus dem Ausland kommt, ist sicheres Englisch ebenfalls eine Mindestanforderung, hebt Bise hervor. Außerdem sollte man einem Stammkunden, „der am Messestand den Geschäftsführer drei Stunden mit Urlaubsgeschichten blockiert“, entsprechend begegnen können. Kötter rät frühzeitig zu Mitarbeiterschulungen. „Messe ist kein Incentive“, die Standtruppe müsse für ihre Aufgaben qualifiziert sein. Den Stand selbst kann man beispielsweise bei der NürnbergMesse online mit einem Standkonfigurator entwerfen. Grundmodelle in allen Preiskategorien können so individualisiert werden, dass letztlich kein Stand dem anderen gleicht.

Damit man nicht nach der Messe in einer Vielzahl von Visitenkarten den Überblick verliert, muss jeder Kontakt mit einem Ergebnis – wie etwa „weitere Infos“, „Preisverhandlungen“ oder „persönlicher Besuch“ erfasst werden. Der Anbieter von Gehäuse- und Schaltschranktechnik, Rittal, der auf der Nürnberger Fachmesse SPS/IPC/ Drives 2009 rund 5 000 Kontakte an drei Messetagen verbuchte, begann schon auf der Messe mit der Nachbereitung: Interessenten erhielten schon ein paar Stunden nach dem Standbesuch eine persönliche Dankes-E-Mail. Der kurzfristige Versand gewünschter Broschüren und Informationsunterlagen ist bei Rittal ebenso Standard wie der unverzügliche Anstoß dringender vertrieblicher Aktionen.

Für die messeerfahrene Datev beginnt die CeBIT etwa drei Monate früher und endet sechs Monate nach Messeschluss. Dann sind auch die angebahnten Geschäfte unter Dach und Fach. Dann steht die konsequente Auswertung an, welche Ziele aus der Planung tatsächlich erreicht worden sind und welche Änderungen für die nächste Messe berücksichtigt werden müssen. Die Unternehmen, die all dies nicht systematisch machen, mahnt Bise eindringlich: „Es ist erstaunlich, wie viel Geld man freiwillig wegwirft.“

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2010, Seite 28

 
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