Telefon: +49 911 1335-1335

Finanzierungs-Instrumente

Besser ausschöpfen

Es gibt eine große Bandbreite von Formen der Unternehmensfinanzierung. Betriebe, die sie ignorieren, verzichten auf Gestaltungsspielräume und Marktchancen. Von Simone Kirbach

Zwei Entwicklungen haben das Finanzierungsverhalten von Kreditinstituten und Unternehmen nachhaltig verändert: Im Jahr 2007 traten die Regelungen von Basel II in Kraft. Sie halten die Banken dazu an, Risiken bei der Kreditvergabe stärker zu gewichten und ein höheres Eigenkapital vorzuhalten. Damit werden für die Kreditinstitute risikoarme Finanzierungen „preiswerter“ und damit attraktiver.

Im Jahr 2008 führte schließlich die weltweite Finanzmarktkrise zu einer Verschärfung der Situation und zu einer teilweise angespannten Lage bei der Kreditversorgung. All dies erschwerte den kleinen und mittleren Unternehmen tendenziell die Beschaffung finanzieller Mittel, wie auch Untersuchungen u.a. der KfW Bankengruppe und der EU-Kommission unterstreichen. Um einen Finanzierungsengpass auszugleichen, hat eine Vielzahl von Unternehmen in den letzten Jahren bereits Lehren gezogen, indem sie ihr Liquiditäts-Management und ihre Eigenkapitalbasis gestärkt und sich damit besser gegen Krisen gewappnet haben.

Im Jahr 2018 soll nun Basell III in Kraft treten – mit weiter verschärften Eigenkapitalregeln für die Banken. Die Regeln definieren u.a. die Risikokriterien umfassender und sehen vor, dass das mit Risiko behaftete Kapital noch stärker mit Eigenkapital hinterlegt werden muss. Die Banken werden dadurch gezwungen sein, bei der Vergabe von Krediten noch strengere Kriterien anzulegen. Diskutiert wird derzeit, ob Gründer und Mittelständler dadurch schlechter an Kredite kommen bzw. ob sich für sie die Kreditkosten erhöhen. Klar ist auf jeden Fall: Das Thema Finanzierung wird für jeden Unternehmer – gleich welcher Größe – zu einem strategischen Faktor.

Deshalb gilt es, über den reinen Bankkredit hinauszudenken und die ganze Bandbreite der Finanzierungsalternativen bzw. -substitute in den Blick zu nehmen. Das gilt gleichermaßen für die Aufnahme von Fremdkapital wie für die Stärkung des Eigenkapitals. Bei der Erarbeitung einer Finanzierungslösung, die individuell auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten ist, müssen folgende grundlegenden Kriterien beachtet werden:

  • flexible Gestaltung der betrieblichen Finanzkraft
  • Offenhalten von Handlungsmöglichkeiten
  • Umsatzsicherung und -förderung
  • Absicherung von Risiken
  • Kapitalkosten
  • Flexibilität bei der Inanspruchnahme von Krediten sowie
  • Sicherung der unternehmerischen Kontrolle

Unterschätzt wird von vielen Unternehmen zudem, dass die Anforderungen an eine transparente Finanzkommunikation deutlich zugenommen haben. Die Unternehmensstrategie und das geplante Vorhaben müssen genau und schlüssig erläutert werden, um die Kapitalgeber zu überzeugen und eine geeignete Finanzierung zu erhalten. An einer sorgfältigen Vorbereitung des Bankgesprächs und an professionell aufbereiteten Unterlagen führt kein Weg vorbei, wobei im Vorfeld die Risikobetrachtung eine zunehmende Rolle spielen wird.

Richtiger Finanzierungs-Mix

Keine leichte Aufgabe ist es vor allem, sich einen Überblick über die große Bandbreite der Finanzierungsmöglichkeiten zu verschaffen und den optimalen „Mix“ aus den verschiedenen Formen zu wählen. Zur Auswahl stehen neben zahlreichen Fremdfinanzierungsinstrumenten beispielsweise auch Mezzanine-Finanzierungen, die Hybrid-Modelle aus Eigen- und Fremdkapital darstellen (z.B. Genussscheine, Wandelanleihen, Vorzugsaktien), oder auch vielfältige Finanzierungsprogramme auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene (z.B. von Förderbanken wie LfA, KfW, EIB und EBRD) sowie von Weltbank und IFC usw. Außerdem gibt es zahlreiche Absicherungsinstrumente von staatlichen und privaten Kreditversicherern, die z.B. mit Finanzierungen kombiniert, zum sicheren Erfolg führen können.

Hinzu kommen Finanzierungsmöglichkeiten, die das Unternehmen potenziellen Kunden als Mehrwert anbietet: Wer nicht nur ein Produkt verkauft, sondern als begleitende Dienstleistung eine zinsgünstigere Finanzierung mit anbietet, verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil. Das gilt vor allem für das Auslandsgeschäft, wenn Finanzierungen im Land des Kunden teurer und schwerer erhältlich sind als in Deutschland.

Denn eine zusätzlich angebotene Finanzierung stärkt die Kundenbindung und wird von den Geschäftspartnern oft auch eingefordert. Auch asiatische Wettbewerber haben dies erkannt und erschließen sich auf diese Weise Marktanteile. Untersuchungen der Euler Hermes AG, die die staatlichen Exportkreditgarantien abwickelt, lassen darauf schließen, dass der exportstarke deutsche Mittelstand hier Chancen vergibt und die angebotenen Instrumente (u.a. zum Schutz von Forderungsausfällen) noch nicht ausreichend nutzt. Unsicherheit besteht im Auslandsgeschäft oft auch darüber, wann ein Akkreditiv zur Absicherung ausreicht und welche Restrisiken dieses Sicherungsinstrument beinhaltet.

Keine Finanzierung von der Stange

Die Zahl der Finanzierungsformen und Förderkredite ist für den Mittelstand fast unüberschaubar, zumal stets neue, noch weiter ausdifferenzierte Finanzprodukte hinzukommen. Der Bedarf an Beratung steigt deshalb bei den Unternehmen an, eine „Standard-Unternehmensfinanzierung“ von der Stange ist heute nicht mehr ausreichend und es bedarf einer Finanzierungsstrategie, bei der die Chancen und Risiken der einzelnen Finanzprodukte genau abgewogen und für die jeweiligen Vorhaben maßgeschneidert angewandt werden.

Einige Großunternehmen, aber auch Wettbewerber in Asien haben dies erkannt und Abteilungen mit Spezialisten eingerichtet, die sich als „Finanzingenieure“ sowohl um die firmeneigene Finanzierung kümmern als auch um Kundenfinanzierung als Absatzförderinstrument. Für Mittelständler, die sich keine eigenen Stäbe hierfür leisten können, sind neben den Banken auch externe Experten wichtige Ansprechpartner.

Die Auswahl geeigneter Berater ist jedoch keineswegs einfach, weil der Begriff des Finanzberaters oder Kreditmediators nicht geschützt ist. Auch die Suche in Beraterbörsen bietet nicht unbedingt die Garantie für eine wirklich qualifizierte Beraterleistung. Anhaltspunkte für die Eignung können dezidierte Berufserfahrung auf den jeweiligen Fachgebieten sowie überprüfbare Referenzen sein.

Autor/in: Simone Kirbach, ist Inhaberin der ProExBe - Projekt- & Existenzgründungsberatung in Nürnberg (info@proexbe.com, www.proexbe.com).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2014, Seite 42

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick