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Genossenschaftsbanken

"Basel III" gefährdet Mittelstandskredite

„Ohne Kredite keine Investitionen, ohne Investitionen keine Innovationen, ohne Innovationen keine Wettbewerbsfähigkeit am Markt.“ Für den Präsidenten des Genossenschaftsverbands Bayern, Prof. Dr. h.c. Stephan Götzl, ist klar, dass eine funktionierende und zuverlässige Versorgung mit Bankkrediten das Wachstumsfundament der mittelständischen Wirtschaft ist. Diese sieht er jedoch durch die europäischen Basel III-Vorschriften, die ab 2013 strengere Eigenkapitalregelungen vorschreiben, in großer Gefahr.

Für Groß- und Investmentbanken, die die Finanzkrise mit verursacht hätten, sei ein deutlich größerer Risikopuffer als bisher durchaus notwendig – nicht aber bei den regional tätigen Kreditinstituten. Durch die Steigerung der vorgeschriebenen Eigenkapitalquote von sechs auf 9,75 Prozent müsse das für Kredite bereitzuhaltende Eigenkapital um bis zu 63 Prozent steigen, was zwangsläufig zu einer Kreditklemme gerade im Mittelstand führen würde. Für solche Unternehmen – traditionell Kunden der Genossenschaftsbanken und Sparkassen – wäre es dann weit schwieriger, an eine Bankenfinanzierung zu kommen. Und: Die neuen Regeln gefährden nach Worten Götzls die Wirtschafts- und Bankenstruktur in Deutschland: „Diese droht zum Kollateralschaden der EU-Regulierung zu werden.“

Der Verbandschef attackierte in einem Pressegespräch zusammen mit dem mittelfränkischen Verbandspräsidenten Manfred Geyer aus Ansbach heftig die Rolle der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die am Deutschen Bundestag vorbei ermächtigt werde, über Verordnungen weitreichende Regelungen für alle Kreditinstitute in der EU zu erlassen: „Die EBA, eine Behörde mit gerade mal 50 Mitarbeitern, würde so legislative Befugnisse erhalten, obwohl sie ein Organ der Exekutive ist. Es ist dabei kaum zu erwarten, dass sie dabei besondere Rücksicht auf die Belange der Regionalbanken nimmt. Die Konsequenz daraus: An eine kleine bayerische Volks- oder Raiffeisenbank werden die gleichen Anforderungen gestellt wie an eine internationale Großbank.“ Auch nach Worten Geyers „schlägt die Regulierungswut Kapriolen“. Deshalb will man jetzt verstärkt die Politik über die Hintergründe und Folgen informieren.

Trotz der aufziehenden Risiken schlagen sich die mittelfränkischen Volks- und Raiffeisenbanken „beachtlich“: So stieg die Gesamtbilanzsumme der 28 Kreditgenossenschaften im Regierungsbezirk in den ersten drei Quartalen des Jahres 2011 um 1,1 Prozent auf elf Mrd. Euro. Auch bei den Kundengeldern gab es einen Zuwachs von 0,4 Prozent. Die Ausleihungen stiegen um 3,8 Prozent, an Firmenkunden sogar um 4,9 Prozent. Noch gebe es also keine Kreditverknappung, dennoch warnten die Verbandspräsidenten vor dem „Damoklesschwert Basel III“.

Um das Genossenschaftswesen weltweit zu stärken, haben die Vereinten Nationen das Jahr 2012 zum „Internationalen Jahr der Genossenschaften“ ausgerufen. Sie würdigen damit die wirtschaftliche und soziale Bedeutung der genossenschaftlichen Organisationsform.

Autor/in: 
ug.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2012, Seite 46

 
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