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Diehl

Mit Airbus und Boeing im Steigflug

Auftragsrekorde bei den Flugzeugherstellern beflügeln Diehl Aerosystems. Gleichzeitig schrumpft die Rüstungssparte.

Mit der Bezeichnung „Rüstungskonzern“ für sein Unternehmen konnte sich Dr. Thomas Diehl noch nie so recht anfreunden. Betrachtet man die Umsatzentwicklung innerhalb des Nürnberger Konzerns über die letzten Jahre, so wird die Diehl Gruppe den Titel vielleicht nach und nach von selbst los: Im Geschäftsjahr 2013 erzielte die Rüstungssparte des Technologiekonzerns nur noch rund ein Fünftel (533 Mio. Euro) des Gesamtumsatzes von 2,9 Mrd. Euro (plus 2,6 Prozent zum Vorjahr).

Ebenfalls rückläufig war die Umsatzentwicklung der Sparten Controls (330 Mio. Euro) und Metall (864 Mio. Euro). Gut lief das Geschäft mit Messgeräten: Die Sparte Metering verbuchte ein Umsatzwachstum auf 295 Mio. Euro. Der „Star“ unter den fünf Geschäftsbereichen sei derzeit Aerosystems, der als Zulieferer für Airbus und Boeing tätig ist und 869 Mio. Euro umsetzte (plus 14 Prozent).

Das gute Geschäft mit den Flugzeugherstellern wirkte sich auch auf die Zahl an Beschäftigten aus: 151 neue Mitarbeiter stellte Diehl ein, einen Großteil für die Fertigung von Aerosystems. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen
14 520 Mitarbeiter, davon 3 400 in Nürnberg, Ansbach und Röthenbach. Von der Sparte Defence abgesehen sind die Investitionen in allen Geschäftsbereichen angestiegen, wodurch das Investitionsvolumen von Diehl auf einen Fünf-Jahres-Höchststand von 87,1 Mio. Euro kletterte. Ebenso gestiegen sind die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, für die 307,9 Mio. Euro (Vorjahr 295,7 Mio. Euro) ausgegeben wurden, was über zehn Prozent des Umsatzes bedeutet.

Chance: unbemanntes Fliegen

Trotz sinkender Militärausgaben in den westlichen Staaten und den Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel, künftig weniger Militärexporte zuzulassen, will Diehl an der Rüstungssparte festhalten. Während die Konkurrenz in diesem Bereich schon über Verlagerungen ins europäische Ausland nachdenkt, baut Thomas Diehl auf die eigene „Beharrungsfähigkeit“. Seine Überzeugung von der „Wehrtechnik in Deutschland“ entspringt auch der Befürchtung, bei wichtigen technischen Entwicklungen ins Hintertreffen zu geraten.

Bestes Beispiel sei die Drohnen-Debatte der Bundesregierung. Ein Nein aus Berlin werde die Entwicklung hin zum unbemannten Fliegen –  militärisch oder zivil – nicht aufhalten. Mit den passenden Sensoren für eine mögliche europäische Drohne stehe Diehl schon in den Startlöchern. Sollte das Projekt trotz der vorsichtigen Zustimmung von Verteidigungsministerin von der Leyen nicht zustande kommen, werde man die Technik der zivilen Luftfahrt anbieten können.

Diehls Zuversicht beruht auf Erfahrung, aber auch auf dem Wissen, das Unternehmen auf völlig unterschiedliche Standbeine aufgestellt zu haben. Nach Rekordbestellungen bei Airbus und Boeing hat sich die Sparte Aerosystems zum Unternehmens-Primus entwickelt, der Umsatzrückgange in anderen Bereichen ausgleicht. Diehl ist maßgeblich an den Airbus-Serienprogrammen und den Boeing-Typen 777 und 787 („Dreamliner“) beteiligt. Auch für den lange als Ladenhüter verschrienen Airbus A380 ist der Auftragsbestand mit 50 Nachbestellungen auf aktuell 300 Flugzeuge angestiegen – Arbeit für fast ein Jahrzehnt, so Diehl. Um mit den hohen Produktionsraten der beiden Hersteller in Toulouse und Seattle mithalten zu können, wurden die Kapazitäten der Diehl Aircabin Hungary Kft. im ungarischen Nyírbátor ausgebaut, von wo aus die Muttergesellschaft Diehl Aircabin GmbH in Laupheim sowie Diehl Comfort Modules und Diehl Service Modules in Hamburg beliefert werden. Eine positive Trendwende sei auch im Geschäft mit Bauteilen für militärische Fluggeräte wie dem Eurofighter, oder den Hubschraubern Tiger und NH90 zu vermelden.

Interesse an Speziallegierungen

Das starke Luftfahrt-Geschäft verdrängte erstmals die Sparte Metall auf den unternehmensinternen zweiten Platz, deren Umsatz um 35 Mio. Euro zurückging. Dies sei ausschließlich auf den gesunkenen Metallpreis zurückzuführen, so Diehl. Besonderes Interesse hätten Kunden an neuen Legierungen gezeigt, wie den bleifreien Ausführungen, die im Trinkwasserbereich zum Einsatz kommen. Der Teilkonzern Controls blieb ebenfalls hinter den Umsatzzahlen vom Vorjahr zurück. Weil die Auftragsfertigung von Wechselrichtern für Photovoltaikanlagen weiter rückläufig war, wurde auch der Vertriebs- und Entwicklungsbereich abgegeben. Gewachsen ist dagegen das Geschäft mit Haushaltsgeräten, für die Diehl elektronische Steuerungen produziert.

Viel versprechend seien die noch jungen Geschäftsaktivitäten zum Thema Smart Home. Zur Verbesserung von Energieströmen in Haushalten will Diehl Systeme zur elektrischen und thermischen Wärmespeicherung anbieten. Vom wachsenden Interesse, den Energie- und Wasserverbrauch immer genauer zu messen, profitiert der Teilkonzern Metering mit einer zweistelligen Wachstumsrate. Positive Marketing-Effekte erhofft sich die Sparte von der einheitlichen Umfirmierung aller zugehörigen Unternehmen in Diehl Metering GmbH bis zum Jahresende, darunter auch die Hydrometer GmbH in Ansbach, wo 500 Mitarbeiter u.a. Ultraschall-Wasserzähler entwickeln und produzieren.

Mitten im Aufholprozess

Im laufenden Geschäftsjahr erwartet Diehl einen Umsatz von rund drei Mrd. Euro. Die noch nicht voll ausgestandene Finanzkrise sowie Unwägbarkeiten in Sachen Konjunktur und im Wehrtechnikgeschäft, seien Gründe zur Vorsicht, mahnt Diehl. Ziel müsse es sein, bei der Rentabilität besser zu werden, gerade im Vergleich zu anderen Unternehmen. Einen Wechsel im Vorstand gab es zum 1. Juni:  Dr. Klaus Meier wurde zum Vorsitzenden berufen. Er folgt Claus Mänz-Siebje, der in den Beirat gewechselt ist. Für 2014 visiere man ein Ergebnis nach Steuern von fünf Prozent des Umsatzes an. Dies wäre eine „gute Basis zum Vorwärtsentwickeln“, so Diehl.

Autor/in: 
mh.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2014, Seite 72

 
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